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Kirchengericht:Kirchengericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:28.08.2014
Aktenzeichen:NK-MG 1-20/2013
Rechtsgrundlage:MVG-EKD: § 38 Absatz 1, 2 und 4, § 42 Buchstabe c, § 60 Absatz 5, § 14 Absatz 2; Entgeltordnung (Anlage 1 zum KAT): Abteilung 1 Allgemein, Entgeltgruppen K 8 und 9
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:
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Leitsatz:

  • Eingruppierung einer Mitarbeiterin im Allgemeinen kirchlichen Dienst
    (Abteilung 1 Allgemein der Entgeltordnung – Anlage 1 zum KAT)
  • Voraussetzung für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe K 9 der Abteilung 1 ist, dass die Mitarbeiterin die tarifrechtlichen Kriterien der Entgeltgruppe K 8 erfüllt. Die ihr übertragenen Tätigkeiten müssen u. a. umfassende Fachkenntnisse erfordern, die „in der Regel“ durch ein abgeschlossenes Fachhochschulstudium bzw. durch ein mit einem akademischen Grad des Bachelors abgeschlossenes Hochschulstudium oder eine fachbezogene Ausbildung von mehr als zwei Jahren und eine erforderliche Zusatzqualifikation erworben werden.
    Eine Formulierung, wonach bestimmte Fertigkeiten „in der Regel“ auf bestimmten Wegen erworben werden, lässt aber Ausnahmen zu.
    Eine solche Ausnahme wird vorliegend von der Kammer bejaht.
  • Zum Kriterium der besonders verantwortungsvollen Tätigkeiten in der Entgeltgruppe K 9 Alternative 2.
    Hier bejaht, da der Schwerpunkt der Tätigkeit der Mitarbeiterin darin liegt, die Freizeitheime des Anstellungsträgers betriebswirtschaftlich selbstständig zu leiten und deren Vermarktung einschließlich der Außendarstellung in Foldern (Faltblättern, Flyern, Prospekten) und im Internet zu gewährleisten. Zusätzlich sind auch die Buchungen bis einschließlich zur Abrechnung von ihr zu betreuen. Darüber hinaus obliegt ihr die Haustechnik und hat sie sich selbstständig um anfallende Reparaturarbeiten und Renovierungsleistungen in den Jahrzehnte alten Häusern der Antragstellerin zu kümmern.

Tenor:

Es wird festgestellt, dass für die Mitarbeitervertretung ein Grund für die Verweigerung der Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung der Mitarbeiterin M in die Entgeltgruppe K 9 Alternative 2 der Abteilung 1 Allgemein der Entgeltordnung nicht vorliegt.

Gründe:

1.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragsgegnerin zu Recht die Zustimmung zu einer beabsichtigten Eingruppierung der Mitarbeiterin M in die Entgeltgruppe K 9 Alternative 2 der Abteilung 1 Allgemein der Entgeltordnung verweigert hat.
Die Antragsgegnerin ist die bei dem Antragsteller gebildete Mitarbeitervertretung. Der Antragsteller beschäftigt Frau M als Bereichsleiterin für den Bereich „Freizeitheime“. Frau M sind Aufgaben übertragen, wie sie sich aus der Auflistung der Arbeitsvorgänge ergeben. Der vom Antragsteller beabsichtigten Eingruppierung von Frau M in die Entgeltgruppe K 9 gem. KAT Anlage 1 Abteilung 1 hat die Antragsgegnerin ihre Zustimmung verweigert.
Der Antragsteller ist der Auffassung, dass es keinen Grund für die Antragsgegnerin gäbe, die begehrte Zustimmung zu verweigern. Frau M sei unmittelbar der Geschäftsführung unterstellt; ihr gleichgeordnet und ebenfalls nach Entgeltgruppe K 9 eingruppiert sei die Leiterin des Bereichs „Immobilien und Controlling“. Frau M obliege die betriebswirtschaftliche Leitung der drei Freizeitheime des Antragstellers, von denen sich eines in A befindet, ein weiteres auf B und ein drittes bei C. Frau M sei verantwortlich für die Vermarktung der vorgenannten Einrichtungen an die Mitgliedsgemeinden und an Dritte, also dafür, dass die Heime nach Möglichkeit durchgängig vollständig belegt sind. Dies sei mit einem erheblichen Maß an Verantwortung verbunden, weil unzureichend ausgelastete Freizeitheime in wirtschaftlicher Hinsicht für den Antragsteller nicht tragbar wären und das Erfordernis einer Schließung einzelner Heime begründen könnten. Frau M sei es jedoch gelungen, durch ihre Tätigkeit eine erhebliche Steigerung der Einnahmen für die Freizeitheime auf B und in A zu bewirken. Die von Frau M zu leistenden Tätigkeiten setzten umfassende Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen voraus; außerdem habe sie besonders verantwortungsvolle Tätigkeiten zu leisten. Frau M habe eine Ausbildung als Verlagskauffrau abgeschlossen sowie eine einjährige Ausbildung „Media Training Plus“ mit abschließender Diplomarbeit zur geprüften Mediaplanerin absolviert und darüber hinaus Weiterbildungsmaßnahmen zur Internetprogrammierung durchlaufen. Damit verfüge sie über umfassende Fachkenntnisse. Die besonders verantwortungsvollen Tätigkeiten ergäben sich aus der Auswirkung der im Rahmen des vorhandenen Entscheidungsspielraumes für den Anstellungsträger wahrgenommenen Verantwortung; der Entscheidungsspielraum sei erheblich. Die Verantwortung für die betriebswirtschaftliche Leitung und den wirtschaftlichen Erfolg dreier Freizeitheime sei als herausgehoben zu bezeichnen. Da Frau M praktisch völlig selbstständig über alle erforderlichen Maßnahmen entscheide, sei das Erfordernis eines erheblichen Entscheidungsspielraumes erfüllt.
Der Antragsteller beantragt
festzustellen, dass die Antragsgegnerin keinen Grund hat, die Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung der Mitarbeiterin Frau M in die Entgeltgruppe K 9 der Abteilung 1 der Entgeltordnung (Anlage 1 zum KAT) zu verweigern.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, für die übertragenen Tätigkeiten sei im Bereich der Geschäftsstellentätigkeit eine Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten, mithin eine mehr als zweijährige Ausbildung, erforderlich. Ähnlich sieht die Antragsgegnerin es hinsichtlich der Zuarbeit der Gremienarbeit und auch für die Tätigkeiten, die Belegungsstatistiken, Buchungen und die Schnittstelle zur Haustechnik/Hausverwaltung umfassen. Aus Sicht der Antragsgegnerin wäre die Tätigkeit in die Entgeltgruppe K 6, bei selbstständiger Tätigkeit in die K 7 einzugruppieren, keinesfalls aber in die Entgeltgruppen K 8 oder K 9. Tätigkeiten, die ein Fachhochschulstudium voraussetzen würden, wie es Voraussetzung für die Eingangseingruppierung in die K 8 wäre, seien vorliegend nicht erkennbar.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die schriftsätzlichen Ausführungen sowie auf die mündlichen Erörterungen in der Kammerverhandlung am X.Y.2014 Bezug genommen.

2.

Der Antrag ist zulässig und begründet.
Die Kammer hat nach Würdigung des gesamten schriftlichen und mündlichen Vorbringens der Beteiligten nicht feststellen können, dass für die Antragsgegnerin ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung nach § 41 MVG.EKD vorliegt. Damit gilt die erforderliche Zustimmung der Antragsgegnerin zur beabsichtigten Eingruppierung von Frau M in die Entgeltgruppe K 9 nach § 60 Absatz 5 MVG.EKD als ersetzt.
Vorliegend geht es inhaltlich um die Eingruppierung der von Frau M verrichteten Tätigkeit und damit um einen Fall der eingeschränkten Mitbestimmung gem. § 42 c) MVG.EKD. Gem. § 41 MVG.EKD darf die Mitarbeitervertretung in einem solchen Fall ihre Zustimmung nur verweigern, wenn einer der in § 41 Absatz 1 a - c MVG.EKD aufgelisteten Fälle vorliegt. Liegt keiner der dort genannten Zustimmungsverweigerungsgründe vor, dann hat das Kirchengericht dies festzustellen und damit die Zustimmung der Mitarbeitervertretung als ersetzt zu betrachten.
Die Auflistung der Zustimmungsverweigerungsgründe in § 41 MVG.EKD ist abschließend; andere als die dort genannten Zustimmungsverweigerungsgründe kann die Mitarbeitervertretung nicht geltend machen.
a) Ein Zustimmungsverweigerungsgrund ergibt sich jedenfalls nicht aus § 41 Absatz 1 a) MVG.EKD. Die beabsichtigte Eingruppierung von Frau M verstößt weder gegen Vertragsbestimmungen, Dienstvereinbarungen, eine Verwaltungsanordnung, eine andere bindende Bestimmung oder eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung.
b) Auch einen Verstoß gegen eine Rechtsvorschrift sieht die Kammer hier nicht. Die Kammer ist aber auch nicht zu der Überzeugung gelangt, dass mit der hier beabsichtigten Eingruppierung gegen den Tarifvertrag und damit gegen eine Rechtsnorm verstoßen werde.
Nach dem Ergebnis der mündlichen Erörterungen in der Kammerverhandlung am X.Y.2014 ist die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass die von Frau M zu leistenden Tätigkeiten sowohl umfassende Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen erfordern als auch besonders verantwortungsvolle Tätigkeiten sind.
aa) Richtig ist, dass Frau M weder ein Fachhochschulstudium noch ein Hochschulstudium mit dem akademischen Grad des Bachelors abgeschlossen hat. Jedoch hat sie mit ihrer Ausbildung zur Verlagskauffrau eine fachbezogene Ausbildung von mehr als zwei Jahren abgeschlossen und sie hat auch eine Zusatzqualifikation, nämlich die Ausbildung zur geprüften Mediaplanerin, erfolgreich absolviert. Im Übrigen lässt die Formulierung in der Entgeltgruppe K 8 der Abteilung 1 Allgemein der Entgeltordnung weitere Möglichkeiten des Erwerbs umfassender Fachkenntnisse zu. Denn diese werden nach dem Wortlaut des Tarifvertrages zwar „in der Regel“ durch ein Fachhochschulstudium, ein Bachelorstudium oder eine fachbezogene Ausbildung und erforderliche Zusatzqualifikation erworben. Eine Formulierung, wonach bestimmte Fertigkeiten „in der Regel“ auf bestimmten Wegen erworben werden, lässt aber Ausnahmen zu.
bb) Zur Überzeugung der Kammer sind für die Tätigkeiten, die Frau M zu verrichten hat, umfassende Fachkenntnisse erforderlich. Zum einen wird Frau M abverlangt, die Geschäftsstelle aufzubauen und zu pflegen und in den Gremien mitzuarbeiten. Zum anderen, und darin liegt der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit, hat sie die Freizeitheime betriebswirtschaftlich selbstständig zu leiten und deren Vermarktung einschließlich der Außendarstellung in Foldern (Faltblättern, Flyern, Prospekten) und im Internet zu gewährleisten. Auch die Buchungen sind von ihr bis einschließlich zur Abrechnung zu betreuen. Darüber hinaus hat Frau M sich um die Haustechnik und damit beispielsweise um anfallende Reparaturarbeiten und Renovierungsleistungen in den Jahrzehnte alten Häusern der Antragstellerin selbstständig zu kümmern.
Allein die Tätigkeiten, die Frau M im Zusammenhang mit der betriebswirtschaftlichen Leitung der Freizeitheime verrichtet, umfassen einen Zeitanteil von 50 % und verlangen ihr zur Überzeugung der Kammer sowohl umfassende Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen als auch besonders verantwortungsvolle Tätigkeiten ab. Denn Frau M hat dafür zu sorgen, dass die Freizeitheime gut belegt, gut gepflegt und wirtschaftlich ertragreich geführt werden. Dazu hat sie alle Arbeiten von der Vermarktung und der Anwerbung von buchenden Gruppen über das Abrechnen der Buchungen bis zur Reparatur und Pflege der Heime zu leisten.
cc) Vor diesem Hintergrund sieht die Kammer die beabsichtigte Eingruppierung der Mitarbeiterin M in die Entgeltgruppe K 9 nicht als tarifwidrig an. Hierin liegt auch nicht ein Verstoß gegen Rechtsvorschriften.
c) Schließlich gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es durch die beabsichtigte Eingruppierung von Frau M in die Entgeltgruppe K 9 zu einer Benachteiligung anderer Mitarbeitender käme oder dass eine Störung des Friedens in der Dienststelle zu befürchten sei, so dass insoweit auch keine Zustimmungsverweigerungsgründe der Antragsgegnerin gemäß § 41 Absatz 1 b) und c) MVG.EKD vorliegen.
d) Vor diesem Hintergrund sieht die Kammer eine begründete Zustimmungsverweigerung der Antragsgegnerin zur beabsichtigen Eingruppierung von Frau M in die Entgeltgruppe K 9 der Abteilung 1 nicht, weshalb dem Antrag des Antragstellers stattzugeben war.
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Raasch-Sievert