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Kirchengericht:Kirchengericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:06.05.2020
Aktenzeichen:NK-MG 3 12/2018
Rechtsgrundlage:KAT: Anlage 1, Abteilung 3, K8 Fallgruppe a
Vorinstanzen:
Schlagworte:
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Leitsatz:

Der Grad der Verantwortung für die Leiterin einer Kindertagesstätte steigt unabhängig von der Frage, ob es sich um Gruppen in der Kindertagespflege oder in Kindertagesstätten handelt.

Tenor:

Der Antrag der Antragstellerin vom 27.02.2018 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Ersetzung der Zustimmung zu einer von der Antragstellerin beabsichtigten korrigierenden Rückgruppierung der Mitarbeiterin Frau G.
Die Antragstellerin betreibt ein Kindertagesstättenwerk in Form eines unselbstständigen Werkes. Dem Kindertagesstättenwerk sind Kindertagesstätten angegliedert, die im Kreis N liegen.
Eine davon ist der Evangelische Kindergarten B, dessen Leiterin die Mitarbeiterin G ist. In dieser Einrichtung sind ausweislich der Betriebserlaubnis vom 13.07.2019 eine altersgemischte Gruppe mit maximal 19 Kindern im Alter von 0 bis 6 Jahren und eine qualifizierte Tagespflege mit fünf Kindern im Alter von 0 bis 3 Jahren zulässig.
Die Mitarbeiterin G erhält Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 der Entgeltordnung zum Kirchlichen Arbeitnehmerinnen Tarifvertrag (künftig KAT) seit dem 01. August 2017. Zu diesem Zeitpunkt ist die qualifizierte Tagespflege geschaffen worden.
Da die Antragstellerin nunmehr der Auffassung ist, dass statt der Entgeltgruppe K 8 die Entgeltgruppe K 7 die Zutreffende ist, hat sie nach verweigerter Zustimmung der Mitarbeitervertretung zur beabsichtigten Rückgruppierung mit frist- und formgerecht eingegangenem Antrag das hiesige Verfahren eingeleitet.
Sie ist der Auffassung, dass die Tätigkeitsmerkmale der allein in Betracht kommenden Entgeltgruppe 8 Fallgruppe a nicht erfüllt seien. Die Mitarbeiterin G leite keine Einrichtung mit mindestens zwei Gruppen. Die Kindertagespflege sei nicht als Gruppe im Sinne des Tarifvertrages zu werten.
Die Mitarbeitervertretung habe die beantragte Zustimmung daher zu Unrecht verweigert.
Die Antragstellerin beantragt,
festzustellen, dass für die Mitarbeitervertretung ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung nach § 41 MVG EKD zur korrigierenden Rückgruppierung der Mitarbeiterin G in die Entgeltgruppe K 7 KAT nicht vorliegt.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die Mitarbeiterin G zutreffend in die Entgeltgruppe K 8 der Entgeltordnung zum KAT eingruppiert sei. Sie sei Leiterin einer Kindertagesstätte mit zwei Gruppen. Anhaltspunkte dafür, dass eine Kindertagespflegegruppe nicht als Gruppe im Sinne des Tarifvertrages zu werten sei, seien nicht ersichtlich. Die Mitarbeiterin G sei auch für die Kindertagespflegegruppe verantwortlich und habe die Dienst- und Fachaufsicht inne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Weiter wird Bezug genommen auf das Protokoll des Einigungsgespräches vom 17.09.2018.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Kirchengerichts ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

II.

1.
Der zulässige Antrag war zurückzuweisen, da die Mitarbeitervertretung dem Antrag auf Rückgruppierung der Mitarbeiterin G zu Recht nicht zugestimmt hat. Die Mitarbeiterin G ist in die Entgeltgruppe K 8 Fallgruppe a KAT Anlage 1 Abt. 3 eingruppiert.
1.
Eine korrigierende Rückgruppierung ist an sich zulässig.
Die Eingruppierung ist allgemein ein gedanklich wertender Vorgang, bei dem eine bestimmte Tätigkeit in ein abstraktes Vergütungsschema eingeordnet wird, indem die dort zu einzelnen Entgeltgruppen aufgestellten abstrakten Merkmale mit den Anforderungen verglichen werden, die die zu bewertende Tätigkeit an den sie ausführenden Arbeitnehmer stellt (BAG, Urteil vom 17.11.2016 – 6 AZR 487/15).
Bei einem Verstoß gegen eine tarifliche Vergütungsordnung kann unter Umständen eine Korrektur erfolgen. Bezüglich tariflicher Eingruppierungen ist anerkannt, dass der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes grundsätzlich berechtigt ist, eine fehlerhafte, der Tätigkeit des Arbeitnehmers nicht entsprechende tarifliche Eingruppierung zu korrigieren (BAG, Urteil vom 04.07.2012 - 4 AZR 673/10 - Rn. 19). Beruft sich der Arbeitnehmer auf die ihm zuvor als maßgebend mitgeteilte und der Vergütung zugrunde gelegte Vergütungsgruppe, muss der Arbeitgeber allerdings die objektive Fehlerhaftigkeit der bisher gewährten Vergütung darlegen und ggf. beweisen (BAG, Urteil vom 20.03.2013 - 4 AZR 521/11 - Rn. 18; 15.06.2011 - 4 AZR 737/09 - Rn. 29). Dieser Darlegungslast wird genügt, wenn sich aus dessen Vorbringen - einschließlich des unstreitigen Sachverhaltes - ergibt, dass es jedenfalls an einer der tariflichen Voraussetzungen für die mitgeteilte Eingruppierung mangelt (vgl. BAG, Urteil vom 04.07.2012 - 4 AZR 673/10 – a. a. O.). Die objektive Fehlerhaftigkeit beinhaltet, dass sich der Arbeitgeber insoweit bei der Rechtsanwendung “geirrt“ hat, als er unzutreffende Tatsachen zugrunde gelegt und/oder eine objektiv unzutreffende rechtliche Bewertung vorgenommen hat (vgl. BAG, Urteil vom 16.02.2000 - 4 AZR 62/99 - zu II 2 b aa (3) der Gründe). Diese Grundsätze der korrigierenden Rückgruppierung basieren auf der Erkenntnis, dass es sich bei der Eingruppierung nicht um einen konstitutiven rechtsgestaltenden Akt, sondern um einen Akt der Rechtsanwendung verbunden mit der Kundgabe einer Rechtsansicht handelt (BAG, Urteil vom 17.11.2016 - 6 AZR 487/15 - Rn. 47).
2.
Vorliegend sind die vorgenannten Voraussetzungen jedoch nicht erfüllt, da die Mitarbeiterin G die zutreffende Vergütung aufgrund ihrer Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 Fallgruppe a erhält.
Die Entgeltordnung (Anlage 1 zum Kirchlichen Arbeitnehmerinnen Tarifvertrag) lautet auszugsweise wie folgt:
“Abteilung 3
Pädagogischer Dienst in Kindertagesstätten

Entgeltgruppe K 7
a) Leiterin einer Kindertagesstätte, soweit nicht höher eingruppiert

Entgeltgruppe K 8
a) Leiterin einer Kindertagesstätte mit mindestens zwei Gruppen bzw. mit einer Durchschnittsbelegung von mindestens 40 Plätzen
…“.
Diese Formulierung des Tarifvertrages zu Grunde gelegt, sieht die Kammer keine Möglichkeit, der Auffassung der Antragstellerin zu folgen. Der Wortlaut des Tarifvertrages ist insoweit eindeutig.
2.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt die Auslegung des normativen Teiles eines Tarifvertrages den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen. Zu erforschen ist der maßgebliche Wille der Erklärung, ohne am Buchstaben der Tarifnorm zu haften. Soweit der Tarifwortlaut nicht eindeutig ist, ist der in den tariflichen Normen zum Ausdruck kommende wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den Tarifvorschriften seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages oder die praktische Tarifübung hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. BAG, Urteil vom 23.09.1992 - 4 AZR 66/92 -).
Unter Beachtung dieser Auslegungsgrundsätze ergibt sich Folgendes:
a)
Nach dem Wortlaut werden in der Einrichtung zwei Gruppen betreut. Der Tarifvertrag enthält keine Aussagen dazu, was als Gruppe in seinem Sinne zu verstehen ist.
b)
Auch die Betriebserlaubnis vom 13.07.2017 geht von zwei Gruppen (Regelgruppen) aus.
c)
Auch die von der Antragstellerin herangezogene Kindertagesstättenverordnung vermag kein anderes Ergebnis zu rechtfertigen. Es ist sicherlich zutreffend, dass die Kindertagespflege etwas grundlegend anderes darstellt als die Betreuung in einer Kindertagesstätte.
Gleichwohl lässt sich daraus nicht herleiten, dass bei Zusammenfallen von Kindertagespflege und Betreuung in der Kindertagesstätte nicht von zwei Gruppen im Tarifsinne ausgegangen werden kann. Der Grad der Verantwortung für die Kita-Leitung steigt in jedem Fall. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob es sich um Gruppen in der Kindertagespflege oder in Kindertagesstätten handelt. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Mitarbeitervertretung ist die Mitarbeiterin G auch für die Kindertagespflegegruppe verantwortlich und hat die Dienst- und Fachaufsicht inne. Ob es sich dabei um eine oder mehrere Mitarbeiterinnen handelt, spielt keine Rolle.
Dieser erhöhte Grad der Verantwortung rechtfertigt nach dem Tarifvertrag die höhere Eingruppierung.
Die Mitarbeiterin G ist daher in die Entgeltgruppe K 8 eingruppiert. Eine korrigierende Rückgruppierung ist daher nicht möglich.
Der Antrag war folglich zurückzuweisen.
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Eckhardt (Vorsitzender Richter)
Rosenkranz (Richterin)
Batke (Richter)