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Kirchengericht:Kirchengericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:07.12.2004
Aktenzeichen:1 KG 31/2004
Rechtsgrundlage:MVG-EKD
§ 41 Abs. 2
§ 42 lit. b
§ 60 Abs. 5 Satz 1
§ 61 Abs. 2 Satz 3
KAT-NEK
§ 53 Abs. 3
§ 55 Abs. 1 und 2
BGB
§ 626 Abs. 1
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:
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Leitsatz:


Beabsichtigte außerordentliche Änderungskündigung mit sozialer Auslauffrist eines tarifrechtlich unkündbaren Kirchenmusikers aus betriebsbedingten Gründen (Einschränkung der Kirchenmusik aus finanziellen Gründen).
Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist eine Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn sie durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung entgegenstehen, bedingt ist.
Grundlage der betriebsbedingten Kündigung sind betriebsbezogene Umstände oder Vorgänge, die von der Person des betroffenen Arbeitnehmers unabhängig sind. Aufgrund einer „freien unternehmerischen Entscheidung“ entfällt der Beschäftigungsbedarf für einen oder mehrere Arbeitnehmer in dem bisher wahrgenommenen Aufgabenbereich. Das allein rechtfertigt jedoch eine Änderungskündigung nicht, vielmehr muss hinzukommen, dass der betroffene Arbeitnehmer auch nicht auf einem anderen freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden kann.
Jeder betriebsbedingten Kündigung liegt eine unternehmerische Entscheidung zugrunde, mit welcher der Arbeitgeber auf eine bestimmte inner- oder außerbetriebliche Ursache reagiert. Solche Entscheidungen können z. B. die Zusammenlegung von Abteilungen, die Stilllegung des Betriebes oder eines Betriebsteiles sein. Die Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung muss den Beschäftigungsbedarf grundsätzlich auf Dauer entfallen lassen.
Die unternehmerische Entscheidung im vorgenannten Sinn unterliegt nur einer begrenzten gerichtlichen Kontrolle, nämlich nur darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist.
In den Fällen der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung eines nach dem einschlägigen Tarifrecht unkündbaren Mitarbeiters, z. B. gem. § 53 Abs. 3 KAT-MVG, richtet sich das Mitbestimmungsrecht der Mitarbeitervertretung nach dem Verfahren für die Fälle der beabsichtigten ordentlichen Kündigung nach Ablauf der Probezeit, also der eingeschränkten Mitbestimmung gem. § 42 lit. b i.V.m. §§ 41 Abs. 2 und 3, 38 MVG-EKD.
Das Arbeitsverhältnis mit einem nach § 53 Abs. 3 KAT-NEK tarifrechtlich ordentlich unkündbaren Mitarbeiter kann im Allgemeinen nur im Wege einer außerordentlichen betriebsbedingten Änderungskündigung unter Beachtung von § 55 Abs. 2 Unterabsatz 1 KAT-NEK geändert werden, und zwar zum Zwecke der Herabgruppierung um eine Vergütungsgruppe.
Die Anforderungen an die Wirksamkeit einer betriebsbedingten außerordentlichen (Änderungs-)Kündigung nach § 626 BGB gegenüber einem nach § 55 KAT-NEK aus betriebsbedingten Gründen unkündbaren Mitarbeiter sind nach Auffassung des Kirchengerichts, das sich insoweit an der einschlägigen Rechtsprechung des BAG zu § 55 BAT orientiert (s. BAG, Urt. v. 27.06.2002 – 2 AZR 367/01 – AP Nr. 4 zu § 55 BAT = juris <Rn. 20>), jedenfalls ganz erheblich.

Tenor:

Es wird gem. § 60 Abs. 5 Satz 1 MVG-EKD festgestellt, dass die Mitarbeitervertretung des Kirchenkreises K nicht berechtigt ist, die nach § 42 lit. b) MVG-EKD erforderliche Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Änderungskündigung des Kirchenmusikers M gem. § 41 Abs. 2 MVG-EKD zu verweigern.

Gründe:


I.

Der Vorsitzende entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gem. § 61 Abs. 2 Satz 3 MVG-EKD anstelle der Kammer.

II.

In den Fällen, die einem eingeschränkten Mitbestimmungsrecht unterliegen – wie hier (§ 42 lit. b) MVG-EKD) – hat das Kirchengericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten gemäß § 60 Abs. 5 Satz 1 MVG-EKD lediglich zu prüfen und festzustellen, ob für die Mitarbeitervertretung ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung nach § 41 MVG-EKD vorliegt.
1. Das Kirchengericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten geht entsprechend der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes und der Personalvertretungsgesetze des Bundes und der Länder davon aus, dass in den Fällen der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung eines nach dem einschlägigen Tarifrecht unkündbaren Mitarbeiters, z. B. im Falle einer Betriebsstilllegung (vgl. BAG, Urt. v. 05.02.1998 – 2 AZR 227/97- , NZA 1998, S. 771 <775 unter 5.>; Urt. v. 18.10.2000 – 2 AZR 627/99 – NZA 2001, S. 219 <219>) das Mitbestimmungsrecht der Mitarbeitervertretung sich nach dem Verfahren für die Fälle der beabsichtigten ordentlichen Kündigung nach Ablauf der Probezeit richtet, also der eingeschränkten Mitbestimmung gem. § 42 lit. b) i.V.m. §§ 41 Abs. 2 und 3, 38 MVG-EKD (ebenso: Fey/Rehren, MVG-EKD, § 46 – Stand: August 2004 - Rn. 15 a).
Hiervon sind vorliegend auch die Beteiligten ausgegangen.
2. Nach der Überzeugung des Kirchengerichts für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten ist die Mitarbeitervertretung des Kirchenkreises K nicht berechtigt, ihre Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen (betriebsbedingten) Änderungskündigung des Kirchenmusikers M zu verweigern, da ein Verweigerungsgrund nach § 41 Abs. 2 MVG-EKD nicht gegeben ist. Das Kirchengericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten vermag nicht festzustellen, dass die beabsichtigte Kündigung gegen eine Rechtsvorschrift verstößt.
a) Das Arbeitsverhältnis der Antragstellerin mit dem Mitarbeiter M kann nur im Wege einer außerordentlichen Kündigung nach § 626 BGB beendet werden, weil gegenüber diesem Mitarbeiter tarifvertraglich die ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist.
aa) Der Mitarbeiter M ist nach § 53 Abs. 3 KAT-NEK ordentlich unkündbar, da er länger als 15 Jahre bei der Antragstellerin beschäftigt ist und das 40. Lebensjahr vollendet hat.
bb) Nach dem Wortlaut des § 55 KAT-NEK ist auch die von der Antragstellerin beabsichtigte außerordentliche betriebsbedingte Änderungskündigung ausgeschlossen. Denn gem. § 55 Abs. 1 KAT-NEK kann dem nach § 53 Abs. 3 KAT-NEK ordentlich unkündbaren Mitarbeiter nur aus in seiner Person oder seinem Verhalten liegenden wichtigen Gründen fristlos gekündigt werden. Nach § 55 Abs. 2 Unterabsatz 1 KAT-NEK berechtigen andere wichtige Gründe, insbesondere dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters entgegenstehen, den Arbeitgeber nicht zur Kündigung. In diesen Fällen kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis jedoch, wenn eine Beschäftigung zu den bisherigen Vertragsbedingungen aus dienstlichen Gründen nachweisbar nicht möglich ist, zum Zwecke der Herabgruppierung um eine Vergütungsgruppe kündigen.
cc) Damit ist jedoch nicht die außerordentliche Beendigungskündigung aus betrieblichen Gründen nach § 626 BGB in jedem denkbaren Fall ausgeschlossen.
(1) Tarifliche Beschränkungen des außerordentlichen Kündigungsrechts sind zwar nicht grundsätzlich unzulässig und unvereinbar mit § 626 BGB. Das BAG hat jedoch schon mehrfach darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund in einem Dauerschuldverhältnis nicht völlig beseitigt werden kann und deshalb Fälle denkbar sind, in denen auch im Rahmen des mit § 55 KAT-NEK inhaltsgleichen § 55 BAT eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung mit notwendiger Auslauffrist nach § 626 BGB in Betracht kommen kann (BAG, Urteile v. 05.02.1998 - 2 AZR 227/97 – BAGE 88, S. 10 <15>; 25.10.2001 - 2 AZR 216/00 -, ZMV 2002, 198; 27.06.2002 a.a.O.; 13.06.2002 – 2 AZR 391/01 -, NZA 2003, S. 44 <47>; ebenso: KR-Fischermeier, 6. Aufl. 2002, § 626 BGB Rn. 57 ff.; ähnlich Preis, in Stahlhacke/Preis/Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 8. Aufl. 2002, Rn. 790 ff. <insbes. 795, 805 bis 807>).
(2) Die Anforderungen an die Wirksamkeit einer betriebsbedingten außerordentlichen (Änderungs-)Kündigung nach § 626 BGB gegenüber einem nach § 55 KAT-NEK aus betriebsbedingten Gründen unkündbaren Mitarbeiter sind nach Auffassung des Kirchengerichts, das sich insoweit an der einschlägigen Rechtsprechung des BAG zu § 55 BAT orientiert (s. die vorgenannten Entscheidungen), jedenfalls ganz erheblich.
Schon nach § 1 Abs. 2 KSchG ist eine (hier tariflich ausgeschlossene) ordentliche Kündigung nur aus dringenden betrieblichen Erfordernissen möglich und eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers muss, soweit möglich - ggf. nach zumutbaren Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen - an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle erfolgen.
Betriebsbedingte Gründe allein rechtfertigen regelmäßig keine außerordentliche Kündigung eines tarifrechtlich unkündbaren Mitarbeiters. Das Betriebsrisiko hat in der Regel der Arbeitgeber zu tragen. Ausnahmen sind allerdings dann zugelassen, wenn sonst ein sinnloses Arbeitsverhältnis ggf. bis zur Pensionierung des Arbeitnehmers allein durch Vergütungszahlungen aufrechterhalten werden müsste. Dies bedeutet jedoch nicht, dass bei ordentlicher Unkündbarkeit auf Grund eines Tarifvertrages eine betriebsbedingte Kündigung stets unter „etwas verschärften Voraussetzungen“ nunmehr als außerordentliche Kündigung möglich wäre (vgl. BAG, Urteile v. 05.02.1998 a.a.O; 13.06.2002 - 2 AZR 391/00 – a.a.O. <S.47>).
(3) Da § 55 Abs. 2 Unterabsatz 1 Satz 1 KAT-NEK auch die außerordentliche betriebsbedingte Kündigung aus wichtigem Grund ausschließt und den Anstellungsträger insoweit auf eine Änderungskündigung zum Zweck der Herabgruppierung um eine Vergütungsgruppe verweist, wird damit das Arbeitsverhältnis des Angestellten im kirchlichen Dienst nach der erforderlichen Beschäftigungszeit, was die Intensität der Bindung anbelangt, einem (kirchlichen) Beamtenverhältnis angenähert.
Wenn, wie oben dargelegt (unter <(2)>), in Extremfällen eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung auch im Anwendungsbereich des § 55 KAT-NEK zulässig ist, so bedeutet dies allerdings nicht, dass nunmehr jede Umorganisation oder Schließung einer Teileinrichtung, die einen Wegfall von Arbeitsplätzen zur Folge hat, entgegen § 55 Abs. 2 KAT-NEK zu einer außerordentlichen Kündigung führen kann. Entsprechend dem Sinn und Zweck der Tarifvorschrift müssen die Anforderungen an eine derartige außerordentliche Kündigung ganz erheblich sein. Es kann nur darum gehen, auch unter Berücksichtigung der Annäherung des Arbeitsverhältnisses an ein Beamtenverhältnis zu verhindern, dass ein sinnentleertes Arbeitsverhältnis über einen langen Zeitraum hinweg allein noch durch Gehaltszahlungen aufrechterhalten wird und dadurch der kirchliche Arbeitgeber in erhebliche, vor allem finanzielle Schwierigkeiten gerät.
b) In Anwendung der vorgenannten Rechtsgrundsätze (unter <cc (3)>) geht das Kirchengericht davon aus, dass vorliegend ein Extremfall gegeben ist, bei dem es der Kirchengemeinde G nicht zuzumuten ist, den Kirchenmusiker M, für den ein anderer freier Arbeitsplatz in der Kirchengemeinde G nicht zur Verfügung steht und auch nicht durch Umorganisation geschaffen werden kann, Gehaltszahlungen für ein sinnentleertes – weil weitgehend beschäftigungsloses – Arbeitsverhältnis bis zum Erreichen der regulären Altersgrenze gem. § 60 Abs. 1 KAT-NEK (Vollendung des 65. Lebensjahr) zu erbringen, also über einen Zeitraum von etwa 10 Jahren.
aa) Auch wenn Gegenstand des vorliegenden Verfahrens eine beabsichtigte außerordentliche betriebsbedingte Änderungskündigung ist, ist zunächst zu prüfen, ob überhaupt die Voraussetzungen für eine „ordentliche“ betriebsbedingte Kündigung gegeben sind. Das Kirchengericht geht davon aus, dass dies vorliegend der Fall ist.
(1) Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist eine Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn sie durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung entgegenstehen, bedingt ist.
Grundlage der betriebsbedingten Kündigung sind betriebsbezogene Umstände oder Vorgänge, die von der Person des betroffenen Arbeitnehmers unabhängig sind. Aufgrund einer „freien unternehmerischen Entscheidung“ entfällt der Beschäftigungsbedarf für einen oder mehrere Arbeitnehmer in dem bisher wahrgenommenen Aufgabenbereich. Das allein rechtfertigt jedoch eine Änderungskündigung nicht, vielmehr muss hinzukommen, dass der betroffene Arbeitnehmer auch nicht auf einem anderen freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden kann. Nur unter diesen weiteren Voraussetzungen kann eine Kündigung gem. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt sein (in diesem Sinne: v.Hoyningen-Huene/Linck, KSchG, 13. Aufl. 2002, § 1 Rn. 364a). Jeder betriebsbedingten Kündigung liegt eine unternehmerische Entscheidung zugrunde, mit welcher der Arbeitgeber auf eine bestimmte inner- oder außerbetriebliche Ursache reagiert (vgl. Preis, in Stahlhacke/Preis/Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 8. Aufl. 2002, Rn. 940). Aufgrund einer Analyse der Lage des Unternehmens erfolgen unternehmerische Zielsetzungen und Planungen auf technischem, organisatorischem oder wirtschaftlichem Gebiet, die zu konkreten unter¬nehmerischen Entscheidungen führen. Solche Entscheidungen können z. B. die Zusammenlegung von Abteilungen, die Stillegung des Betriebes oder eines Betriebsteiles sein (vgl. v.Hoyningen-Huene/Lincke a.a.O. Rn. 366, 367 m.w.N.). Die Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung muss den Beschäftigungsbedarf grundsätzlich auf Dauer entfallen lassen (s. v.Hoyningen-Huene/Lincke a.a.O. Rn. 367a; Preis a.a.O. Rn. 971).
Die unternehmerische Entscheidung im vorgenannten Sinn unterliegt nur einer begrenzten gerichtlichen Kontrolle, nämlich nur darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (in diesem Sinne: v.Hoyningen-Huene/Lincke a.a.O. Rn. 371; KR-Etzel, 6.Aufl. 2002, § 1 KSchG Rn. 540; Preis a.a.O. Rn. 948 jeweils m.w.N.).
(2) Gemessen an diesen Grundsätzen begegnet die Entscheidung der Antragstellerin, die Kirchenmusik in den Gemeindebezirken B1 und B2 ab dem Jahre 2005 gegenüber dem bisherigen „Angebot“ in ganz erheblichem Maße einzuschränken (Streichung einer vollen Stelle) und zukünftig nur eine sog. Grundversorgung von jeweils drei Wochenstunden anzubieten, keinen kündigungsrechtlichen Bedenken. Das Kirchengericht ist davon überzeugt, dass vorliegend die Voraussetzungen für eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung gegeben sind: Wegen der erwarteten erheblichen Kürzung der bisherigen Kirchensteuerzuweisungen durch die Kirchenkreissynode – auch dem Kirchenkreis werden von der NEK wegen des dramatischen Rückgangs der Kirchensteuern ebenfalls in deutlich geringerem Umfange Finanzmittel zugewiesen werden – hat der Kirchenvorstand der Kirchengemeinde G beschlossen, die bereits vor einigen Jahren wegen der sich abzeichnenden ungünstigen Finanzlage an den hier in Rede stehenden Stellen A002 und A003 angebrachten ku-Vermerke im Jahre 2005 zu realisieren. Diese Entscheidung des Kirchenvorstandes ist grundsätzlich vom Kirchengericht zu respektieren. Vorliegend fehlt jeglicher Anhalt dafür, dass es sich um eine willkürliche Entscheidung handeln könnte. Auch die Mitarbeitervertretung hat insoweit keine Bedenken geltend gemacht.
(3) Des Weiteren hat die Antragstellerin auch in rechtlich nicht zu beanstandender Weise eine Sozialwahl zwischen den beiden Kirchenmusikern M und M1, der ebenfalls tariflich unkündbar ist, getroffen. Dies ergibt sich für das Kirchengericht aus dem von der Antragstellerin zusammen mit ihrem Antrag vom 07.06.2004 eingereichten Auszug aus dem Protokoll über die Kirchenvorstandssitzung vom 10.06.2004 (zu TOP 7. a). Die angewandten Kriterien für die Sozialauswahl entsprechen den gesetzlichen Vorgaben. Danach ist der Kirchenmusiker M1 in höherem Maße als sozial schutzwürdig anzusehen als sein Kollege M. Die Mitarbeitervertretung hat keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die eine andere Beurteilung gebieten.
bb) Nach den oben genannten Grundsätzen ist jedoch eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung eines an sich unkündbaren Mitarbeiters nach § 626 BGB nur zulässig, wenn eine extreme Ausnahmesituation vorliegt (s. oben <a. cc (3)> = S. 5 f.). Diese ist nach der Überzeugung des Kirchengerichts jedoch vorliegend aus den nachfolgenden Erwägungen gegeben:
Die Kirchengemeinde G hat alle ihr möglichen Maßnahmen ausgeschöpft, um den Kirchenmusiker M anderweitig in der Gemeinde G oder im Kirchenkreis K weiterbeschäftigen zu können. Der Vorsitzende des Kirchenvorstandes, Pastor P, hat dies glaubhaft im Einzelnen in der mündlichen Verhandlung dargelegt. Die Vertreterin der Mitarbeitervertretung hat dem nicht substantiiert widersprochen, sondern nur die Meinung entgegengesetzt, dass die weitere Entwicklung im Bereich der Kirchenmusik im Zusammenhang mit der noch laufenden Regionalisierung und der von der Nordelbischen Synode beabsichtigten Neustrukturierung der Kirchenkreise in der NEK von der Antragstellerin abgewartet werden müsse. Diesem Einwand vermag sich das Kirchengericht nicht anzuschließen:
Nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand spricht nämlich nichts dafür, dass sich im Bereich der Kirchengemeinde G, die von ihrer räumlichen Größe und der Gemeindegliederzahl einer Region entspricht und auch so vom Kirchenkreis K bei seinen Strukturplanungen behandelt wurde und wird, in absehbarer Zukunft stellenplanmäßig eine Änderung in Richtung Wiedererrichtung einer vollen Kirchenmusikerstelle ergeben wird. Die Mitarbeitervertretung hat auch keine konkreten Anhaltspunkte für eine derartige Entwicklung benannt. Allein die rein theoretische Möglichkeit einer solchen zukünftigen Änderung reicht aber nicht aus, die Antragstellerin zu einem solchen Abwarten zu verpflichten, bevor sie eine außerordentliche betriebsbedingte (Änderungs-)Kündigung aussprechen darf.
c) Da die Antragstellerin im Sinne einer gerichtlich zu respektierenden Unternehmerentscheidung – für Willkür fehlt für das Kirchengericht jeglicher Anhalt - zukünftig in den Gemeindebezirken B1 und B2 lediglich eine kirchenmusikalische Grundversorgung anbieten will, und zwar im Umfange von jeweils drei Wochenstunden, kann dem betroffenen Kirchenmusiker M auch nur zu diesen veränderten Arbeitsbedingungen eine Weiterbeschäftigung angeboten werden.
d) Schließlich hat die Antragstellerin schriftlich und in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie die beabsichtigte außerordentliche (Änderungs-)Kündigung mit einer sozialen Auslauffrist, die zeitlich der maßgeblichen Kündigungsfrist nach § 53 Abs. 2 KAT-NEK entspricht – hier also sechs Monate zum Schluss eines Kalendervierteljahres – aussprechen wird. Das entspricht der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.
gez. Kalitzky
(Vorsitzender Richter)