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Kirchengericht:Kirchengericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:03.11.2014
Aktenzeichen:NK-MG 4-23/2014
Rechtsgrundlage:MVG-EKD: § 38 Absatz 1, 2 und 4, § 42 Buchstabe c, § 60 Absatz 5; AVR DWM: § 12; KAVO-MP: § 11; Eingruppierungsordnung, Anlage 4 zur KAVO-MP B.7 Kranken- und Pflegedienst: Entgeltgruppen E 7 und E 8
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:
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Leitsatz:

  • Eingruppierung einer Pflegefachkraft in einem Psychiatrischen Pflegewohnheim, auf deren Arbeitsverhältnis die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes in Mecklenburg-Vorpommern e. V. (AVR DWM) Anwendung finden
  • Die Eingruppierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter richtet sich nach § 12 AVR DWM und der Anlage 1 der AVR DWM.
  • Maßgebliche Kriterien für die Eingruppierung von Pflegekräften in die Entgeltgruppen 7 und 8 nach AVR DWM
  • Pflegefachkräfte im Psychiatrischen Pflegewohnheim in Y erfüllen in der Regel die Voraussetzungen der Entgeltgruppe 7, nicht jedoch der Entgeltgruppe 8 AVR. Ihnen sind gewöhnlich Tätigkeiten übertragen, die Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraussetzen. Maßstab für das Fachwissen in dieser Entgeltgruppe sind solche Kenntnisse, wie sie in der Regel durch eine dreijährige Fachschulausbildung erworben werden (Anmerkung 6 zur Entgeltgruppe 7). In den Richtbeispielen sind insbesondere die Ausbildungen zu Alten-, Gesundheits- und Krankenpflegern erwähnt.
    Ein erweitertes Fachwissen im Sinne der Entgeltgruppe 8 ist nicht erforderlich. Es sind keine Kenntnisse notwendig, die über die einschlägige Berufsausbildung hinausgehen.

Tenor:

Es wird festgestellt, dass für die Antragsgegnerin kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterin M in die Entgeltgruppe 7 A des Eingruppierungskatalogs Anlage 1 AVR DWM zu § 12 AVR DWM vorliegt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Mitarbeitervertretung berechtigt war, die Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung der Mitarbeiterin M, die seit dem X.Y.2014 unbefristet als Pflegefachkraft bei der Antragstellerin (künftig Dienstgeberin) beschäftigt ist, zu verweigern.
Die Mitarbeitervertretung hat der beabsichtigten Einstellung von Frau M zugestimmt, die Zustimmung zur Eingruppierung in die Entgeltgruppe 7 AVR DWM allerdings verweigert. Zur Begründung hat sie mit Schreiben vom X.Y.2014 darauf abgestellt, dass „die Maßnahme gegen eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung verstoße“ und in diesem Zusammenhang auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgericht vom 20.06.2012 (4 AZR 438/10) Bezug genommen. Danach seien Pflegefachkräfte in die Entgeltgruppe 8 AVR DWM eingruppiert.
Die Dienstgeberin beschäftigt etwa 1.400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in verschiedenen Einrichtungen. Auf die Arbeitsverhältnisse der bei ihr Beschäftigten finden die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes in Mecklenburg-Vorpommern e. V. (AVR DWM) in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung.
In Y betreibt die Dienstgeberin ein Psychiatrisches Pflegewohnheim. Dieses verfügt über 61 Plätze, von denen 48 Plätze im offenen Bereich für chronisch psychisch kranke Menschen mit Pflegebedarf sowie 13 Plätze im geschlossenen Bereich für psychisch kranke Menschen, die einer geschlossenen geschützten Unterbringung bedürfen, zur Verfügung stehen. Frau M ist ausschließlich im Bereich der offenen Heimunterbringung tätig.
Alle Bewohner des Psychiatrischen Pflegewohnheims benötigen auf Grundlage der jeweiligen Pflegestufe pflegerische Hilfe. Die Pflege erfolgt nach dem Bezugspflegesystem. Die Bezugsperson ist eine Pflegefachkraft. Sie erstellt die individuelle Pflegeplanung und überwacht die Umsetzung der geplanten Maßnahmen. Sie ist ansprechbar, wenn der Bewohner Wünsche und Probleme hat und geht auf dessen Bedürfnisse ein. Sie hält Kontakt zu Angehörigen und gesetzlichen Betreuern. In der Einrichtung werden sowohl Leistungen der Pflege wie auch Leistungen der Eingliederungshilfe erbracht.
Die als Pflegefachkräfte eingesetzten Mitarbeiter haben nach der aktuellen Stellenbeschreibung 04.05.2012, auf die Bezug genommen wird, unter anderem folgende Aufgaben:
„…
4. Ziel der Stelle
Die Pflegefachkraft handelt im Sinne des diakonischen Leitbildes des Diakoniewerkes X. Sie ist verantwortlich, dass die im Rahmen der Einrichtungskonzeption und des gesetzlichen Auftrags zu erbringenden Pflegeleistungen erbracht werden.
5. Tätigkeitsprofil
Abgeleitet aus dem Ziel unter Punkt 4 ist die Pflegefachkraft verantwortlich für die selbstständige Kenntnisnahme und Umsetzung von Pflegeprozessmodell, Pflegesystem und Pflegekonzept der Einrichtung in die Pflegepraxis. Hierfür gelten die jeweils aktuellen, allgemein anerkannten beruflichen Normen und die Standards und Regeln der Einrichtung.
Sie ist zuständig für alle Tätigkeiten aus den Bereichen der Grund- und Behandlungspflege, der psychosozialen Betreuung, den notwendigen pflegenahen hauswirtschaftlichen Arbeiten sowie eine angemessene Kommunikation und Kooperation mit Angehörigen/gesetzlichen Vertretern der Kunden. Dabei ist die Durchführung einer an den physischen, psychischen und psychosozialen Bedürfnissen der Kunden orientierten bestmöglichen Pflege, die auf Empathie und Wertschätzung und einer reflektiert-akzeptierenden Grundhaltung beruht, selbstverständlich.
Die Pflegefachkraft ist verantwortlich für die sach- und fachgerechte Anleitung der Pflegehelfer. Ferner ist sie verantwortlich für die Durchführung der sachlich richtigen und lückenlosen Dokumentation der Leistungen.
Im Übrigen hat die Pflegefachkraft ihre Zusammenarbeit mit den anderen Stellen der Einrichtung/des Rechtsträgers so zu gestalten, dass der Informationsfluss jederzeit reibungslos funktioniert und insgesamt eine gute Zusammenarbeit gewährleistet ist.
6. Kompetenzen
Die Pflegefachkraft hat Handlungs- und Entscheidungskompetenz in der allgemeinen und speziellen Pflege und in Bezug auf Tätigkeiten, die eine umfassende fach- und sachgerechte Pflege sicherstellen. Besondere Vorschriften, die der Zuständigkeit einer anderen Stelle vorbehalten sind, sind hierbei zu beachten.
Sie hat die entsprechende Ausführungskompetenz mit der Verpflichtung, die übertragenen Tätigkeiten im Rahmen der Zielvorgaben und des Tätigkeitsprofils eigenständig und qualitätsgerecht auszuführen.
Die Pflegefachkraft hat eine Beratungskompetenz in Bezug auf das jeweilige Arbeitsteam sowie die jeweilige Wohnbereichsleitung in organisatorischen und pflegefachlichen Fragen.
…“.
Als fachliche Qualifikation für die Tätigkeit als Pflegefachkraft wird eine abgeschlossene Ausbildung und staatliche Anerkennung als Altenpfleger/in oder Gesundheits- und Krankenpflegerin vorausgesetzt.
Zwischen den Beteiligten besteht Einigkeit über die sich aus der Stellenbeschreibung ergebenden Aufgaben. Uneinigkeit besteht in der Bewertung der Tätigkeiten, also in der Frage, ob diese Tätigkeiten als psychiatrische Tätigkeiten bzw. als Tätigkeiten, die vertieftes oder erweitertes Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraussetzt, zu bewerten sind.
Die Dienststellenleitung beantragt,
gemäß den §§ 42 Buchstabe c, 38 Abs. 1, 41, 60 Abs. 5 MVG EKD festzustellen, dass für die Antragsgegnerin kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterin M in die Entgeltgruppe 7 A des Eingruppierungskatalogs Anlage 1 AVR DWM zu § 12 AVR DWM vorliegt.
Die Mitarbeitervertretung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Die Mitarbeitervertretung ist der Auffassung, dass die Pflegefachkräfte entgegen der Ansicht der Dienstgeberin in die Entgeltgruppe 8 eingruppiert seien. Dazu hat sie sich zunächst darauf berufen, dass seitens der Dienststellenleitung ein Verstoß gegen die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20.06.2012 vorliege. Danach stehe fest, dass der entsprechende Personenkreis wegen Erfüllung des Richtbeispiels in die Entgeltgruppe 8 eingruppiert sei. Weiter ist die Mitarbeitervertretung der Auffassung, dass die Pflegefachkräfte auch unter Berücksichtigung des neuen, seit dem 01.05.2014 geltenden, Richtbeispiels in die Entgeltgruppe 8 eingruppiert seien.
Auch unabhängig von einem Richtbeispiel sei die Entgeltgruppe 8 zutreffend.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Der Antrag der Dienststellenleitung ist begründet. Die Mitarbeitervertretung hatte keinen Grund, die Zustimmung zur Eingruppierung der Pflegefachkraft in die Entgeltgruppe 7 zu verweigern.
Die Mitarbeitervertretung hat nach § 42 Buchstabe c MVG.EKD ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht bei Ein- und Umgruppierungen. Sie kann ihre Zustimmung nur verweigern, wenn die Maßnahme gegen eine Rechtsvorschrift verstößt (§ 41 Abs. 1 Buchstabe a MVG.EKD).
Die Eingruppierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter richtet sich nach § 12 AVR DWM und der Anlage 1 der AVR DWM.
„...
§ 12 Eingruppierung
( 1 ) Die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter ist nach den Merkmalen der übertragenen Tätigkeiten in die Entgeltgruppen gemäß der Anlage 1 eingruppiert. Die Tätigkeiten müssen ausdrücklich übertragen sein (z. B. im Rahmen von Aufgaben- oder Stellenbeschreibungen). Die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter erhält Entgelt nach der Entgeltgruppe, in die sie bzw. er eingruppiert ist. Die Dienstgeberin bzw. der Dienstgeber hat die Entgeltgruppe der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter schriftlich mitzuteilen.
( 2 ) Die Eingruppierung der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters erfolgt in die Entgeltgruppe, deren Tätigkeitsmerkmale sie bzw. er erfüllt und die der Tätigkeit das Gepräge geben. Gepräge bedeutet, dass die entsprechende Tätigkeit unverzichtbarer Bestandteil des Arbeitsauftrages ist.
( 3 ) Für die Eingruppierung ist nicht die berufliche Ausbildung, sondern allein die Tätigkeit der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters maßgebend. Entscheidend ist die für die Ausübung der beschriebenen Tätigkeit in der Regel erforderliche Qualifikation, nicht die formale Qualifikation der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters.
( 4 ) Die Eingruppierung der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters richtet sich nach den Obersätzen der Entgeltgruppe, die für die Tätigkeitsbereiche in den Untersätzen näher beschrieben werden. Den Sätzen sind Richtbeispiele zugeordnet, die häufig anfallende Tätigkeiten in dieser Eingruppierung benennen.
( 5 ) ...
...
Anlage 1
EINGRUPPIERUNGSKATALOG
...
Entgeltgruppe 7 (Anm. 5, 6, 11, 15)
A.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Tätigkeiten, die Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraussetzen
Hierzu gehören Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
1.
mit eigenständiger Wahrnehmung von Aufgaben (Anm. 6) in den Tätigkeitsbereichen
a.
Pflege/Betreuung/Erziehung,
b.
Handwerklicher Erziehungsdienst,
c.
Nichtärztlicher medizinischer Dienst;
2.
mit eigenständiger Wahrnehmung (Anm. 5) von komplexen (Anm. 15) Aufgaben in den Tätigkeitsbereichen
a.
Hauswirtschaft/Handwerk/Technik,
b.
Verwaltung,
c.
Nichtärztlicher medizinischer Dienst.
Richtbeispiele:
Alten-, Gesundheits- und Krankenpflegerin,
Erzieherin,
Heilerziehungspflegerin,
Gruppenleiterin in einer Werkstatt für behinderte Menschen,
Med.-technische Radiologieassistentin,
Physiotherapeutin,
Ergotherapeutin,
Arbeitserzieherin,
Finanzbuchhalterin,
Personalsachbearbeiterin,
Med.-technische Assistentin.
B.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Entgeltgruppe 6
(Anm. 5) mit Leitungsaufgaben (Anm. 11) im Tätigkeitsbereich Hauswirtschaft/Handwerk/Technik.
Richtbeispiele:
Küchenleiterin,
Leiterin von Handwerksbetrieben.
Entgeltgruppe 8 (Anm. 6, 7, 10, 11, 14)
A.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Tätigkeiten, die vertieftes oder erweitertes Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraussetzen
Hierzu gehören Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit
1.
eigenständiger Wahrnehmung (Anm. 6) von schwierigen (Anm. 14) Aufgaben in den Tätigkeitsbereichen
a.
Pflege/Betreuung/Erziehung,
b.
Nichtärztlicher medizinischer Dienst;
2.
verantwortlich wahrzunehmenden Aufgaben (Anm. 7) in den Tätigkeitsbereichen
a.
Verwaltung,
b.
Lehre/Bildung/Ausbildung.
Richtbeispiele:
Gesundheitspflegerin im OP-Dienst, in der Intensivpflege oder Psychiatrie (alte Fassung),
Gesundheits- und Krankenpfleger/in im OP-Dienst und in der Intensivpflege, Fachpflegekräfte in den Einrichtungen der Psychiatrie mit spezifisch psychiatrisch-pflegerischen Tätigkeiten oder Gesundheits- und Krankenpfleger/in mit vergleichbaren Aufgaben (Fassung seit 1.5.2014)
Erzieherin mit speziellen Aufgaben und entsprechenden Kenntnissen,
Heilerziehungspflegerin mit speziellen Aufgaben und entsprechenden Kenntnissen,
Bilanzbuchhalterin,
Unterrichtsschwester.
B.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Entgeltgruppe 7
1.
mit eigenständiger Wahrnehmung von Aufgaben (Anm. 6) und Leitungsaufgaben (Anm. 11) in den Tätigkeitsbereichen
a.
Pflege/Betreuung/Erziehung,
b.
Nichtärztlicher medizinischer Dienst;
2.
in der Leitung (Anm. 10) im Tätigkeitsbereich Hauswirtschaft/Handwerk/Technik.
Richtbeispiele:
Stationsleiterin,
Wohnbereichsleiterin,
Leitende Med.-technische Assistentin,
Leitende Physiotherapeutin,
Leitende Diätassistentin,
Hauswirtschaftsleiterin/hauswirtschaftliche Betriebsleiterin.
...
...
Die entsprechenden Anmerkungen lauten unter Anderem:
Anmerkungen:
( 5 ) Die eigenständig wahrgenommenen Aufgaben der Entgeltgruppe 6 und der Entgeltgruppe 7 Teil A Nr. 2 setzen mindestens erweiterte und vertiefte Kenntnisse und entsprechende Fähigkeiten voraus, die i. d. R. durch eine mindestens zweieinhalbjährige Berufsausbildung, aber auch anderweitig erworben werden können. Eigenständig wahrgenommen bedeutet, dass für die Erledigung der übertragenen Aufgaben Entscheidungen über Mittel und Wege zur Erreichung von Arbeitsergebnissen selbst getroffen werden. Die Aufgaben beinhalten Tätigkeiten, die in verschiedenen Arbeitssituationen in unterschiedlichem Maße anfallen und wechselnde Anforderungen stellen.
( 6 ) Die eigenständig wahrgenommenen Aufgaben der Entgeltgruppe 7 und 8 setzen Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraus, die i. d. R. durch eine dreijährige Fachschulausbildung, aber auch anderweitig erworben werden können. Eigenständig wahrgenommen bedeutet, dass für die Erledigung der übertragenen Aufgaben Entscheidungen über Mittel und Wege zur Erreichung von Arbeitsergebnissen selbst getroffen werden. Die Aufgaben, die im Klientenbezug weitergehende emotionale und soziale Kompetenz erfordern, beinhalten Tätigkeiten, die in verschiedenen Arbeitssituationen in unterschiedlichem Maße anfallen und wechselnde Anforderungen stellen.
( 7 ) Die verantwortlich wahrzunehmenden Aufgaben der Entgeltgruppe 8 setzen vertieftes oder erweitertes Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraus, die in der Regel durch eine dreijährige Fachschulausbildung oder eine mindestens zweieinhalbjährige Berufsausbildung mit Weiterqualifikationen aber auch anderweitig erworben werden können. Verantwortlich wahrgenommen bedeutet, dass Ziele und die dazu benötigten Lösungswege selbstständig erarbeitet werden.
...
( 14 ) Schwierige Aufgaben weisen fachliche, organisatorische, rechtliche oder technische Besonderheiten auf, die vertiefte Überlegung und besondere Sorgfalt erfordern.
...“
Diese Regelungen zugrunde gelegt erfüllen die Pflegefachkräfte im Psychiatrischen Pflegewohnheim in Y die Voraussetzungen der Entgeltgruppe 7, nicht jedoch der Entgeltgruppe 8 AVR. Ihnen sind Tätigkeiten übertragen, die Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraussetzen. Maßstab für das Fachwissen in dieser Entgeltgruppe sind solche Kenntnisse, wie sie in der Regel durch eine dreijährige Fachschulausbildung erworben werden (Anmerkung 6). In den Richtbeispielen sind insbesondere die Ausbildungen zu Alten-, Gesundheits- und Krankenpflegern erwähnt. Ein erweitertes Fachwissen im Sinne der Entgeltgruppe 8 ist nicht erforderlich. Es sind keine Kenntnisse notwendig, die über die einschlägige Berufsausbildung hinausgehen. Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass eine zusätzliche Ausbildung oder langjährige Erfahrungen Bedingung sind, um die Aufgaben ordnungsgemäß zu erledigen.
1.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts handelt es sich bei kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen zwar nicht um Tarifverträge im Sinne des Tarifvertragsgesetzes, weil sie nicht nach dessen Maßgabe zustande gekommen sind (vgl. BAG, Urteil vom 20. Juni 2012 – 4 AZR 438/10 –). Gleichwohl erfolgt die Auslegung der Arbeitsvertragsrichtlinien nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nach den gleichen Grundsätzen, wie sie für die Tarifauslegung maßgeblich sind. Danach ist vom Wortlaut der AVR auszugehen und anhand dessen der Sinn der Erklärung zu erforschen, ohne am Wortlaut zu haften. Der wirkliche Wille der Richtliniengeber und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Bestimmungen ist mit zu berücksichtigen, soweit sie in den Vorschriften der AVR ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist auch auf den systematischen Zusammenhang. Bei der Auslegung von Tarifverträgen sind die Erfordernisse eines Tätigkeitsmerkmales einer Entgeltgruppe regelmäßig dann als erfüllt anzusehen, wenn der Arbeitnehmer eine dem in der Vergütungsgruppe genannten Regel- oder Richtbeispiel entsprechende Tätigkeit ausübt. Das beruht darauf, dass die Tarifvertragsparteien selbst im Rahmen ihrer rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten gewisse häufig vorkommende und typische Aufgaben einer bestimmten Vergütungsgruppe fest zuordnen können. Dies entspricht den bei der Tarifauslegung besonders wichtigen Grundsätzen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit, denen Tarifvertragsparteien bei der Abfassung von Tarifnormen im Allgemeinen gerecht werden wollen. Auf die allgemeinen Merkmale muss nur dann zurückgegriffen werden, wenn die vom Arbeitnehmer ausgeübte Tätigkeit von einem Tätigkeitsbeispiel nicht oder nicht voll erfasst wird. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn das Richtbeispiel in mehreren Vergütungsgruppen genannt ist oder wenn es selbst einen unbestimmten Rechtsbegriff enthält, der nicht aus sich selbst heraus ausgelegt werden kann. Dann sind die Merkmale der allgemeinen Anforderungen heranzuziehen. Soweit es nach der Tarifsystematik ausreicht, dass ein Regel- oder Richtbeispiel erfüllt ist, ist ein Rückgriff auf die Obersätze aber nicht nur überflüssig, sondern verbietet sich. Ansonsten würde die von dem Normgeber bewusst vorgenommene pauschalierende Bewertung, die er mit einem Richtbeispiel umgesetzt hat, nicht als solche akzeptiert, sondern in ihrer Plausibilität einer erneuten gerichtlichen Kontrolle unterworfen. Diese für tarifliche Vergütungsordnungen entwickelte Auslegungsregel gilt entsprechend auch für die hier streitigen Tätigkeitsmerkmale der AVR DWM (BAG, Urteil vom 20. Juni 2012 – 4 AZR 438/10 –).
2.
Das von der Mitarbeitervertretung zur Begründung ihrer Zustimmungsverweigerung herangezogene Urteil des Bundesarbeitsgerichts (4 AZR 438/10) kann die Zustimmungsverweigerung nicht (mehr) rechtfertigen. Der diesem Urteil zugrundeliegende Sachverhalt ist insoweit überholt, als die Arbeitsrechtliche Kommission des Diakonischen Werkes Mecklenburg in Reaktion auf diese Entscheidung das in der Entgeltgruppe 8 (alter Fassung) aufgeführte Richtbeispiel eines „Gesundheits- und Krankenpflegers in der Psychiatrie“ durch das neue o. g. Richtbeispiel mit Wirkung ab dem 01.05.2014 ersetzt hatte.
3.
Auch das neue Richtbeispiel, „Gesundheits- und Krankenpfleger/in im OP-Dienst und in der Intensivpflege, Fachpflegekräfte in den Einrichtungen der Psychiatrie mit spezifisch psychiatrisch-pflegerischen Tätigkeiten oder Gesundheits- und Krankenpfleger/in mit vergleichbaren Aufgaben“ ist im Rahmen der von den Pflegefachkräften geschuldeten Tätigkeiten nicht erfüllt. Dieses ergibt die Auslegung des Richtbeispiels.
Allerdings ist der Mitarbeitervertretung zuzugestehen, dass das Richtbeispiel nicht so trennscharf formuliert ist, dass keine Zweifel mehr verbleiben. Bei der Auslegung des Richtbeispiels kommt die Kammer jedoch mit der Dienstgeberin zu dem Ergebnis, dass die Entgeltgruppe 8 nur dann über ein Richtbeispiel einschlägig ist, wenn ein Gesundheits- oder Krankenpfleger in Einrichtungen der Psychiatrie mit spezifisch psychiatrisch-pflegerischen Tätigkeiten betraut ist. Folglich reicht es nicht mehr aus, wenn im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die pflegerische Tätigkeit in der Psychiatrie oder einer psychiatrischen Einrichtung erbracht wird. Vielmehr soll es sich um eine spezifisch psychiatrisch-pflegerische Tätigkeit handeln. Das prägende Element soll folglich nicht die Pflege als solche, sondern die psychiatrische Betreuung sein.
Dieses Ergebnis wird gestützt durch die Entstehungsgeschichte der Richtbeispielsänderung. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig und darüber hinaus gerichtsbekannt, dass diese Änderung letztlich die Reaktion der Arbeitsrechtlichen Kommission auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts war, um den ursprünglich gewollten Zustand zu manifestieren. Es sollte für die Erfüllung des Richtbeispiels für die Entgeltgruppe 8 eben nicht alleine ausreichend sein, dass die schwerpunktmäßig pflegerische Tätigkeit in der Psychiatrie erbracht wird.
Dafür, dass das Richtbeispiel unter Beachtung des Auslegungsergebnisses erfüllt ist, fehlt es an substantiiertem konkreten, auch den Umfang psychiatrischer Tätigkeit darstellendem Vortrag der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Mitarbeitervertretung. Auch die ausführliche Problematisierung dieser Frage in der mündlichen Verhandlung ergab keine neuen Erkenntnisse. Schließlich ergeben die von der Dienstgeberin vorgelegten Aufstellungen über die Tätigkeiten und deren zeitlichen Umfang der Pflegefachkräfte im Wohnbereich 1 und 2, dass es sich weit überwiegend um pflegerische Tätigkeiten handelt.
4.
Letztlich ist auch der weitere Vortrag der Mitarbeitervertretung nicht geeignet, eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 A 1. zu begründen. Danach ist ein Anspruch auf Eingruppierung in die vorbenannte Entgeltgruppe dann gegeben, wenn die prägenden Bestandteile der von dem Arbeitnehmer konkret auszuübenden Tätigkeit ein vertieftes oder erweitertes Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraussetzen.
Die benannten Merkmale sind für Mitarbeiter mit eigenständiger Wahrnehmung von schwierigen Aufgaben in dem Tätigkeitsbereich Pflege zu bejahen. Die prägenden Bestandteile der von dem Mitarbeiter konkret auszuübenden Tätigkeit müssen fachliche Besonderheiten aufweisen, die vertiefte Überlegung und besondere Sorgfalt erfordern.
aa)
Soweit die Mitarbeitervertretung der Auffassung ist, dass allein die Pflege psychisch erkrankter Menschen die benannten Voraussetzungen der Entgeltgruppe 8 erfüllt, kann dem nicht gefolgt werden.
Dabei soll hier nicht verkannt werden, dass die Pflegefachkräfte eine ausgesprochen anstrengende und anspruchsvolle Arbeitssituation vorfinden und zu bewältigen haben. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass auch die Pflegefachkräfte in anderen (Alten-) Pflegeheimen bei einer nach der Entgeltgruppe 7 vergüteten Tätigkeit vergleichbar belastende Arbeitsumstände vorfinden. So ist beispielsweise der Umgang mit demenzkranken Pflegefällen, die regelmäßig über ein erhöhtes Aggressionspotential verfügen, mit einer sehr hohen Belastung für die dort tätigen Mitarbeiter verbunden. Auch lässt sich nicht begründen, dass alle pflegebedürftigen Bewohner mit einem psychischen Krankheitsbild ausnahmslos und regelmäßig aggressiv gegenüber den dort beschäftigten Pflegefachkräften werden. Im Ergebnis lässt sich daher festhalten, dass bereits die Pflegefachkräfte mit Tätigkeiten nach der Entgeltgruppe 7 sowohl in psychischer als auch in physischer Hinsicht erheblichen Arbeitsbelastungen ausgesetzt sind. Wenn damit allein die deutliche Belastungssituation eines Mitarbeiters mit eigenständiger Wahrnehmung von Aufgaben im Tätigkeitsbereich Pflege Bestandteil der Entgeltgruppe 7 ist, wird deutlich, dass die arbeitsrechtliche Kommission des Diakonischen Werkes der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburg e. V. mit dem Merkmal der schwierigen Aufgaben nach der Anmerkung 14 des Eingruppierungskataloges eine zusätzliche Komponente verlangt, die zu der beschriebenen hohen Belastungssituation hinzutreten muss. Das heißt, neben den pflegerischen Tätigkeiten müssen weitere medizinische oder pädagogische oder psychologische Aufgabenstellungen durch den betroffenen Arbeitnehmer zu erfüllen sein. Diese zusätzlichen Aufgaben dürfen auch nicht nur vereinzelt oder untergeordnet anfallen. Vielmehr ist es erforderlich, dass gerade die Erfüllung dieser Aufgaben der konkret auszuübenden Tätigkeit jeweils das Gepräge geben (§ 12 Abs. 2 AVR DWM).
Allein der Umstand, dass hier die Pflegefachkraft ausschließlich mit psychisch erkrankten Menschen zu tun hat, erfüllt die benannten Voraussetzungen nicht.
bb)
Mithin käme eine Eingruppierung der Pflegefachkraft in die Entgeltgruppe 8 A 1. nur dann in Frage, wenn die Mitarbeitervertretung hätte darlegen und gegebenenfalls beweisen können, mit welchen konkreten Tätigkeiten und Aufgabenstellungen die Pflegefachkraft sich im Sinne der benannten Voraussetzungen der Entgeltgruppe 8 von Tätigkeiten einer Pflegefachkraft der Entgeltgruppe 7 abhebt. Ein entsprechend substantiierter Vortrag der Mitarbeitervertretung liegt nicht vor.
Auch die Übersicht über die Tätigkeiten einer Pflegefachkraft einschließlich der zeitlichen Anteile dafür in den Wohngruppen A und B in den Wohnbereichen 1 und 2 sowohl für den Frühdienst als auch für den Spätdienst lässt keinerlei Rückschlüsse auf schwierige Tätigkeiten im Sinne der Entgeltgruppe 8 zu. Im Gegenteil bestätigen die dort aufgeführten Schichtabläufe den Vortrag der Dienststellenleitung. Sie hat insoweit schlüssig und nachvollziehbar vorgetragen, dass die anfallenden psychiatrischen Aufgaben von geschultem Fachpersonal wahrgenommen werden und die Pflegefachkräfte im Wesentlichen mit den pflegerischen Tätigkeiten betraut sind. Dieses entspricht auch der Stellenbeschreibung sowie den geschilderten Schichtabläufen in den Wohnbereichen.
Gestärkt wird dieser Umstand durch die vorgelegte Konzeption für das Psychiatrische Pflegewohnheim der Beklagten. Dort ist ausdrücklich geregelt, dass die notwendige intensivere Pflege und Betreuung nur durch zusätzlich im psychiatrischen Bereich ausgebildetes Fachpersonal gewährleistet werden kann.
Dazu behauptet die Mitarbeitervertretung, die zusätzlich notwendigen psychologischen und pädagogischen Betreuungsaufgaben würden nicht nur von dem unstreitig vorhandenen psychologischen bzw. pädagogischen Fachpersonal ausgeführt, sondern auch von den Pflegefachkräften. Dieser Vortrag ist jedoch zu pauschal und auch für die Dienststellenleitung nicht einlassungsfähig. Denn es fehlt insoweit an konkretem Sachvortrag, als nicht ersichtlich wird, welche zusätzlichen psychologischen oder pädagogischen Aufgaben täglich in welchem zeitlichen Umfang durch die Pflegefachkraft abweichend von der Stellenbeschreibung verrichtet werden. Tatsächlich ergeben sich auch aus den vorgelegten Unterlagen keine Hinweise darauf, dass die Pflegefachkräfte in erheblichem Umfang in die pädagogischen und psychologischen Betreuungsangebote der Dienststellenleitung an die Heimbewohner einbezogen werden.
Ein Grund zur Zustimmungsverweigerung lag folglich nicht vor.
Abschließend sei der Hinweis erlaubt, dass durch die Kammer mit dieser Entscheidung nicht in Abrede gestellt werden soll, dass die Pflegefachkräfte tagtäglich eine ausgesprochen anstrengende und anspruchsvolle Arbeitssituation vorfinden und zu bewältigen haben. Auf Grundlage der Systematik der AVR DWM war jedoch keine andere Entscheidung möglich. Insofern spielt auch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20.06.2012 für den hiesigen Fall keine Rolle. Ein Richtbeispiel ist – auch in der neuen Fassung – gerade nicht erfüllt.
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Eckhardt