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Kirchengericht:Verfassungs- und Verwaltungsgericht der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland
Entscheidungsform:Urteil (rechtskräftig)
Datum:20.11.2023
Aktenzeichen:NK-VG I 15/2022
Rechtsgrundlage:§ 4 Absatz 1 und § 7 Absatz 1 VerfVwGG, Artikel 45 Absatz 2 Verfassung
Vorinstanzen:Parallelverfahren zu NK-VG I 6/2022, NK-VG 8/2022 und NK-VG 15/2022; vgl. auch Urteil vom 16.05.2022 NK-VG I 6/2020; anhängig: Verfassungs- und Verwaltungsgericht der VELKD RVG 3/2024
Schlagworte:
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Leitsatz:

1. Artikel 45 Absatz 2 der Verfassung räumt grundsätzlich nur der Synode selbst ein – dann ggf. auch im Wege des Organstreits geltend zu machendes – Recht auf Information, auf Beratung und Beschlussfassung ein, wobei diese Ansprüche sich auch gegen jedes weitere Organ des Kirchenkreises richten können.
2. In § 7 VerfVwGG ist ein numerus clausus der statthaften Verwaltungsgerichtsverfahren festgelegt, unter denen ein „einfachgesetzliches“ Organstreitverfahren nicht auftaucht.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben; eine Auslagenerstattung findet nicht statt.

Gründe:

Tatbestand

Die Klägerin als Synodale des Kirchenkreises A begehrt die Feststellung, dass den beklagten Kirchenkreisrat bestimmte Auskunftspflichten hinsichtlich von ihr gestellter Fragen träfen; die Details des Begehrens der Klägerin ergeben sich aus ihren unten dargestellten Anträgen.
Sie meint, dass die von ihr angebrachten Anträge statthaft und zulässig seien, ihre Klagebefugnis folge aus Art. 44 Verf-Nordkirche, ohne ein Fragerecht des einzelnen Mitgliedes der Synode und die korrespondierende Pflicht der Verwaltung des Kirchenkreises zur Beantwortung der gestellten Fragen sei die Funktion einer Synodalen nicht sachgerecht wahrzunehmen.
Die Klägerin beantragt festzustellen,
1.) dass der Beklagte weiter verpflichtet ist, trotz des Rundschreibens vom 29.07.2022, öffentlich und zu Protokoll der Synode alle während der öffentlichen Sitzung der Kirchenkreissynode am 15.06.2022 ihm von der Klägerin gestellten Fragen unverzüglich, unmissverständlich, vollständig und wahrheitsgemäß zu beantworten,
2.) weiter verpflichtet ist, die noch offenen Punkte der ihm von der Klägerin gestellten Fragen
Nr. 1: Worüber ist im Einzelnen im November 2018 auf der Gesellschafterversammlung der B gGmbH beraten worden? Wie lauten die Tagesordnungspunkte, was ist beschlossen worden?
Nr. 2: Was war im Einzelnen Gegenstand des 2019 geschlossenen Beratungsvertrages mit der Kanzlei C?
Nr. 3: In welchen Angelegenheiten war die Kanzlei C bisher für den Kirchenkreis, die gGmbH, die Dienste und Werke und die Kirchengemeinden als Prozessbevollmächtigter oder Berater tätig?
öffentlich zu Protokoll der Synode unverzüglich, unmissverständlich, vollständig und wahrheitsgemäß zu beantworten, nämlich
- zu Nr. 1: wer an der Beratung zu TOP 5 der Gesellschafterversammlung der B gGmbH am 21.11.2018 in welcher Funktion teilnahm und was zu TOP 5 erwogen wurde,
- zu Nr. 2: was die wesentlichen Bestandteile des Beratervertrages zur B gGmbH vom September 2019 mit der Kanzlei C waren, also Vertragsschließende, Leistung und Gegenleistung, einschließlich Zahlungsabreden, wichtige oder ungewöhnliche Nebenabreden,
- zu Nr. 3: entgeltliche und unentgeltliche Tätigkeiten der Kanzlei C vor 2019 und danach für den in Frage 3 genannten Kreis;
3.) dass der Beklagte verpflichtet war und ist, nach einer Erteilung von entgeltlichen oder unentgeltlichen Aufträgen des Kirchenkreises, seiner Dienste und Werke oder Kapitalgesellschaften an die Rechtsanwaltskanzlei eines Präsidiumsmitgliedes oder ihm nahestehende Personen, der Synode darüber auf der dann folgenden Tagung Bericht zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält sämtliche Anträge der Klägerin für unzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unzulässig.
Auch vorliegend fehlt der Klägerin für die gem. §§ 3 Abs. 1, 4 VerfVerwGG grundsätzlich statthafte Organklage die Klagebefugnis.
Mit den angebrachten Anträgen erstrebt die Klägerin jeweils die Feststellung, dass von Seiten des beklagten Kirchenkreisrates ihr in ihrer Funktion als Synodalin bzw. der Synode insgesamt bestimmte Informationen zu geben seien – erneut (wie in den Parallelverfahren NK-VG I 5, 6 und 8/2022) geht es somit um ein von der Klägerin aus ihrer Stellung als Synodalin abgeleitetes Recht, von der Kirchenkreisverwaltung bestimmte Informationen zu verlangen.
Die Kammer hält an ihrer Auffassung fest, wonach die insoweit allein als Grundlage eines subjektiven Rechts auf Auskunft in Betracht kommende verfassungsrechtliche Norm, nämlich Art. 45 Abs. 2 S. 2 Verf. Nordkirche die entsprechende Befugnis ausschließlich der Synode als solcher, nicht aber dem einzelnen Synodalen zuwendet; insoweit wird auf die ausführliche Begründung in Sachen NK-VG I 5/2022 (Urteil vom gleichen Tage wie vorliegend) Bezug genommen.
Soweit die Anträge der Klägerin dahingehend zu verstehen sein könnten, dass sie die fraglichen Informationen für die Synode einfordere, kann dahinstehen, ob ein entsprechendes Recht der Synode besteht – jedenfalls ist die Klägerin nicht befugt, Rechte der Synode im eigenen Namen geltend zu machen.
Weiter hält die Kammer – ebenfalls unter Bezugnahme auf die Ausführungen im vorgenannten Urteil – daran fest, dass eine „einfachgesetzliche“ Organklage nach § 7 VerfVwGG von vornherein nicht eröffnet ist.
Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 22 Abs. 1 KiGG). Eine Auslagenerstattung nach § 6 VerfVwGG i. V. m. § 34a Abs. 3 BVerfGG ist nach dem Ausgang des Verfahrens nicht angezeigt.
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Dr. Kuhl-Dominik
(Präsident und Vorsitzender Richter)
Panten
(Rechtskundiger Richter)
Dr. Spiegelhalder
(Rechtskundige Richterin)
Waack
(Ordinierter Richter)
Dr. Pfaff
(Nichtordinierter Richter)