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Kirchengericht:Kirchengericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:10.11.2005
Aktenzeichen:1 KG 22/2005
Rechtsgrundlage:MVG-EKD:
§ 2
§ 34 Abs. 1
§ 42 lit. a)
§ 46
§ 60 Abs. 1
§ 60 Abs. 5
SGB II:
§ 16 Abs. 3
SGB III:
§ 261 Abs. 2
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:
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Leitsatz:


Die Mitarbeitervertretung hat ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht bei der Einstellung (Beschäftigung) von Ein-Euro-Kräften gem. § 42 lit. a) MVG-EKD.
Das Kirchengericht schließt sich insoweit der einschlägigen Rechtsprechung des BVerwG zum inhaltsgleichen Begriff der Einstellung im Personalvertretungsrecht (u. a. Beschlüsse vom 15.03.1994 – 6 P 24.92 - ZfPR 1994, 112 <113 f.>; 06.09.1995 – 6 P 9.93 - PersV 1996, 258 <262>; 27.08.1997 – 6 P 7.95 - ZfPR 1998, 82 83>; 18.06.2002 – 6 P 12.01 – ZfPR 2002, 323 <325>) und des BAG zum inhaltsgleichen Begriff im Betriebsverfassungsrecht (u. a. Beschlüsse vom 15.04.1986 – 1 ABR 44/84 –EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 50; 03.07.1990 – 1 ABR 36/89 – EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 90; 05.03.1991 – 1 ABR 39/90 – AP BetrVG § 99 Nr. 90; 18.10.1994 – 1 ABR 9/94 – AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 5; 22.04.1997 – 1 ABR 74/96 – AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 18; 19.06.2001 – 1 ABR 25/00 – AP a.a.O. Nr. 35 = ZMV 2002, 303 <304>; 12.11.2002 – 1 ABR 60/01 – AP a.a.O. Nr. 43) an.
Danach bedarf es nicht des Abschlusses eines Arbeitsvertrages zwischen der sog. Ein-Euro-Kraft (§ 16 Abs. 3 SGB II) und der jeweiligen Dienststelle. Entscheidend ist vielmehr, dass die Ein-Euro-Jobber in den Dienstbetrieb in gleicher Weise wie die dortigen Arbeitnehmer eingegliedert und dem Weisungsrecht des Dienststellenleiters unterliegen würden. Hiervon ist im Regelfall auszugehen.
Die Mitarbeitervertretung kann bei der Einstellung von Ein-Euro-Kräften gem. § 16 Abs. 3 SGB II die erforderliche Zustimmung gem. § 41 Abs. 1 MVG-EKD u. a. nur verweigern, wenn die Maßnahme gegen ein Gesetz verstößt (Buchstabe a). Hierbei kommt in erster Linie ein Verstoß gegen die Vorgaben des § 16 Abs. 3 SGB II in Betracht.
Nach § 16 Abs. 3 SGB II müssen Arbeitsgelegenheiten („Zusatzjobs“) folgende Voraussetzungen erfüllen: Sie müssen im öffentlichen Interesse liegen, zusätzlich, wettbewerbsneutral sowie arbeitsmarktpolitisch zweckmäßig sein. Im Hinblick auf den Schutzzweck der Mitbestimmung bei der Einstellung von Ein-Euro-Kräften wird besonders das Merkmal der Zusätzlichkeit relevant, da dessen Verfehlung Bestand und Zuschnitt der Arbeitsplätze der Beschäftigten der Dienststelle gefährden kann.
Nach § 261 Abs. 2 SGB III handelt es sich um zusätzliche Arbeit, wenn sie ohne die Förderung nicht, nicht in diesem Umfang oder erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt würde. Diese Regelung will verhindern, dass Zusatzjobs „normale“ Arbeitsplätze verdrängen. Deshalb ist sie von ihrem Charakter her zumindest auch eine Schutzvorschrift zugunsten der in der Dienststelle beschäftigten Mitarbeiter im Sinne von § 2 MVG-EKD.
Die Ausweisung von Arbeitsgelegenheiten im Sinne von § 16 Abs. 3 SGB II in einer Dienststelle, also die der späteren personellen Maßnahme vorangehende organisatorische Entscheidung über Bereitstellung und Benennung geeigneter Einsatzbereiche einschließlich der dort anfallenden Arbeiten, unterfällt weder der eingeschränkten Mitbestimmung nach § 42 MVG-EKD noch der Mitberatung nach § 46 MVG-EKD.
Die Dienststellenleitung ist aber nach § 34 Abs. 1 MVG-EKD verpflichtet, die Mitarbeitervertretung rechtzeitig und umfassend über die beabsichtigte Schaffung von Arbeitsgelegenheiten zu unterrichten. Auf diese Weise erhält die Mitarbeitervertretung Gelegenheit, gegebenenfalls frühzeitig Bedenken hinsichtlich der gesetzlichen Voraussetzungen nach § 16 Abs. 3 SGB II zu äußern.

Tenor:

Es wird festgestellt, dass der Mitarbeitervertretung des Kirchenkreises K bei der Einstellung von sog. Ein-Euro-Kräften (§ 16 Abs. 3 SGB II) in einer Dienststelle i.S.v. § 3 MVG-EKD ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht gem. § 42 lt. a) MVG-EKD zusteht.

Gründe:


I.

Zwischen den Beteiligten bestehen Meinungsverschiedenheiten darüber, ob der Mitarbeitervertretung im Zusammenhang mit der Einstellung (Beschäftigung) von sog. Ein-Euro-Kräften (§ 16 Abs. 3 SGB II) ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht gem. § 42 lit. a) MVG-EKD zusteht.
Die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde G unterrichtete die Mitarbeitervertretung des Kirchenkreises K Ende Januar 2005 davon, dass der Kirchenvorstand am 25.01.2005 beschlossen habe, zwei Arbeitsuchende im Rahmen der gemeinnützigen Arbeit nach § 16 Abs. 3 SGB II zu beschäftigen: eine im Bürobereich, die andere im hauswirtschaftlichen Bereich. In der Folgezeit verlangte die Mitarbeitervertretung K nähere Aufklärung über die Ausgestaltung der vorgesehenen Arbeitsplätze (Arbeitsgelegenheiten) im Hinblick auf die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 16 Abs. 3 SGB II. Aufgrund der von der Kirchengemeinde G gegebenen Auskünfte äußerte die Mitarbeitervertretung erhebliche Zweifel daran, dass es sich um im öffentlichen Interesse liegende zusätzliche Arbeiten handle.
Im weiteren Verlauf der Gespräche informierte die Kirchengemeinde G die Mitarbeitervertretung davon, dass die Kirchengemeinde G noch eine weitere Arbeitsgelegenheit im Sinne von § 16 Abs. 3 SGB II für einen Gärtner geschaffen habe, der mittlerweile auch beschäftigt werde.
Die Mitarbeitervertretung vertrat gegenüber der Kirchengemeinde G darüber hinaus die Auffassung, dass die Einstellung von Ein-Euro-Kräften der Mitbestimmung gem. § 42 lit. a) MVG-EKD unterliege. Die Kirchengemeinde G verneinte unter Hinweis auf eine entsprechende Auskunft des für Personalangelegenheiten zuständigen B I-Ausschusses des Kirchenkreisvorstandes K ein derartiges Mitbestimmungsrecht.
Mit Antragsschrift vom 10.05.2005 stellte die Mitarbeitervertretung des Kirchenkreises K sinngemäß den Antrag, dass das Kirchengericht feststellen möge, dass der Mitarbeitervertretung bei der Einstellung von Ein-Euro-Kräften ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht gem. § 42 lit. a) MVG-EKD zusteht.
Zur Begründung wurde auf die bisher in dieser Angelegenheit geführte Korrespondenz mit der Kirchengemeinde G verwiesen.
Die Kirchengemeinde G verneint unter Hinweis auf die Auffassung des B I-Ausschusses des Kirchenkreisvorstandes K ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht der Mitarbeitervertretung.

II.

1. Die Mitarbeitervertretung hat ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 60 Abs. 1 MVG-EKD an der Klärung der zwischen den Beteiligten strittigen Rechtsfrage, ob ihr im Falle der Einstellung (Beschäftigung) von Ein-Euro-Kräften ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht nach § 42 lit. a) MVG-EKD zusteht.
2. Die Mitarbeitervertretung hat mit ihrem Antrag auch in der Sache Erfolg.
Die Beschäftigung von Ein-Euro-Kräften in einer Dienststelle im Sinne von § 3 MVG-EKD ist als Einstellung im Sinne von § 42 lit. a) MVG-EKD zu werten.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zur insoweit inhaltsgleichen Bestimmung des § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG oder inhaltsgleichen Bestimmungen nach landesrechtlichen Personalvertretungsgesetzen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 15.03.1994 – 6 P 24.92 - Zeitschrift für Personalvertretungsrecht <ZfPR> 1994, 112 <113 f.> „Einstellung einer ABM-Kraft“; 06.09.1995 - 6 P 9.93 - Die Personalvertretung <PersV> 1996, 258 <262> „Aufnahme eines bei einer Drittfirma angestellten Arbeitnehmers in eine Dienststelle zur Arbeitsleistung“; 27.08.1997 - 6 P 7.95 - ZfPR 1998, 82 83> „Tätigkeit einer DRK-Krankenschwester auf der Grundlage eines Gestellungsvertrages zwischen Krankenhausträger und Schwesternschaft“; 18.06.2002 - 6 P 12.01 - ZfPR 2002, 323 <325> „Einstellung von DRK-Pflegekräften im Universitätsklinikum“) ist für die Annahme einer Einstellung Folgendes entscheidend:
Im Mittelpunkt stehe die Eingliederung des Einzustellenden in die Dienststelle, und zwar in der Form der tatsächlichen Aufnahme der vorgesehenen Arbeit im Rahmen der Arbeitsorganisation. Zusätzlich sei ein Band an (wirksamen oder jedenfalls gewollten) arbeitsrechtlichen Beziehungen zu verlangen. Auf der einen Seite sei dies die Begründung eines Weisungsrechts der aufnehmenden Dienststelle verbunden mit entsprechenden Schutzpflichten, dem entspreche auf der anderen Seite die Weisungsgebundenheit des aufzunehmenden Arbeitnehmers, verbunden mit entsprechenden Schutzrechten. Dabei dürfe das Erfordernis eines beamten- oder arbeitsrechtlichen Bandes zwischen dem öffentlichen Dienstherrn nicht dahingehend verstanden werden, dass ausschließlich zweiseitige und notwendig perfekte Vertragsbeziehungen zu verlangen seien. Ausreichend sei ein Mindestbestand an vorhandenen Rechtsbeziehungen. Würden einer Dienstleistung, die für die Dienststelle über eine nicht nur geringfügige Dauer (weniger als zwei Monate) erbracht werde, etwa dreiseitige Vertragsbeziehungen zugrunde liegen, an der aufnehmende Dienststelle und der aufzunehmende Arbeitnehmer beteiligt seien, so seien nur rudimentäre arbeitsvertragliche oder sonstige Rechtsbeziehungen zu fordern, die arbeitsrechtlich insoweit bedeutsam seien, als auf ihrer Grundlage ein Weisungsrecht der Dienststelle in Bezug auf diese Dienstleistung und eine entsprechende Weisungsgebundenheit des dienstleistenden Arbeitnehmers rechtlich abgesichert seien. Auf diese Weise würden zumindest partielle Arbeitgeberfunktionen und mit ihnen Schutzpflichten begründet, denen auf Seiten der Einzustellenden entsprechende Schutzansprüche gegenüberstünden. Ansonsten sei nur zu fordern, dass der Dienstleistende mit der ihm übertragenen Tätigkeit wie ein in der Dienststelle beschäftigter Arbeitnehmer im Rahmen der Aufbau- und Ablauforganisation der Dienststelle Aufgaben wahrnehme, die dem öffentlichen Interesse obliegen (in diesem Sinne ebenfalls: Ilbertz/ Widmaier, BPersVG, 10. Aufl. 2004, § 75 Rn. 75 Rn. 3).
b) Das Bundesarbeitsgericht (BAG) vertritt zur inhaltsgleichen Bestimmung des § 99 Abs. 1 BetrVG („Einstellung“) seit langem die gleiche Auffassung wie das Bundesverwaltungsgericht (s. u. a. BAG, Beschlüsse vom 15.04.1986 – 1 ABR 44/84 –EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 50 „Taxiunternehmer“; 03.07.1990 – 1 ABR 36/89 – EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 90; 05.03.1991 – 1 ABR 39/90 – AP BetrVG § 99 Nr. 90; 18.10.1994 – 1 ABR 9/94 – AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 5; 22.04.1997 – 1 ABR 74/96 – AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 18; 19.06.2001 – 1 ABR 25/00 – AP a.a.O. Nr. 35 = ZMV 2002, 303 <304>; 12.11.2002 – 1 ABR 60/01 – AP a.a.O. Nr. 43). Entscheidend für die Annahme einer Einstellung sei nicht der Abschluss eines Arbeitsvertrages mit dem Arbeitgeber des Entleiherbetriebes, sondern die Eingliederung in dessen Betrieb. In gleicher Weise sei von einer Einstellung auszugehen, wenn Personen, die nicht Arbeitnehmer seien, in den Betrieb des Arbeitgebers eingegliedert würden, um zusammen mit den im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmern den arbeitstechnischen Zweck des Betriebes durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen.
Dieser Auffassung des BAG wird in der betriebsverfassungsrechtlichen Literatur teilweise gefolgt (Thüsing, in Richardi, BetrVG, 9. Aufl. 2004, § 99 Rn. 29 f., 48 bis 52), teilweise widersprochen (Kraft, in Fabricius/Kraft/Wiese/Kreutz/Oetker/Raab/ Weber, BetrVG, 7. Aufl. 2002, § 99 Rn. 20; Fitting, BetrVG, 22. Aufl. 2004, § 99 Rn. 31; Schlochauer, in Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 5. Aufl. 1997, § 99 Rn. 17), oder mit Modifizierungen gefolgt (Kraft a.a.O. Rn. 29; Fitting a.a.O. Rn. 33 bis 35).
c) Im Schrifttum wird im Zusammenhang mit den rechtlichen Rahmenbedingungen und personalvertretungsrechtlichen Aspekten für Ein-Euro-Jobs gem. § 16 Abs. 3 SGB II unter Bezugnahme auf die vorgenannte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - soweit ersichtlich - einhellig die Meinung vertreten, dass die Einstellung von Ein-Euro-Kräften der Mitbestimmung der Personalräte gem. § 75 Abs. 1 Nr. 1 PersVG unterliegt (Zwanziger, Rechtliche Rahmenbedingungen für "Ein-Euro-Jobs", in Arbeit und Recht <AuR> 2005, 1 <14>; Süllwold, Personalvertretungsrechtliche Aspekte der Ein-Euro-Jobs, in ZfPR 2005, 82 unter „5. bis 5.4“ <85 bis 89>; Kröll, Ein-Euro-Jobs und die Beteiligung des Personalrates, in Der Personalrat <PersR> 2005, 132 <135 f.>).
Das Verwaltungsgericht Mainz, Fachkammer für Personalvertretungssachen, hat in seinem Urteil vom 24.06.2005 – 5 K 193/05.MZ – erkannt, dass die Beschäftigung von Ein-Euro-Kräften bei einer Dienststelle dem Mitbestimmungstatbestand der Einstellung im Sinne des (Landes-)Personalvertretungsrechts unterfällt (ZMV 2005, 268 <269 f.> = juris). Es hat u. a. unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung des BVerwG ausgeführt, dass der Ausschluss des Entstehens eines Arbeitsverhältnisses durch § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II der Annahme einer "Einstellung“ nicht entgegenstünde (a.a.O. juris Rn. 21; ebenso: Süllwold a.a.O. <S. 86 unter „5.2“>; Kröll a.a.O. <135 f.>; Zwanziger a.a.O. <S. 14 unter 2.a>), da es auf die Arbeitnehmereigenschaft insoweit nicht ankomme. Entscheidend sei vielmehr, dass die Ein-Euro-Jobber in den Dienstbetrieb in gleicher Weise wie die dortigen Arbeitnehmer eingegliedert und dem Weisungsrecht des Dienststellenleiters unterliegen würden. Hiervon sei im Regelfall auszugehen.
d) Das Kirchengericht schließt sich der vorgenannten Rechtsprechung des BVerwG und des BAG zum Begriff der "Einstellung" im personalvertretungsrechtlichen bzw. betriebsverfassungsrechtlichen Sinne an. Es folgt der vom Verwaltungsgericht Mainz sowie der im vorgenannten Schrifttum vertretenen Meinung zur rechtlichen Einordnung der Beschäftigung von sog. Ein-Euro-Kräften gem. § 16 Abs. 3 SGB II in Dienststellen und bewertet sie als „Einstellung“ i.S.v. § 42 lit. a) MVG-EKD. Die von der MAVO-Schlichtungsstelle der Diözese Rottenburg-Stuttgart in ihrem Beschluss vom 29.04.2005 - SV 11/2005 - (ZMV 2005, 200 <201>) vertretene gegenteilige Auffassung vermag nicht zu überzeugen, da sie sich weder mit der einschlägigen Rechtsprechung des BVerwG und des BAG zum Begriff der Einstellung auseinandersetzt noch das vorgenannte Schrifttum berücksichtigt (s. auch die ablehnende Anmerkung von Oxenknecht-Witzsch, ZMV 2005, 201).
Nach den schriftlichen Ausführungen der Kirchengemeinde G gegenüber der Mitarbeitervertretung K, die von der Vorsitzenden des Kirchenvorstandes, Pastorin Pin, in der mündlichen Verhandlung bestätigt wurden, werden bzw. wurden die drei Ein-Euro-Kräfte in gleicher Weise wie die übrigen Mitarbeiter der Kirchengemeinde G eingesetzt; sie unterliegen bzw. unterlagen bei der zu verrichtenden Tätigkeit dem Weisungsrecht des Kirchenvorstandes und/oder des/der Dienstvorgesetzten. Sie sind bzw. waren in gleicher Weise in die vorhandene Belegschaft eingegliedert wie die übrigen bei der Kirchengemeinde G aufgrund eines Arbeitsvertrages beschäftigten Mitarbeiter (Mitarbeiter i.S.v. § 2 Abs. 1 MVG-EKD). Die Beschäftigung der in Rede stehenden Personen ist bzw. war nicht nur geringfügig (vgl. zu diesem Merkmal: Süllwold a.a.O. ZfPR 2005, 87 <unter 5.3.1>), sondern auch von einer gewissen zeitlichen Dauer, nämlich mehr als drei Monate, und damit nicht nur vorübergehend (vgl. BVerwG, Beschlüsse v. 15.03.1994 a.a.O. ZfPR 1994, 114 <unter 3. a>; 27.08.1997 a.a.O. ZfPR 1998, 83 <unter 1.a>; Ilbertz/Widmaier a.a.O. Rn. 3a; Süllwold a.a.O.; Kröll a.a.O. PersR 2005, 136).
Sonstige Umstände, die der Annahme einer "Einstellung" entgegenstehen könnten, sind für das Gericht nicht ersichtlich.
e) Das Kirchengericht geht ferner davon aus, dass die Kirchengemeinde G beabsichtigt, auch zukünftig Arbeitsuchende auf der Basis von Ein-Euro-Jobs i.S.v. § 16 Abs. 3 SGB II in ihrer Dienststelle zu beschäftigen, und zwar in gleicher Art und Weise wie jene Arbeitsuchende, die den Anlass für das vorliegende Verfahren gegeben haben.
f) Aufgrund der von den Vertreterinnen der Mitarbeitervertretung in der mündlichen Verhandlung gemachten Ausführungen nimmt das Kirchengericht schließlich an, dass gegenwärtig praktisch alle Dienststellenleitungen im Kirchenkreis K entsprechend der von der Kirchenkreisverwaltung und des sog. B I-Ausschusses des Kirchenkreisvorstandes vertretenen Rechtsauffassung bei der Beschäftigung von sog. Ein-Euro-Kräften ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht der Mitarbeitervertretung gem. § 42 lit. a) MVG-EKD verneinen und daher das entsprechende Mitbestimmungsverfahren nicht durchführen.
g) Das Kirchengericht hält es unter diesen Umständen für geboten, vorliegend über die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten hinaus allgemein festzustellen, dass die Mitarbeitervertretung des Kirchenkreises K bei der Einstellung (Beschäftigung) von sog. Ein-Euro-Kräften (§ 16 Abs. 3 SGB II) in einer Dienststelle im Sinne von § 3 MVG-EKD innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Mitarbeitervertretung K ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht gem. § 42 lit. a) MVG-EKD zusteht.
3. Das Kirchengericht hält die folgenden Hinweise für angezeigt:
a) Zum Inhalt des Mitbestimmungsrechts der Mitarbeitervertretung bei der Einstellung von Ein-Euro-Kräften gem. § 16 Abs. 3 SGB II ist zu bemerken, dass die Mitarbeitervertretung die erforderliche Zustimmung gem. § 41 Abs. 1 MVG-EKD u. a. nur verweigern kann, wenn die Maßnahme gegen ein Gesetz verstößt (Buchstabe a)). Hierbei kommt in erster Linie ein Verstoß gegen die Vorgaben des § 16 Abs. 3 SGB II in Betracht. Nach dieser Vorschrift müssen Arbeitsgelegenheiten („Zusatzjobs“) folgende Voraussetzungen erfüllen: Sie müssen im öffentlichen Interesse liegen, zusätzlich, wettbewerbsneutral sowie arbeitsmarktpolitisch zweckmäßig sein (vgl. Süllwold a.a.O. <S. 89 unter 5.5.1>; Kröll a.a.O. S. 136). Im Hinblick auf den Schutzzweck der Mitbestimmung bei der Einstellung von Ein-Euro-Kräften wird besonders das Merkmal der Zusätzlichkeit relevant, da dessen Verfehlung Bestand und Zuschnitt der Arbeitsplätze der Beschäftigten der Dienststelle gefährden kann (vgl. BAG, Beschluss v. 12.11.2002 – 1 ABR 60/01 - a.a.O. unter II 2 a aa m.w.N.). Nach § 261 Abs. 2 SGB III handelt es sich um zusätzliche Arbeit, wenn sie ohne die Förderung nicht, nicht in diesem Umfang oder erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt würde. Diese Regelung will verhindern, dass Zusatzjobs „normale“ Arbeitsplätze verdrängen. Deshalb ist sie von ihrem Charakter her zumindest auch eine Schutzvorschrift zugunsten der in der Dienststelle Beschäftigten (vgl. Süllwold a.a.O. S. 90; Kröll a.a.O. S. 136 f.; Zwanziger a.a.O. AuR 2005, 14).
b) Die Ausweisung von Arbeitsgelegenheiten im Sinne von § 16 Abs. 3 SGB II in einer Dienststelle, also die der späteren personellen Maßnahme vorangehende organisatorische Entscheidung über Bereitstellung und Benennung geeigneter Einsatzbereiche einschließlich der dort anfallenden Arbeiten, unterfällt weder der eingeschränkten Mitbestimmung nach § 42 MVG-EKD noch der Mitberatung nach § 46 MVG-EKD (vgl. Süllwold a.a.O. S. 86). Die Dienststellenleitung ist aber nach § 34 Abs. 1 MVG-EKD verpflichtet, die Mitarbeitervertretung rechtzeitig und umfassend über die beabsichtigte Schaffung von Arbeitsgelegenheiten zu unterrichten. Auf diese Weise erhält die Mitarbeitervertretung Gelegenheit, gegebenenfalls frühzeitig Bedenken hinsichtlich der gesetzlichen Voraussetzungen nach § 16 Abs. 3 SGB II zu äußern.
Im Übrigen steht es der Dienststellenleitung und der Mitarbeitervertretung frei, in einer Dienstvereinbarung allgemeine Regelungen über die Schaffung von Arbeitsgelegenheiten und Einsatzmodalitäten von Ein-Euro-Kräften zu treffen (vgl. hierzu näher: Kröll a.a.O. S. 137).

gez. Kalitzky
(Vorsitzender Richter)