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Kirchengericht:Kirchengericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:12.01.2017
Aktenzeichen:NK-MG 1-15/2016
Rechtsgrundlage:§§ 4 Abs. 2 Satz 2, 44 MVG-EKD
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:
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Leitsatz:

Ob es sich bei der Stelle der Regionalleitung für das Kindertagesstättenwerk um eine Dienststellenleitung handelt und ob ein Verzicht auf eine Ausschreibung für die Besetzung dieser Stelle mitbestimmungspflichtig ist, sind Fragen, die einer einstweiligen Regelung nicht zugänglich sind und die es daher im Hauptsacheverfahren zu klären gilt.

Tenor:

Der Antrag der Antragstellerin, die Entscheidung der Vorsitzenden vom X.Y.2016 aufzuheben, wird abgewiesen.

Gründe:

Die Beteiligten streiten um die Besetzung einer Stelle einer Regionalleitung für das Kindertagesstättenwerk.
Nachdem die Vorsitzende der Ersten Kammer des Kirchengerichts am X.Y.2016 den Antrag der Mitarbeitervertretung, den beteiligten Kirchenkreis im Wege der Einstweiligen Verfügung zu verpflichten, die Einstellung einer Mitarbeiterin für die Stelle der Regionalleitung des Kindertagesstättenwerkes solange zu unterlassen, bis ein ordentliches Mitbestimmungsverfahren durchgeführt wurde oder festgestellt wird, dass die Maßnahme nicht der Mitbestimmung unterliegt, zurückgewiesen hatte, beantragt die Mitarbeitervertretung nunmehr,
die Kammer möge die Entscheidung der Vorsitzenden aufheben und die begehrte Einstweilige Verfügung erlassen.
Der beteiligte Kirchenkreis beantragt,
den Antrag der Mitarbeitervertretung zurückzuweisen und die Entscheidung der Vorsitzenden zu bestätigen.
Nach Überzeugung der Kammer ist der Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden; einen Verfügungsgrund, nämlich das Bedürfnis nach einer vorläufigen Regelung, weil nach summarischer Einschätzung im vorliegenden Eilverfahren der Anspruch mit hoher Wahrscheinlichkeit durchgreifen würde, ist zur Überzeugung des Gerichts nicht gegeben.
Im Ergebnis möchte die Mitarbeitervertretung geklärt wissen, ob es sich bei der hier im Streit stehenden Stelle einer Regionalleiterin des Kindertagesstättenwerkes um eine Dienststellenleitung handelt oder nicht. Für die Klärung dieser Frage kann aber das Kirchengericht nicht im Eilverfahren als Gutachterin in Anspruch genommen werden. Dass die hier streitbefangene Einstellung nach summarischer Prüfung als mitbestimmungswidrige Maßnahme anzusehen wäre, hat sich dem Kirchengericht gerade nicht erschlossen.
In der mündlichen Verhandlung am X.Y.2017 ist deutlich geworden, dass die Entscheidungsstrukturen bei der Dienststelle verschachtelt und für die Mitarbeitervertretung offensichtlich nicht immer nachvollziehbar sind. Von Seiten der Arbeitgeberin ist eingeräumt worden, dass es gerade im Bereich Dienste und Werke eine ganze Reihe von Mitarbeitenden gibt, die Rechte der Dienststellenleitung gegenüber der Mitarbeitervertretung in unterschiedlichen Zusammenhängen wahrzunehmen haben. Es ist sehr deutlich geworden und wurde auch von Seiten der Dienststelle eingeräumt, dass für die Mitarbeitervertretung in der Vergangenheit nicht immer klar und nachvollziehbar war, wer in der Dienststelle hinsichtlich welcher Fragestellungen entscheidungsbefugt und damit auch gegenüber der Mitarbeitervertretung zur vollständigen und rechtzeitigen Information verpflichtet war. Wenn aufgrund der Strukturentscheidung des Kirchenkreises die Fachberatung für alle Kindertagesstätten nicht mehr wie bislang bei einer Leitung des Kindertagesstättenwerkes, sondern bei der Leitung des Zentrums Kirchlicher Dienste angesiedelt ist und nunmehr anstelle einer Person, die das Kindertagesstättenwerk leitet, es zwei Regionalleitungen gibt, dann ist es für die Mitarbeitervertretung wichtig zu wissen, wie sich die bisherigen Kompetenzen der Leitung des Kindertagesstättenwerkes auf die Regionalleitungen und die Leitung des Zentrums Kirchlicher Dienste verteilt. Hier hat es offensichtlich in der Vergangenheit Defizite gegeben, die das vorliegende Verfahren verursacht haben.
Auf der anderen Seite hat aber die Mitarbeitervertretung gewusst, dass künftig zwei Regionalleitungen tätig sein sollen, und aus der Übertragung bestimmter Aufgaben auf die Leitung des Zentrums Kirchlicher Dienste, wie in der Kammerverhandlung am X.Y.2017 auch angesprochen wurde, die Vermutung hergeleitet, die Funktion der Dienststellenleitung liege nunmehr allein bei der Leitung des Zentrums Kirchlicher Dienste. Diese Vermutung ist dann zwischen den Beteiligten nicht kommuniziert worden.
Gemäß § 4 MVG.EKD sind die Personen, die zur Dienststellenleitung gehören, der Mitarbeitervertretung zu benennen. Aus der Benennung allein folgt allerdings nicht zwingend, dass auch die rechtlichen Befugnisse der benannten Personen denen einer Dienststellenleitung entsprechen. Auf der anderen Seite kann es aber auch innerhalb einer Hierarchie mehrere Personen geben, die Aufgaben der Dienststellenleitung wahrzunehmen haben. Wenn eine bestimmte Leitungsposition, wie hier die Leitung des Kindertagesstättenwerkes, wegfällt und bestimmte Aufgaben dieser bisherigen Stelle einer übergeordneten Leitungsstelle zugewiesen werden, folgt daraus nicht zwingend (dies war jedoch der Schluss der Mitarbeitervertretung), dass die neu geschaffenen Stellen von zwei Regionalleitungen in gar keinem Fall Dienststellenleitungen sein können. Wenn vielmehr beide Regionalleitungen künftig unter anderem zuständig sein sollen für die Personalbeschaffung mit Ausschreibung, Auswahl und Entscheidung (so der Geschäftsverteilungsplan für das Kindertagesstättenwerk nach dem Stand vom X.Y.2016), dann wären diese Personen ständig und nicht nur in Einzelfällen zu Entscheidungen in mitbestimmungspflichtigen Ang–elegenheiten befugt und damit Dienststellenleitungen im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 2 MVG.EKD.
Die begehrte Einstweilige Verfügung wäre nur dann zu erlassen gewesen und die Entscheidung der Vorsitzenden vom X.Y.2016 nur dann durch die Kammer aufzuheben gewesen, wenn nach überschlägiger Prüfung im Eilverfahren davon auszugehen wäre, dass hier ohne Durchführung eines ordentlichen Mitbestimmungsverfahrens Mitarbeitende eingestellt wurden, die nicht als Dienststellenleitung anzusehen sind und für die die Vorschrift des § 44 MVG.EKD gerade nicht gilt. Diese überwiegende Wahrscheinlichkeit ergibt sich jedoch auch zur Überzeugung der Kammer vorliegend gerade nicht; auch aus Sicht der Kammer ist hier von Dienststellenleitungen auszugehen. Eine abschließende Klärung dieser Frage kann jedoch nicht im Wege der Einstweiligen Verfügung geprüft werden, sondern wäre in einem regulären Hauptsacheverfahren beim Kirchengericht zu klären.
Von der konkreten Maßnahme, nämlich der Einstellung einer Person für die Regionalleitung, die aus Sicht des Gerichts die Einstellung einer Dienststellenleitung und damit nicht mitbestimmungspflichtig ist, ist aus Sicht der Kammer zu trennen die Frage, ob vorliegend der Verzicht auf Ausschreibung mitbestimmungspflichtig gewesen wäre. Insoweit handelt es sich aus Sicht der Kammer um eine Rechtsfrage, die einer Einstweiligen Regelung nicht zugängig ist und vielmehr im Hauptsacheverfahren ggf. zu klären wäre, wenn die Beteiligten nicht – was wünschenswert wäre – für die Zukunft Verabredungen treffen können, die Zuständigkeiten klarer regeln und den Informationsfluss besser strukturieren.

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Raasch-Sievert (Vorsitzende Richterin)
Bodin (Richter)
Jensen-Bundels (Richterin)