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Kirchengericht:Kirchengericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:08.01.2009
Aktenzeichen:3 KG 29/2008
Rechtsgrundlage:MVG-EKD:
§ 41 Abs. 1
§ 42 lit. b (analog)
§ 60 Abs. 5
BGB:
§ 626
KAT (neu):
§ 27 Abs. 2, Abs. 4
KSchG:
§ 1 Abs. 2
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:
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Leitsatz:


Außerordentliche betriebsbedingte Kündigung mit sozialer Auslauffrist eines tarifrechtlich ordentlich unkündbaren Mitarbeiters.

Tenor:

Der Antrag festzustellen, dass für die Verweigerung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist der Mitarbeiterin der Kirchengemeinde G, Frau M, kein Grund gem. § 41 MVG.EKD vorliegt, wird zurückgewiesen.

Gründe:


I.

Die Beteiligten streiten um die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist einer Mitarbeiterin.
Die Antragstellerin ist eine Kirchengemeinde, die Frau M seit dem 1. März 1992 als Buchhalterin im Angestelltenverhältnis mit einem Stundenumfang von zurzeit 25 Stunden beschäftigt.
Frau M ist XY Jahre alt, verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.
Sie ist seit 16 Jahren bei der Kirchengemeinde beschäftigt, sodass sie gem. § 27 KAT nur noch außerordentlich gekündigt werden kann. Die Antragstellerin beabsichtigt, die Kündigung zum 30. April 2009 auszusprechen, da zu diesem Zeitpunkt der Arbeitsplatz ersatzlos wegfalle.
Die Kirchengemeinde G ist gezwungen, den Arbeitsbereich Buchhaltung aufzugeben. Der sachliche Grund für diese Entscheidung ist in den Konsequenzen des Kirchengesetzes über die Organisation der Verwaltung in den Kirchenkreisen – Kirchenkreisverwaltungsgesetz – (KKVwG) vom 10. Oktober 2006 zu sehen. Dieses Gesetz tritt ab 1. Mai 2009 in Kraft.
Da der Arbeitsbereich Buchhaltung dem Verwaltungsbereich „Finanzwesen“ zuzuordnen ist, sind die kirchlichen Verwaltungszentren verpflichtet, die in der Anlage „Leistungskatalog“ festgelegten Grundleistungen zu erbringen, denen auch der Verwaltungsbereich Finanzwesen angehört.
Sämtliche bisher durch die Mitarbeiterin M auszuführenden Tätigkeiten finden sich in dem Leistungskatalog zum KKVwG wieder.
Die Kirchengemeinden müssen nach § 2 Abs. 2 KKVwG die genannten Grundleistungen abnehmen. Ein Wahlrecht besteht nicht. Die Kirchengemeinde ist demnach kraft Gesetzes verpflichtet, ihre Verwaltungsgeschäfte im Bereich Finanzwesen und damit auch die Buchhaltung durch das kirchliche Verwaltungszentrum des zukünftigen Kirchenkreises K erledigen zu lassen. Damit entfällt der Arbeitsbereich Buchhaltung, den die ordentlich nicht mehr kündbare Mitarbeiterin M innehatte.
Die Antragstellerin behauptet, eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in der Kirchengemeinde bestehe nicht. Da es jedoch einen vergleichbaren Arbeitsplatz als Buchhalterin mit der bisherigen vertraglichen Arbeitszeit und unter Wahrung sämtlicher erworbener Besitzstände, einschließlich der Beschäftigungszeit gebe, wäre eine Weiterbeschäftigung der Frau M in N bzw. K möglich. Die Mitarbeiterin hat diesen Arbeitsplatz jedoch abgelehnt.
Die Antragstellerin ist der Meinung, eine Sozialauswahl sei hier nicht durchzuführen, da keine vergleichbaren Arbeitnehmer vorhanden seien.
Die Antragstellerin beantragt,
festzustellen, dass für die Verweigerung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist der Mitarbeiterin der Kirchengemeinde G, Frau M, kein Grund gem. § 41 MVG.EKD vorliegt.
Die Mitarbeitervertretung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin hat sich schriftlich im Wesentlichen nicht eingelassen, weil sie bisher der Meinung war, man befinde sich noch im Stadium nicht abgeschlossener Erörterungen.
Die Antragsgegnerin trägt jedoch unbestritten vor, Frau M habe bereits in der Kindertagesstätte, der Sachbearbeitung, in Friedhofsangelegenheiten, Bauangelegenheiten Vertretung gemacht.
Darüber hinaus werde Frau S, die Sekretärin, zum 30. Juni 2009 eine Stundenerhöhung um 5 Stunden erhalten, dem die Mitarbeitervertretung auch zugestimmt hat.

II.

Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
Nach dem unstreitigen Sachverhalt liegt sehr wohl in der Verweigerung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist der Mitarbeiterin M ein Grund gem. § 41 MVG.EKD vor.
Die Kündigung der Frau M wäre nämlich unwirksam.
Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer außerordentlich kündigen, wenn wichtige Gründe vorliegen, durch die ein Festhalten am Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf des Arbeitsverhältnisses bzw. einer Kündigungsfrist nicht mehr zugemutet werden kann.
Bekanntlich kann Frau M aufgrund ihrer Betriebszugehörigkeit gem. § 27 KAT nur noch außerordentlich gekündigt werden.
Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ist jedoch eine außerordentliche Beendigungskündigung aus betrieblichen Gründen nach § 626 BGB zwar nicht in jedem denkbaren Fall ausgeschlossen. Vielmehr sind Extremfälle möglich, in denen eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung mit notwendiger Auslauffrist nach § 626 BGB in Betracht kommen kann, wenn nämlich das Arbeitsverhältnis als Austauschverhältnis auf Dauer sinnentleert ist, weil Arbeitsleistung nicht mehr erbracht werden kann und deswegen auf unzumutbar lange Zeit Vergütung ohne Gegenleistung bezahlt werden müsste („Heizer auf der E-Lok“ vgl. BAG 5. Februar 1998 – 2 AZR 227/97 m. w. N.). Danach sind die Anforderungen an die Wirksamkeit einer betriebsbedingten außerordentlichen Kündigung nach § 626 BGB gegenüber einem nach § 27 KAT aus betriebsbedingten unkündbaren Angestellten erheblich. Schon nach § 1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz ist eine – hier tariflich ausgeschlossene – ordentliche Kündigung nur aus dringenden betrieblichen Erfordernissen möglich und eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers, ggf. nach zumutbaren Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen, muss, soweit möglich, an einem anderen Arbeitsplatz erfolgen. Für die außerordentliche Kündigung müssen die Anforderungen deutlich darüber hinausgehen. Das Betriebsrisiko hat der Arbeitgeber zu tragen.
Im vorliegenden Fall hat die Mitarbeitervertretung Beschäftigungsmöglichkeiten genannt, in denen Frau M ohne weiteres tätig werden könnte. In welchem Umfang und mit welchem eventuell noch zu leistenden Umschulungsaufwand zu rechnen sein wird, kann momentan nicht beurteilt werden, da die Beteiligten hierzu keine Angaben gemacht haben. Fest steht jedoch, dass die Kirchengemeinde in ihrem Kündigungsbegehren weit weg von den Anforderungen ist, die erfüllt werden müssen bei Kündigung eines tariflich ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers.
Es war aus diesem Grunde wie geschehen zu entscheiden.
gez. Faust
(Vorsitzender Richter)