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Kirchengericht:Kirchengericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:01.12.2016
Aktenzeichen:NK-MG 2-7/2016
Rechtsgrundlage:§ 1 Absatz 2 KSchG, § 42 Buchstabe b MVG.EKG, §§ 164 Abs. 1, 167 Abs. 1 BGB
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:
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Leitsatz:

- Zu den Voraussetzungen einer betriebsbedingten Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen (§ 1 Absatz 2 KSchG),
- Prüfung einer Bestandsschutzzusage der Arbeitgeberin als „andere bindende Bestimmung“ (§ 42 Buchstabe b MVG.EKG).

Tenor:

Es wird festgestellt, dass ein Grund für die Verweigerung der Zustimmung der Mitarbeitervertretung zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Arbeitnehmers Herrn M zum nächstzulässigen Termin nicht bestanden hat.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten darum, ob die zu 2. beteiligte Mitarbeitervertretung zur Verweigerung ihrer Zustimmung zur Kündigung eines Arbeitnehmers berechtigt ist.
Bei der Antragstellerin (Arbeitgeberin) handelt es sich um ein Verlagsunternehmen, dessen Anteile zu 100% der P 1 GmbH gehören. Gesellschafter des P 1 wiederum sind die Nordkirche, ihre Kirchenkreise und der P 2 e. V.. Bei der Arbeitgeberin ist eine Mitarbeitervertretung nach dem MVG.EKD mit den Ergänzungen durch die Bestimmungen des Kirchengesetzes der Nordkirche zum Mitarbeitervertretungsgesetz gebildet. Sie besteht aus einer Person. Der Sitz der Arbeitgeberin befindet sich in O 1, wo sie auch eine Betriebsstätte unterhält, in der sie zum einen Tätigkeiten eines Buchverlags erbringt und zum anderen die Zeitung Z für Landeskirche L 1 und die Landeskirche L 2 herausgibt. In diesem Betrieb ist seit dem X.Y.2002 Herr M auf der Grundlage des Anstellungsvertrags vom X.Y.2002 i. V. m. vier Änderungsverträgen als Buchhalter beschäftigt.
Die Buchproduktion der Arbeitgeberin ist seit Jahren defizitär. Bereits im Jahr 2014 gab es Überlegungen, den Buchverlag nebst Shop, Marketing und Service zu schließen. Nach Protesten der Mitarbeiter kam es schließlich im Dezember 2015 zu einer Betriebsversammlung, auf der auch der Vorsitzende des Aufsichtsrats der Gesellschafterin der Arbeitgeberin, Herr V, sprach.
In den Planungen für 2015 ging die Arbeitgeberin von einem negativen Jahresergebnis von X,- € aus; tatsächlich lag der Verlust für das Jahr 2015 aber bei X,- € für den Bereich Buch. Dies beruht im Wesentlichen darauf, dass in der Planung von Umsätzen in einem Umfang von X,- € ausgegangen worden war, tatsächlich aber nur ein Umsatz von X,- € erreicht werden konnte. Vor diesem Hintergrund entschied sich die Gesellschafterversammlung der Arbeitgeberin in ihrer Sitzung vom X.Y.2016 dazu, die Buchproduktion sowie die Buchhaltung in O 1 zu schließen. Eine eigenständige Buchhaltung ist nach Schließung der Buchproduktion in O 1 nicht mehr erforderlich, denn die verbleibende restliche Buchhaltung wird zukünftig von der Muttergesellschaft der Arbeitgeberin, P 1, in O 2 durchgeführt.
Gleichzeitig entschied die Gesellschafterversammlung der Arbeitgeberin, die Produktion der Zeitung Z für die Landeskirche L 2 in O 1 zum X.Y.2016 einzustellen. Dies beruht auf dem Umstand, dass die Landeskirche L 2, die bisher einen Zuschuss für die Produktion der Zeitung in Höhe von X,- € jährlich gewährt hat, ab dem Jahr 2017 keinen weiteren Zuschuss mehr gewährt. Damit entfällt mehr als die Hälfte des Budgets der Zeitung Z L 2, so dass der Arbeitgeberin die Produktion der Zeitung nicht mehr möglich ist.
Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bei der Arbeitgeberin gibt es für Herrn M nicht. Die Arbeitgeberin entschied sich deshalb, das Arbeitsverhältnis mit Herrn M zum X.Y.2016 zu beenden. Zu diesem Zweck bat sie mit Schreiben vom X. und X.Y.2016 die Mitarbeitervertretung um Zustimmung zur Kündigung. Dies verweigerte die Mitarbeitervertretung mit Schreiben vom X.Y.2016.
Die Arbeitgeberin meint, Gründe zur Verweigerung der Zustimmung bestünden nicht. Ein Kündigungsausschluss sei nicht vereinbart worden. Niemand habe die Erklärung abgegeben, dass für einen bestimmten Zeitraum auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtet werde, auch nicht durch Herrn V als Vorsitzenden des Aufsichtsrats des damaligen Gesellschafters der Arbeitgeberin im Rahmen der Betriebsversammlung. Eine Erklärung des Herrn V habe, hätte es sie gegeben, der Arbeitgeberin auch nicht zugerechnet werden können, weil er weder Organ der Arbeitgeberin noch sonst vertretungsberechtigter Vertreter der Arbeitgeberin gewesen sei. Auch die bloße Anwesenheit eines Geschäftsführers der Arbeitgeberin führe nicht dazu, dass eine Willenserklärung des Herrn V die Arbeitgeberin binde. Es sei tatsächlich lediglich erklärt worden, dass angestrebt werde, keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen. Die beabsichtigte Kündigung sei aufgrund des Wegfalls des Beschäftigungsbedürfnisses für Herrn M infolge der Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung zur Schließung der eigenen Buchhaltung sozial gerechtfertigt.
Die Arbeitgeberin beantragt
festzustellen, dass ein Grund für die Verweigerung der Zustimmung der Mitarbeitervertretung zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Arbeitnehmers, Herrn M, zum X.Y.2016, hilfsweise zum nächstzulässigen Termin, nicht bestanden hat.
Die Mitarbeitervertretung beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Sie meint, eine Kündigung sei aufgrund einer Bestandsschutzerklärung vor dem X.Y. 2018 ausgeschlossen. Herr V habe in der Betriebsversammlung kundgetan und versichert, dass die Arbeitsverhältnisse derjenigen Mitarbeiter der Arbeitgeberin, die für eine Zeitung arbeiten, einen Bestandsschutz von zwei Jahren hätten; für die Arbeitsverhältnisse aller anderen Mitarbeiter gelte ein Bestandsschutz von vier Jahren. Dass Herr V die Erklärung nicht ausdrücklich im Namen der Arbeitgeberin abgegeben habe, spiele keine Rolle, da sich aus den Umständen ergebe, dass die Erklärung im Namen der Arbeitgeberin erfolgen sollte (§ 164 Abs. 1 BGB).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 313 Absatz 2 Satz 2 ZPO in Verbindung mit § 495 ZPO und § 46 Absatz 2 Satz 1, § 80 Absatz 2 Satz 1 ArbGG und § 62 Satz 1 MVG.EKD auf die Schriftsätze der Beteiligten bzw. ihrer Verfahrensbevollmächtigten einschließlich der Anlagen und die gerichtlichen Protokolle verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag der Arbeitgeberin ist begründet.
Es ist gemäß § 60 Abs. 4 MVG.EGK festzustellen, dass für die Mitarbeitervertretung kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zu der beabsichtigten Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit Herrn M zum – da der X.Y.2016 verstrichen ist – nächstmöglichen Termin vorliegt.
1. Es handelt sich im Sinne von § 60 Absatz 5 MVG.EKG um einen Fall, der der eingeschränkten Mitbestimmung der Mitarbeitervertretung unterliegt, wie sich aus § 42 Buchstabe b MVG.EKG ergibt, wonach in der Personalangelegenheit des Herrn M als eines privatrechtlich angestellten Mitarbeiters der Arbeitgeberin die ordentliche Kündigung nach Ablauf der Probezeit ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht besteht.
2. Die Mitarbeitervertretung durfte ihre Zustimmung nicht verweigern.
Im hier vorliegenden Fall des § 42 Buchstabe b MVG.EKG der ordentlichen Kündigung nach Ablauf der Probezeit darf die Mitarbeitervertretung ihre Zustimmung nur verweigern, wenn die Kündigung gegen eine Rechtsvorschrift, eine arbeitsrechtliche Regelung, eine andere bindende Bestimmung oder eine rechtskräftige Entscheidung verstößt (§ 41 Absatz 2 MVG.EKG). Dies ist jedoch nicht der Fall.
a) Die beabsichtigte Kündigung verstößt nicht gegen Rechtsvorschriften, insbesondere nicht gegen § 1 Absatz 1 und 2 KSchG. Sie ist durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers Herrn M entgegenstehen, bedingt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. nur Urteil vom 17. Juni 1999 – 2 AZR 456/98 – BAGE 92, 79), der sich die Kammer anschließt, können sich betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung im Sinne von § 1 Absatz 2 KSchG aus innerbetrieblichen Umständen (Unternehmerentscheidungen wie z. B. Rationalisierungsmaßnahmen, Umstellung oder Einschränkung der Produktion) oder durch außerbetriebliche Gründe (z. B. Auftragsmangel oder Umsatzrückgang) ergeben. Diese betrieblichen Erfordernisse müssen „dringend“ sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebes notwendig machen. Die Kündigung muss wegen der betrieblichen Lage unvermeidbar sein.
Dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung im Sinne der Vorschrift des § 1 Absatz 2 KSchG können sich aus inner- oder außerbetrieblichen Gründen ergeben.
Außerbetriebliche Gründe sind von der Betriebsgestaltung und Betriebsführung unabhängige Umstände, die einen konkreten Bezug zum Betrieb des Arbeitgebers haben und sich speziell auf bestimmte Arbeitsplätze auswirken. Dazu gehören etwa Auftragsmangel oder Umsatzrückgang (vgl. KR/Etzel, Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzgesetz und zu sonstigen kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften, 8. Aufl., § 1 KSchG Rn. 535).
Eine Kündigung ist aus innerbetrieblichen Gründen gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber zu einer betrieblichen Maßnahmen auf technischem, organisatorischem oder wirtschaftlichem Gebiet entschließt, durch welche der Arbeitgeber seine Entscheidung über die der Geschäftsführung zugrunde liegende Unternehmenspolitik im Hinblick auf den Markt oder hinsichtlich der unternehmensinternen Organisation des Betriebes und der Produktion verwirklicht, und bei deren innerbetrieblicher Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer entfallen ist (vgl. BAG, Urteil vom 7. Dezember 1978 – 2 AZR 155/77 – AP Nr. 6 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; BAG, Urteil vom 17. Juni 1999 – 2 AZR 522/98 – AP Nr. 102 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II 1 a der Gründe).
Von den Gerichten ist voll nachzuprüfen, ob eine derartige unternehmerische Entscheidung tatsächlich vorliegt und durch ihre Umsetzung das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist. Dagegen ist die unternehmerische Entscheidung nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (vgl. BAG, Urteil vom 30. April 1987 – 2 AZR 184/86 – AP Nr. 42 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; BAG, Urteil vom 17. Juni 1999 – 2 AZR 522/98 – AP Nr. 102 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II 1 a der Gründe).
Nach diesen Maßstäben ist die beabsichtigte Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen sozial gerechtfertigt. Sie beruht auf der innerbetrieblichen Maßnahme der – willkürfreien und daher von Rechts wegen nicht zu beanstandenden – unternehmerischen Entscheidung, die Buchhaltung nicht mehr durch eigene Mitarbeiter durchführen zu lassen. Denn vor dem Hintergrund des defizitären Geschäfts im Bereich Buchproduktion traf die Gesellschafterversammlung der Arbeitgeberin in ihrer Sitzung vom X.Y.2016 die unternehmerische Entscheidung, die Buchproduktion sowie die Buchhaltung in O 1 zu schließen. Eine eigenständige Buchhaltung ist, wie unbestritten blieb, nach Schließung der Buchproduktion in O 1 nicht mehr erforderlich, denn die verbleibende restliche Buchhaltung wird zukünftig von der Muttergesellschaft der Arbeitgeberin, P 1, in O 2 durchgeführt. Aufgrund der innerbetrieblichen Umsetzung dieser Entscheidung entfällt das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung des Buchhalters Herrn M. Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bei der Arbeitgeberin gibt es für ihn nicht.
b) Die beabsichtigte Kündigung verstößt auch nicht gegen sonstige der in § 41 Absatz 2 MVG.EKD genannten rechtlichen Grenzen. Insbesondere verstößt sie nicht gegen eine – u. U. als „andere bindende Bestimmung“ oder „arbeitsrechtliche Regelung“ im Sinne dieser Vorschrift zu verstehende – Bestandsschutzzusage der Arbeitgeberin.
(1) Die tatsächlichen Voraussetzungen der Abgabe einer Erklärung, die den Schluss auf die Abgabe einer Erklärung des Inhalts, dass die Arbeitgeberin auf ihr Recht zur betriebsbedingen Kündigung verzichtete, zulassen, haben sich unter Beachtung des Mitwirkungsgrundsatzes der Beteiligten (§ 62 Satz 1 MVG.EKD i. V. m. § 83 Absatz 1 Satz 2 BetrVG) nicht mit hinreichender Substanz ermitteln lassen.
Zwar behauptet die Mitarbeitervertretung, eine Kündigung sei aufgrund einer Bestandsschutzerklärung vor dem X.Y.2018 ausgeschlossen; Herr V habe in der Betriebsversammlung kundgetan und versichert, dass die Arbeitsverhältnisse derjenigen Mitarbeiter der Arbeitgeberin, die für eine Zeitung Z arbeiten, einen Bestandsschutz von zwei Jahren hätten; für die Arbeitsverhältnisse aller anderen Mitarbeiter gelte ein Bestandsschutz von vier Jahren. Dies bestritt die Arbeitgeberin und setzte entgegen, es sei tatsächlich lediglich erklärt worden, dass angestrebt werde, keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen.
Den Ausführungen der Mitarbeitervertretung fehlt es an genügenden konkreten Tatsachen dazu, welche genaue Äußerung abgegeben worden sein soll. Sofern sie vorträgt, es sei „versichert“ worden, dass es einen Bestandsschutz gebe, enthält dieser Vortrag eine rechtliche Bewertung von nicht mitgeteilten Einzeltatsachen über die genaue Äußerung als „Versicherung“. Ohne aber zu wissen, welche genaue Äußerung abgegeben worden sein soll, lässt sich nicht die rechtliche Schlussfolgerung auf eine „Versicherung“ im Sinne einer die Arbeitgeberin rechtlich bindenden Willenserklärung ziehen. Genauen Tatsachenvortrags zu der behaupteten Äußerung bedurfte es umso mehr, als die Arbeitgeberin gerade in Abrede stellte, es sei eine sie bindende Bestandsschutzzusage gegeben worden, indem sie vortrug, es sei lediglich erklärt worden, dass angestrebt werde, keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen. Jedenfalls in Anbetracht dieses Vortrags wäre die Behauptung der Mitarbeitervertretung weiter zu substantiieren gewesen, um anhand des tatsächlichen Geschehens unterscheiden zu können, ob lediglich ein Bemühen geäußert oder eine rechtlich bindende, das Kündigungsrecht einschränkende Erklärung abgegeben worden ist.
(2) Abgesehen davon kann nicht festgestellt werden, dass die von der Mitarbeitervertretung behauptete Erklärung des Herrn V die Arbeitgeberin rechtlich gebunden hätte. Ihm fehlte die rechtliche Vertretungsmacht.
(a) Da Herr V, wie unbestritten blieb, nicht selbst gesetzliches Vertretungsorgan der Arbeitgeberin war – dies ist gem. § 35 Absatz 1 Satz 1 GmbHG der Geschäftsführer der als GmbH verfassten Arbeitgeberin –, konnte er die Arbeitgeberin nicht aufgrund gesetzlicher Vertretungsmacht vertreten.
(b) Aber auch die Voraussetzungen einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht, § 166 Absatz 2 BGB) liegen nicht vor.
Es fehlt an Tatsachen dafür, dass die Arbeitgeberin Herrn V bevollmächtigte, die behauptete Erklärung abzugeben. Die Bevollmächtigung erfolgt gem. § 167 Absatz 1 BGB durch Erklärung gegenüber dem zu Bevollmächtigenden oder dem Dritten, dem gegenüber die Vertretung stattfinden soll.
Eine Erklärung gegenüber dem zu Bevollmächtigenden – d. h. Herrn V – ist nicht behauptet worden. Doch auch eine Erklärung gegenüber den Teilnehmern der Betriebsversammlung als Dritten im Sinne des § 167 Absatz 1 BGB ist nicht vorgetragen oder erkennbar geworden. Die Abgabe der (bestrittenen) Erklärung über den Verzicht auf Kündigungen selbst kann nicht als Einräumung einer Vollmacht zugunsten des Herrn V durch die Arbeitgeberin angesehen werden, denn es handelt sich nicht um die Erklärung des (angeblichen) Vollmachtgebers, sondern des (angeblichen) Bevollmächtigten. Zwar braucht die Erklärung über die Erteilung einer Vollmacht durch die Arbeitgeberin nicht ausdrücklich abgegeben worden zu sein; es wäre ausreichend, wenn sie ein schlüssiges Verhalten zeigte, das zur Annahme einer Vollmachtserteilung berechtigte. Doch fehlt es auch hieran. Insbesondere kann aus der (bestrittenen) Erklärung des Herrn V nicht auf seine Bevollmächtigung geschlossen werden, denn bei der (bestrittenen) Abgabe der Willenserklärung selbst handelt es sich nach dem erkennbaren Erklärungswert u. U. um ein Gebrauchmachen von einer Vollmacht und nicht um die Erteilung einer Vollmacht durch die Arbeitgeberin. Eine konkludente Bevollmächtigung lässt sich aber auch nicht dem Umstand entnehmen, dass nach der Darstellung der Mitarbeitervertretung in dem Zeitpunkt, in dem Herr V die (bestrittene) Erklärung auf der Betriebsversammlung abgab, der Geschäftsführer der Arbeitgeberin zugegen war. Denn dem „Nichtstun“ kommt im Rechtsverkehr grundsätzlich – und auch in diesem Fall – kein Erklärungswert zu. Für das Bestehen einer Anscheins- oder Duldungsvollmacht fehlt es an greifbaren tatsächlichen Anhaltspunkten.
Soweit die Mitarbeitervertretung auf die Bestimmung des § 164 Absatz 1 BGB hinweist, gilt nichts anderes. Diese Bestimmung bringt lediglich zum Ausdruck, dass die Abgabe einer Willenserklärung in fremdem Namen als Voraussetzung der Stellvertretung nicht zwingend ausdrücklich geschehen muss, sondern dass es ausreicht, wenn die „Umstände ergeben“, dass die Erklärung mit Wirkung für und gegen einen anderen erfolgen soll. Die Bestimmung des § 164 Absatz 1 BGB befreit jedoch nicht davon, dass überhaupt Vertretungsmacht bestehen muss, wie an dem Tatbestandsmerkmal, wonach jemand die Willenserklärung „innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt“, zu schließen ist.
(3) Für dieses Verfahren werden Kosten nicht erhoben (§ 61 Absatz 9 Satz 1 MVG.EKG). Für die Übernahme der außergerichtlichen Kosten, die zur Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung notwendig waren, findet § 30 MVG.EKG Anwendung (§ 61 Absatz 9 Satz 2 MVG.EKG).
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Dr. Stelljes (Vorsitzender Richter)
Batke (Richter)
Nadler (Richter)