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Kirchengericht: | Kirchengericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland |
Entscheidungsform: | Beschluss (rechtskräftig) |
Datum: | 11.05.2023 |
Aktenzeichen: | NK-MG 1 10/2022 |
Rechtsgrundlage: | Entgeltordnung KAT, Abteilung 3; § 41 Absatz 1 Buchstabe a MVG-EKD; § 28 Absatz 2 KiTaG Schleswig-Holstein |
Vorinstanzen: | keine |
Schlagworte: |
Leitsatz:
Eine Mitarbeiterin, die als zweite Fachkraft einer Gruppe im Kindertagesstättenbereich beschäftigt wird, ist nach der geforderten fachpädagogischen Qualifikation als Sozialpädagogische Assistentin eingruppiert.
Tenor:
Der Antrag der Dienststelle wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die zutreffende Eingruppierung der Mitarbeiterin Frau S.
Frau S ist ausgebildete Erzieherin und war zunächst aufgrund des Arbeitsvertrages vom 17.05.2021 befristet für die Zeit vom 01.06.2021 bis zum 31.12.2022 beschäftigt als Vertretungskraft in der Funktion als Weitere Kraft im Kindertagesstättenbereich mit einer Wochenarbeitszeit von 6 Stunden. Sie war zunächst eingruppiert in die Entgeltgruppe K 4 Stufe 3 der Abteilung 3 der Entgeltordnung zum KAT. Der Arbeitsvertrag wurde zunächst verlängert und sodann mit 2. Nachtrag zum Arbeitsvertrag vom 08.11.2022 dahingehend geändert, dass Frau S mit Wirkung vom 01.01.2023 unbefristet als Regionalvertretung im Kindertagesstättenbereich weiterbeschäftigt wird mit einer Wochenarbeitszeit von derzeit 15 Wochenstunden. Mit Schreiben vom 07.11.2022 teilte die antragstellende Dienststelle der Mitarbeitervertretung ihre Absicht mit, Frau S mit Wirkung vom 01.01.2023 unbefristet als Regionalvertretung weiter zu beschäftigen sowie die Absicht, Frau S weiterhin in die Entgeltgruppe K 4 Stufe 3 einzugruppieren. Die Beteiligte zu 2. erwiderte mit Schreiben vom 08.11.2022, sie stimme der unbefristeten Einstellung von Frau S als Regionalvertretung mit Wirkung vom 01.01.2023 zu, nicht jedoch der persönlichen Eingruppierung nach der Entgeltgruppe K 4. Denn qualifiziertes Fachpersonal, so u. a. sozialpädagogische Assistenten und Assistentinnen (SPA), werde seit dem 01.07.2022 in die K 5 der Abteilung 3 der Entgeltordnung zum KAT eingruppiert. Eine Erörterung fand nicht statt.
Die antragstellende Dienststelle beantragt nunmehr festzustellen, dass der Beteiligten zu 2. ein Zustimmungsverweigerungsgrund nicht zusteht. Sie bezieht sich zunächst auf eine zwischen den Beteiligten getroffene Dienstvereinbarung aus dem Jahre 2018 über die Abgrenzung der Eingruppierung der Weiteren Kräfte zwischen K 4 und K 5 im Kindertagesstättenbereich, die zwischenzeitlich von der Beteiligten zu 2. zum 31.12.2023 gekündigt wurde. Aber auch der Tarifvertrag sehe hier nicht zwingend eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe K 5 vor. Dort seien solche sozialpädagogischen Assistentinnen eingruppiert, die entsprechende Tätigkeiten verrichteten; damit bleibe Raum für Tätigkeiten von SPA und anderen höherwertig qualifizierten Mitarbeitern auf nicht dem ihrer formalen Qualifikation entsprechenden Niveau. Aus Sicht der Antragstellerin ist die Tätigkeit als Regionalkraft dadurch gekennzeichnet, dass diese immer als Ergänzungskraft mit nicht voll umfänglichen Aufgaben und nur zur Unterstützung der Sicherstellung des Betriebes eingesetzt werde. Es bestehe keine Mitverantwortung in der pädagogischen Arbeit, keine eigenständige Planung und Durchführung von Bildungsangeboten, keine Elternarbeit, keine Teilnahme an Dienstgesprächen, kein Einsatz zur vollen Öffnungszeit der Gruppe, sondern ein lediglich temporärer Einsatz, keine Zuordnung zu einer Gruppe, keine Zuordnung zu einer ersten Fachkraft, kein kontinuierliches Arbeiten in einer Gruppe, keine Planung und Durchführung von Festen sowie keine eigenständigen Angebote für Kleingruppen. Vielmehr handele es sich um reine Vertretungsaufgaben an ständig wechselnden Einsatzorten, mindestens in 2 Einrichtungen innerhalb der Region. Die Antragstellerin bezieht sich auch auf die Stellenbeschreibung, wonach Ziel der Stelle Unterstützung der pädagogischen Fachkräfte im Rahmen der jeweiligen Einrichtungskonzeption der zugeordneten Einsatzstellen sei sowie die Unterstützung bei der Umsetzung der pädagogischen und religionspädagogischen Arbeit nach Vorgabe der jeweiligen pädagogischen Fachkräfte in der Gruppe zur Aufrechterhaltung des Gruppenbetriebes.
Die Antragstellerin beantragt
- festzustellen, dass der Mitarbeitervertretung hinsichtlich der Eingruppierung der Frau S in die Entgeltgruppe K 4 (ab 01.07.2022) der Abteilung 3 KAT kein Grund zur Zustimmungsverweigerung zusteht.
- den Antrag zurückzuweisen.
Die Beteiligte zu 2. verweist darauf, dass Frau S Tätigkeiten einer SPA ausübt, auch wenn dies im Rahmen einer Regionalvertretung erfolge. Sie übernehme pädagogische Verantwortung, arbeite selbst- und eigenständig und übe vollumfänglich die Tätigkeiten einer SPA aus. Dass sie beispielsweise keine Elternarbeit wahrnehme, ändere nichts daran. Auch aus der Tätigkeitsbeschreibung ergebe sich nichts anderes. Denn die SPA unterstütze eben die erste Fachkraft im Rahmen der Einrichtungskonzeption. Die Beteiligte zu 2. verweist auch auf das Gesetz zur Förderung von Kindern in Kindertageseinrichtungen und in Kindertagespflege (Kindertagesförderungsgesetz – KiTaG) des Landes Schleswig-Holstein, nach dessen § 28 Abs. 2 die zweite Fachkraft in einer Gruppe sozialpädagogische Assistentin oder sozialpädagogischer Assistent sein müsse oder über eine gleich- oder höherwertige pädagogische Ausbildung mit Schwerpunkt im frühpädagogischen Bereich verfügen müsse.
II.
Der Antrag ist zulässig, jedoch unbegründet. Der Beteiligten zu 2. steht ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung von Frau S in die Entgeltgruppe K 4 zu.
Ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung liegt gemäß § 41 Absatz 1 Buchstabe a) MVG-EKD u. a. dann vor, wenn eine Rechtsvorschrift verletzt wird.
Vorliegend liegt eine Verletzung des KiTaG des Landes Schleswig-Holstein vor. Aus dessen Regelungen ergibt sich, dass eine SPA, die als zweite Fachkraft beschäftigt wird, auch Tätigkeiten einer SPA verrichtet und damit seit dem 01.07.2022 zutreffend in die Entgeltgruppe K 5 einzugruppieren ist.
§ 26 KiTaG legt fest, wie viele Fachkräfte in der direkten Arbeit mit den Kindern stets mindestens tätig sein müssen; dies sind bei kleinen Gruppen eine Fachkraft, bei mittleren Gruppen eine Fachkraft für die gesamte Öffnungszeit und eine zweite Fachkraft für die Hälfte der Öffnungszeit sowie zwei Fachkräfte in Regelgruppen, integrativen Kindergartengruppen und Naturgruppen. § 28 Abs. 2 KiTaG regelt, dass die zweite Fachkraft in der Gruppe sozialpädagogische Assistentin oder sozialpädagogischer Assistent sein muss oder über eine gleich- oder höherwertige pädagogische Ausbildung mit Schwerpunkt im frühpädagogischen Bereich verfügen muss.
Frau S ist ausgebildete Erzieherin und verfügt damit über eine höherwertige pädagogische Ausbildung; sie wird im Rahmen der Regionalvertretung, wie in der Kammerverhandlung unstreitig geworden ist, als zweite Fachkraft, aber teilweise auch als erste Fachkraft eingesetzt.
Selbst wenn und soweit sie ausschließlich als zweite Fachkraft eingesetzt werden würde, setzte das KiTaG ihre fachpädagogische Ausbildung voraus. Aus Sicht des Gerichts kommt es insoweit im Schwerpunkt auf die tatsächliche Arbeit mit den Kindern an. Kindertagesstätten sind Einrichtungen der frühkindlichen Bildung, weshalb eben das KiTaG die genannten Anforderungen an die fachliche Bildung sie betreuender Mitarbeitenden stellt. Hier liegt der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit, und hier ist fachliche Qualifikation gefordert und verlangt.
Aus der Tätigkeitsbeschreibung lässt sich nichts anderes herleiten. Schon die wörtliche Übersetzung des Wortes Assistentin besagt, dass es sich insoweit um eine unterstützende Tätigkeit handelt; die Unterstützung der ersten Fachkraft ist originäre Aufgabe von sozialpädagogischen Assistentinnen und Assistenten. Ob daneben Elternarbeit geleistet oder es eine Teilnahme an Dienstgesprächen gibt, wirkt sich aus Sicht des Gerichts keineswegs darauf aus, dass die eigentliche Arbeit mit den Kindern eine fachpädagogische Tätigkeit ist und damit die Tätigkeit einer SPA. Die antragstellende Dienststelle hat auf das Beispiel eines Maurers zurückgegriffen, der anschließend ein Ingenieurstudium abschließt, später jedoch Maureraufgaben erledigt. Dies trifft hier den Kern nicht. Zu vergleichen wäre Frau S eher mit einem Pastor oder einer Pastorin, der bzw. die nicht in einer Kirchengemeinde fest tätig ist und dort neben der Verkündigung auch Verwaltungsaufgaben zu übernehmen hat, sondern Vertretungsaufgaben in einer Region übernimmt. Sein oder ihr Schwerpunkt wird immer die Verkündigung, das Abhalten von Gottesdiensten und Durchführen von Amtshandlungen bleiben, ob er oder sie daneben noch Verwaltungsaufgaben übernimmt oder nicht.
Schließlich kann die Antragstellerin aus der Dienstvereinbarung aus dem Jahre 2018 schon deshalb hier nichts mehr für die Eingruppierung von Frau S herleiten, weil Frau S nunmehr, seit dem 01.01.2023, nicht mehr als Weitere Kraft, sondern als Regionalvertretung beschäftigt wird, sodass die Dienstvereinbarung auf ihre Tätigkeit nicht angewendet werden kann.
Da Frau S als SPA mit entsprechenden Tätigkeiten beschäftigt wird, wäre sie zutreffend in der Entgeltgruppe K 5 eingruppiert, sodass die Beteiligte zu 2. zu Recht der beabsichtigten Eingruppierung von Frau S in die Entgeltgruppe K 4 ihre Zustimmung verweigert hat.
#Raasch (Vorsitzende Richterin) Galle (Richter) Möller-Rybakowski (Richter) |