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Kirchengericht:Kirchengericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:08.06.2017
Aktenzeichen:NK-MG 1-12/2016
Rechtsgrundlage:KAT: Anlage 1, Abteilung 3, K7; § 2 Abs. 1 Nr. 1 Kindertagesstätten- und -tagespflegeverordnung (KiTaVO)
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:
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Leitsatz:

  • Eingruppierung einer Absolventin der Bildungswissenschaften als pädagogische Fachkraft in einer Kindertagesstätte.
    Durch Erlass der Heimaufsichtsbehörde ist festgestellt, dass das Studium der Bildungswissenschaften zur beruflichen Tätigkeit in außerschulischen pädagogischen Handlungsfeldern qualifiziert.
    Eine Eingruppierung muss aufgrund der staatlicherseits als gleichwertig eingeschätzten pädagogischen Qualifikation in die Entgeltgruppe K7 der Abt. 3 des KAT erfolgen.

Tenor:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die zutreffende Eingruppierung von Frau M.
Für die Kindertagesstätte K in O 1 suchte das Ev.-Luth. Kitawerk O 2-O 1 Erzieherinnen/Erzieher oder Sozialpädagogische Assistentinnen/Sozialpädagogische Assistenten für den Krippen- und Elementarbereich. Auf diese Stellenausschreibung hin bewarb sich auch Frau M, die von 2013-2016 an der Universität in O 3 ein Studium der Bildungswissenschaften (Englisch, Gesundheit und Ernährung) absolvierte. Da es sich insoweit nicht um einen Studiengang „Soziale Arbeit“ handelt und Frau M auch eine Ausbildung zur Erzieherin nicht absolviert hat, beantragte die Antragstellerin nach dem Erlass über die Qualifikation von pädagogischen Fachkräften in Kindertagesstätten nach § 2 der Kitaverordnung des Ministeriums für Bildung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein beim Kreis S eine Ausnahmegenehmigung. Diese wurde mit Schreiben vom 29.07.2016 vom Landrat des Kreises S erteilt; in diesem Schriftstück heißt es, dass das von Frau M absolvierte Studium u. a. auch für eine berufliche Tätigkeit in außerschulischen pädagogischen Handlungsfeldern qualifiziert und sie daher auch als Fachkraft, mithin als Gruppenleitung, in der Kindertagesstätte eingesetzt werden darf. Die Genehmigung wurde unter der Bedingung erteilt, dass Frau M innerhalb von zwei Jahren mindestens fünfzig Stunden Fortbildung im elementar-pädagogischen Bereich ableistet. Die Antragstellerin hörte die Antragsgegnerin zur beabsichtigten unbefristeten Einstellung von Frau M als Arbeitnehmerin im pädagogischen Dienst im Umfang von 39 Wochenstunden an und teilte dabei mit, sie wolle sie nach Abt. 3, Entgeltgruppe K 4, Fallgruppe b eingruppieren. Die Antragsgegnerin stimmte der Einstellung zu, beanstandete jedoch die beabsichtigte Eingruppierung und vertrat die Auffassung, es seien die Voraussetzungen der Eingruppierung in die Abt. 3, Entgeltgruppe K 7, Buchstabe b gegeben.
Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, da Frau M eine Ausbildung zur Erzieherin nicht absolviert habe, setze eine Eingruppierung in die Abt. 3, Entgeltgruppe K 7, Buchstabe b KAT voraus, dass sie nicht nur die Tätigkeit einer Erzieherin verrichte, sondern eine mindestens gleichwertige pädagogische Qualifikation vorweisen könne. Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, da Frau M weder ausgebildete Erzieherin sei noch den Studiengang „Soziale Arbeit“ absolviert habe, habe sie eine gleichwertige pädagogische Qualifikation nicht; dies folge auch schon daraus, dass es erforderlich gewesen sei, eine Ausnahmegenehmigung für ihre Tätigkeit als Erzieherin einzuholen. Solche Ausnahmegenehmigungen gälten im Übrigen auch nur für den Teil des Kirchenkreises, der dem Land Schleswig-Holstein zuzuordnen sei; ein Einsatz als Erzieherin in Kindertagesstätten im Bundesland Hamburg sei schon aufgrund der mangelnden behördlichen Erlaubnis daher nicht möglich. Frau M habe auch nicht den Studiengang einer Grund- und Hauptschullehrkraft mit zweitem Staatsexamen absolviert noch dieses Studium - ohne Staatsexamen - absolviert und zusätzlich mindestens 1 ½ Jahre berufliche Tätigkeit in einem frühpädagogischen Arbeitsbereich absolviert. Auch seien die Inhalte des von ihr absolvierten Studiums der Bildungswissenschaft gerade in pädagogischer Hinsicht ganz erheblich vom Studium für Grund- und Hauptschullehrkräfte zu unterscheiden. Zwar könne man nach einem Bachelorabschluss mit der Fächerkombination Englisch, Gesundheit und Ernährung im Rahmen eines sich dann anschließenden Masterstudiengangs die Berechtigung für das Lehramt an Grundschulen - in dem Teilstudiengang Englisch - oder aber für das Lehramt Sekundarschulen - mit dem Teilstudiengang Ernährung und Verbraucher - erwerben; daraus folge jedoch, dass die für das Lehramt gerade in pädagogischer Hinsicht zwingend erforderlichen Kenntnisse erst im Masterstudiengang erworben würden. Diesen habe Frau M jedoch nicht absolviert. Es sei daher davon auszugehen, dass Frau M eine Mitarbeiterin im pädagogischen Dienst sei, welche eine für diese Tätigkeit förderliche Ausbildung genossen habe; daher sei sie zu Recht in die Entgeltgruppe K 4 eingruppiert.
Die Antragstellerin beantragt,
die Zustimmung der Antragsgegnerin zur Eingruppierung von Frau M nach Abt. 3, Entgeltgruppe K 4, Fallgruppe b der Entgeltordnung zum KAT durch Beschluss des Kirchengerichts zu ersetzen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin vertritt die Auffassung, das Verständnis der Antragstellerin von einer gleichwertigen pädagogischen Qualifikation sei unzutreffend, denn die Antragstellerin gehe von Gleichartigkeit, nicht von Gleichwertigkeit der Qualifikation aus. Nach Auffassung der Antragsgegnerin verfügt Frau M über eine pädagogische Qualifikation; der Abschluss eines Bachelor of Arts an einer Universität sei dem Abschluss einer in der Regel 2 ½- bis 3-jährigen Erzieherausbildung mindestens gleichwertig, denn es gehe insoweit um Niveau-Gleichwertigkeit, nicht um inhaltliche Gleichwertigkeit.

II.

Der Antrag ist zulässig, jedoch unbegründet.
Die Antragsgegnerin hat die Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung von Frau M in die Entgeltgruppe K 4 der Abt. 3 der Entgeltordnung des KAT zu Recht verweigert, denn diese beabsichtigte Eingruppierung ist unzutreffend. Auch nach Auffassung des Kirchengerichts ist Frau M zutreffend in die Entgeltgruppe K 7 der Abt. 3 des KAT eingruppiert.
Die von Frau M absolvierte Ausbildung, das Studium der Bildungswissenschaften an der Universität in O 3, ist nicht lediglich eine förderliche Ausbildung für eine Tätigkeit im pädagogischen Dienst, sondern es handelt sich insoweit auch nach Auffassung des Kirchengerichts um eine gleichwertige pädagogische Qualifikation, weshalb die in der Tätigkeit einer Erzieherin und Gruppenleiterin unstreitig beschäftigte Frau M in die Entgeltgruppe K 7 eingruppiert ist.
Auch das Kirchengericht versteht die Tarifnormen so, dass es nicht um Gleichartigkeit der Qualifikation geht. Denn dann dürften auf der von Frau M eingenommenen Stelle nur ausgebildete Erzieherinnen oder Erzieher bzw. Absolventen des Studienganges „Soziale Arbeit“ mit staatlicher Anerkennung beschäftigt werden.
Hinsichtlich der Gleichwertigkeit der Qualifikation von Frau M nimmt das Kirchengericht Bezug auf den Erlass des Ministeriums für Bildung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein. Dort ist geregelt, unter welchen Umständen die Heimaufsichtsbehörden in Ausnahmefällen vergleichbare Qualifikationen für die Leitung anerkennen können. Die dort folgende Auflistung ist ausdrücklich nicht abschließend, sondern soll lediglich einen Maßstab für die Ausnahmeerteilung darstellen. Von dem ihr hier eingeräumten pflichtgemäßen Ermessen hat die Heimaufsichtsbehörde des Kreises S Gebrauch gemacht und ausdrücklich festgestellt, dass das von Frau M absolvierte Studium auch für eine berufliche Tätigkeit in außerschulischen pädagogischen Handlungsfeldern qualifiziert. Damit attestiert der Landrat des Kreises S Frau M eine pädagogische Qualifikation, die derjenigen von ausgebildeten Erzieherinnen und Erziehern bzw. Absolventen des Studienganges „Soziale Arbeit“ mit staatlicher Anerkennung gleichwertig ist. Warum die staatlicherseits als gleichwertig eingeschätzte pädagogische Qualifikation für die tarifliche Eingruppierung als nicht gleichwertig anzusehen wäre, dafür hat das Kirchengericht Argumente nicht zu erkennen vermocht. Zu bedenken ist dabei insbesondere, dass beispielsweise der Studiengang „Soziale Arbeit“, der auch nach Auffassung der Antragstellerin als gleichwertige pädagogische Qualifikation angesehen wird, sehr unterschiedliche Schwerpunkte beinhaltet. Bei weitem nicht jeder Absolvent dieses Studienganges hat sich schwerpunktmäßig mit Elementarpädagogik befasst, die jedoch gerade in der von Frau M ausgeübten Tätigkeit erforderlich wäre. Dennoch wird jeder ausgebildete Sozialpädagoge, der eine Tätigkeit als Gruppenleitung wahrnimmt, in die Entgeltgruppe K 7 eingruppiert. Vor diesem Hintergrund muss aus Sicht des Kirchengerichts auch der von Frau M absolvierte, pädagogisch ausgerichtete Studiengang als gleichwertige pädagogische Qualifikation auch im Sinne der Tarifnorm angesehen werden. Aus der Studienleistungsübersicht von Frau M ergibt sich, dass sie auch bereits in dem von ihr absolvierten Studium eine Reihe von pädagogischen Modulen - mit Erfolg - absolviert hat. Dass sie die für eine Lehrertätigkeit notwendigen pädagogischen Kenntnisse erst in einem Masterstudium vermittelt bekommen hätte, hat sich dem Gericht vor diesem Hintergrund gerade nicht erschlossen. Im Übrigen wäre auch ein Studium als Lehrkraft an Grund- und Hauptschulen, das auch nach Auffassung der Antragstellerin eine gleichwertige pädagogische Qualifikation wäre, keines, das sich auf die hier insbesondere abgeforderten elementarpädagogischen Kenntnisse bezieht. Denn die Tätigkeit als Erzieherin in einer Kindertagesstätte mit noch nicht schulpflichtigen Kindern dürfte nicht eins zu eins vergleichbar sein mit der Tätigkeit als Lehrkraft für Kinder im Grundschulalter.
Auch der Landrat des Kreises S hat mit dem Inhalt der Ausnahmegenehmigung deutlich gemacht, dass er es für erforderlich hält, dass Frau M sich im elementarpädagogischen Bereich noch fortbildet; gleichwohl ist dort die schon vorliegende pädagogische Qualifikation als gleichwertig im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 der Kitaverordnung angesehen worden. Nichts anderes muss aus Sicht des Kirchengerichts auch hinsichtlich der tariflichen Eingruppierung nach KAT gelten.
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Raasch-Sievert (Vorsitzende Richterin)
Bodin (Richter)
Jensen-Bundels (Richterin)