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Kirchengericht:Kirchengericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:27.10.2005
Aktenzeichen:1 KG 23/2005
Rechtsgrundlage:MVG-EKD:
§ 42 lit. c)
§ 60 Abs. 5
KTD (NEK):
§ 14 Absatz 1
EntgeltO zum KTD:
Entgeltgruppen E 3 und E 4 / E 5
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:
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Leitsatz:


Eingruppierung einer Beschäftigten im Erziehungsdienst in einer Wohngruppe für verhaltensauffällige Jugendliche im Rahmen der Nachtbereitschaft (21:30 Uhr bis 6:00 Uhr) nach der KTD-EntgeltO
Maßgeblich für die Eingruppierung einer Mitarbeiterin sind die wahrzunehmenden Tätigkeiten (hier: im Rahmen der Nachtbereitschaft). Erfordern die ihr obliegenden Tätigkeiten zwar fachliche Kenntnisse, aber keine qualifizierten Fachkenntnisse, die nur im Rahmen einer entsprechenden Fachausbildung erworben werden können, entspricht das Anforderungsprofil der Entgeltgruppe E 3, wie die dort gegebenen Erläuterungen und Beispiele zeigen. Die betroffene Mitarbeiterin ist dann lediglich als „Beschäftigte im Erziehungsdienst“ anzusehen.
Bei einem derartigen Sachverhalt ist es ohne tarifrechtliche Bedeutung, dass die betroffene Mitarbeiterin die persönliche Qualifikation als “Sozialpädagogische Assistentin“ (Grundeingruppierung Entgeltgruppe E 4) hat. Denn sie ist lediglich als „ungelernte Kraft“ im Sinne der Entgeltgruppe E 3 KTD-EntgeltO eingestellt und mit Aufgaben betraut worden, die dieser Entgeltgruppe entsprechen.

Tenor:

Es wird gem. § 60 Abs. 5 Satz 1 MVG-EKD festgestellt, dass die Mitarbeitervertretung keinen Grund hat, die Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterin M in die Entgeltgruppe E 3 der Entgeltordnung zum KTD (§ 42 lit. c) MVG-EKD) gem. § 41 Abs. 1 MVG-EKD zu verweigern.

Gründe:


I.

Zwischen den Beteiligten besteht Streit über die richtige Eingruppierung der Mitarbeiterin M, die in einer Wohngruppe für verhaltensauffällige Jugendliche in X, einer vollstationären Einrichtung der Jugendhilfe, im Rahmen der Nachtbereitschaft (21:30 Uhr bis 6:00 Uhr) beschäftigt ist. Die Einrichtung verfügt über insgesamt 14 Heimplätze; davon sind drei Plätze sogenannte Einstreuplätze nach dem SGB XII für den Erwachsenenbereich.
Auf die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Diakonie-Hilfswerks D findet der Kirchliche Tarifvertrag Diakonie - KTD - vom 15.08.2002 (GVOBl. S. 317) mit späteren Änderungen, zuletzt geändert durch Änderungstarifvertrag Nr. 4 zum KTD vom 20.12.2004 (GVOBl. 2005, S. 122) Anwendung. Nach § 14 Abs. 1 KTD werden die Entgelte nach der überwiegenden Tätigkeit (Entgeltgruppe) bemessen. Die Entgeltgruppen ergeben sich aus der Entgeltordnung (Anlage 1) zum Tarifvertrag - KTD-EntgeltO -.
Die Mitarbeiterin M ist Sozialpädagogische Assistentin. Ihr Arbeitsverhältnis in der vorgenannten Einrichtung ist auf die Zeit vom 15.05.2005 bis zum 14.05.2006 befristet, und zwar mit einer monatlichen Arbeitszeit von 38 Stunden. Sie wird ausschließlich im Rahmen der Nachtbereitschaft eingesetzt.
Der Antragsteller beabsichtigt die Eingruppierung der Mitarbeiterin M in die Entgeltgruppe E 3. Er ist der Auffassung, dass vorliegend diese Entgeltgruppe zutreffend sei, da für die wahrzunehmende Tätigkeit keine besondere Qualifikation erforderlich sei, insbesondere keine Qualifikation als Sozialpädagogische Assistentin.
Die in Rede stehende Nachtbereitschaft werde seit dem 01.01.2005 meistens von pädagogischen Laien ausgeübt, mit denen 400-€-Teilzeitverträge auf der Basis der Entgeltgruppe E 3 abgeschlossen würden.
Die Mitarbeitervertretung stimmte der Einstellung von Frau M zu, lehnte mit Schreiben vom 27.05.2005 jedoch die beabsichtigte Eingruppierung in Entgeltgruppe E 3 ab: Die Entgeltgruppe E 3 sei ungelernten Kräften vorbehalten, Frau M sei aber "Sozialpädagogische Assistentin", die nach Entgeltgruppe E 4 grundeinzugruppieren sei. Da ihr Einsatz in einer Einrichtung der stationären Jugendhilfe erfolge, die verhaltensauffällige und seelisch behinderte Jugendliche betreue, handle es sich um eine schwierige fachliche Tätigkeit im Sinne der Entgeltgruppe E 5 (s. dortiges Beispiel „Sozialpädagogische Assistentinnen in Einrichtungen der Behindertenhilfe“).
Der Antragsteller beantragt mit der Antragsschrift vom 07.06.2005, die am 08.06.2005 beim Kirchengericht einging, die Feststellung, dass die Mitarbeitervertretung nicht berechtigt sei, ihre Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung der Mitarbeiterin M in die Entgeltgruppe E 3 zu verweigern. Er tritt der von der Mitarbeitervertretung vertretenen Auffassung, dass Frau M in Entgeltgruppe E 5 einzugruppieren sei, im Wesentlichen mit folgenden Erwägungen entgegen: Die Mitarbeiterin M werde nicht als Sozialpädagogische Assistentin eingesetzt. Allein der Umstand, dass sie eine Qualifikation als Sozialpädagogische Assistentin habe, sei daher tarifrechtlich ohne Bedeutung.
Die Mitarbeitervertretung hält an ihrer Auffassung fest, dass die Mitarbeiterin M wegen ihrer Qualifikation als Sozialpädagogische Assistentin und der ihr während der Nachtbereitschaft obliegenden schwierigeren fachlichen Aufgaben in die Entgeltgruppe E 5 einzugruppieren sei.
In der mündlichen Verhandlung am 27.10.2005 ist in die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten eingehend erörtert worden. Der Leiter des JugendhilfeNetzwerks X legte ausführlich dar, wie die Nachtbereitschaft organisiert ist, welche konkreten Aufgaben der jeweils eingesetzte Mitarbeiter wahrzunehmen hat und unter welchen Voraussetzungen / in welchen Situationen Hilfe und Unterstützung durch die sog. Rufbereitschaft erfolge. Dieser Darstellung haben die Vertreter der Mitarbeitervertretung nicht substantiiert widersprochen.

II.

1. Die von dem Antragsteller beabsichtigte Eingruppierung der Mitarbeiterin M in die Entgeltgruppe E 3 gem. KTD-EntgeltO ist nach der Überzeugung des Kirchengerichts tarifrechtlich zutreffend. Die Mitarbeitervertretung ist daher nicht berechtigt, die erforderliche Zustimmung gem. § 41 Abs. 1 lit. a) MVG-EKD zu verweigern.
Für das Kirchengericht sind die nachfolgenden Erwägungen maßgeblich.
Nach den ausführlichen Erläuterungen des Leiters des JugendhilfeNetzwerks X in der mündlichen Verhandlung zu den von der Mitarbeiterin M wahrzunehmenden Tätigkeiten im Rahmen der Nachtbereitschaft geht das Kirchengericht davon aus, dass die Mitarbeiterin nicht „als Sozialpädagogische Assistentin“ eingestellt worden ist, sondern „als ungelernte Kraft“. Die ihr obliegenden Tätigkeiten erfordern zwar fachliche Kenntnisse, aber keine qualifizierten Fachkenntnisse, die nur im Rahmen einer entsprechenden Fachausbildung erworben werden können. Das für die Wahrnehmung der übertragenen Tätigkeiten erforderliche Qualitätsprofil entspricht daher der Entgeltgruppe E 3, wie die dort gegebenen Erläuterungen und Beispiele zeigen. Die betroffene Mitarbeiterin ist lediglich als „Beschäftigte im Erziehungsdienst“ anzusehen.
Das Kirchengericht hat keinen Anlass, an der Richtigkeit der von dem Leiter des JugendhilfeNetzwerks X gegebenen Darstellung zu zweifeln - zumal die Vertreter der Mitarbeitervertretung ihr nicht substantiiert entgegengetreten sind -, insbesondere an dessen Hinweisen, dass in der Nachtbereitschaft seit Beginn des Jahres 2005 - aus Kostengründen - ganz überwiegend Personen eingesetzt werden, die über keine fachbezogene, qualifizierte Ausbildung verfügen, sondern lediglich aufgrund ihrer allgemeinen Lebens- und/oder Berufserfahrung befähigt sind, mit den während des Nachtdienstes häufig oder gelegentlich auftretenden Situationen angemessen umzugehen. So würden beispielsweise erfahrene Mütter/Hausfrauen oder erfahrene Handwerker eingestellt. Es werden von ihnen ausdrücklich keine Tätigkeiten verlangt, die nur eine qualifizierte Fachkraft, zum Beispiel eine Sozialpädagogische Assistentin, erbringen könne. Für den Fall, dass eine die Fähigkeiten einer Nichtfachkraft überfordernde Situation eintrete, hätte diese sich unverzüglich mit der Rufbereitschaft in Verbindung zu setzen; je nach Lage komme dann die Fachkraft unverzüglich zur Einrichtung oder gebe Instruktionen. Es gehöre keinesfalls zu den Aufgaben der Nachtbereitschaft, die von der Mitarbeitervertretung in ihrem Schriftsatz vom 30.09.2005 (dort Seite 2) genannten Tätigkeiten, die nur eine qualifizierte Fachkraft erfüllen könne, wahrzunehmen.
Maßgeblich für die tarifliche Eingruppierung sind allein die von der Dienststelle dem Mitarbeiter übertragenen Tätigkeiten, und zwar unabhängig davon, ob er von seiner Ausbildung her höher qualifiziert ist. Es obliegt allerdings der Dienststellenleitung bzw. den Dienstvorgesetzten, darüber zu wachen, dass der an sich höher qualifizierte Mitarbeiter nur die ihm übertragenen - einfacheren - Tätigkeiten ausübt.
Die Vertreter der Dienststellenleitung haben in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass ihnen bisher nicht bekannt geworden ist, dass die Mitarbeiterin M entgegen der getroffenen Absprache in der Nachtbereitschaft höher qualifizierte Tätigkeiten ausgeübt hat. Man werde sie jedoch nochmals ausdrücklich anweisen, nur die ihr übertragenen „einfachen“ Tätigkeiten auszuüben und sich ansonsten an die jeweilige Rufbereitschaft zu wenden.

III.

Der Beschluss ist für die Beteiligten gem. § 60 Abs. 8 Satz 1 MVG-EKD verbindlich.
gez. Kalitzky
(Vorsitzender Richter)