.Erläuterungen
Artikel 58
Erläuterungen
zu Artikel 58 der Verfassung
Bearbeitungsstand: Juli 2022
####Artikel 58
Eilkompetenz
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1 In dringenden Fällen nimmt der Kirchenkreisrat die Aufgaben der Kirchenkreissynode wahr, wenn die Kirchenkreissynode nicht rechtzeitig einberufen werden kann. 2 Der Beschluss des Kirchenkreisrates bedarf der Zustimmung der Mehrheit seiner Mitglieder und ist der bzw. dem Präses der Kirchenkreissynode unverzüglich mitzuteilen. 3 Wenn der Beschluss finanzielle Auswirkungen hat, die durch den Haushaltsplan nicht gedeckt sind, ist das vorsitzende Mitglied des Finanzausschusses zu beteiligen.
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1 Beschlüsse nach Absatz 1 sind der Kirchenkreissynode unverzüglich zur Bestätigung vorzulegen. 2 Die Kirchenkreissynode kann sie bestätigen, ändern oder aufheben. 3 Die Gültigkeit von Maßnahmen, die auf der Grundlage von Beschlüssen nach Absatz 1 vollzogen wurden, bleibt unberührt.
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Zur Abwehr konkreter und unmittelbar bevorstehender Gefahren für eine Kirchengemeinde, die sie nicht selbst abwehren kann, kann der Kirchenkreisrat die erforderlichen Maßnahmen treffen.
#Grundinformationen
##I. Textgeschichte
#1. Veränderungen
Die Vorschrift ist seit dem Inkrafttreten unverändert.
#2. Textentwicklung
Artikel 56: Eilkompetenz
- (1) In dringenden Fällen nimmt der Kirchenkreisrat die Aufgaben der Kirchenkreissynode wahr, wenn die Kirchenkreissynode nicht rechtzeitig einberufen werden kann. Der Beschluss des Kirchenkreisrates bedarf der Zustimmung der Mehrheit seiner Mitglieder und ist der bzw. dem Präses der Kirchenkreissynode unverzüglich mitzuteilen.
- (2) Beschlüsse nach Absatz 1 sind der Kirchenkreissynode unverzüglich zur Bestätigung vorzulegen. Die Kirchenkreissynode kann sie bestätigen, ändern oder aufheben. Die Entscheidung der Kirchenkreissynode ist im Kirchlichen Amtsblatt zu veröffentlichen. Die Gültigkeit von Maßnahmen, die auf der Grundlage von Beschlüssen nach Absatz 1 vollzogen wurde, bleibt unberührt.
- (3) Zur Abwehr konkreter und unmittelbar bevorstehender Gefahren für eine Kirchengemeinde, die sie nicht selbst abwehren kann, kann der Kirchenkreisrat die erforderlichen Maßnahmen treffen.
(1. Tagung der Verfassunggebenden Synode, Drucksache 5, Seite 31)
Als Artikel 59 war die endgültige Fassung im Entwurf der 2. Tagung der Verfassunggebenden Synode enthalten (Drucksache 3/II, Seite 34). Lediglich hinter dem Wort „wenn“ in Absatz 1 Satz 3 waren noch die Worte „und soweit“ vorhanden; diese wurden erst im Entwurf der 3. Tagung der Verfassunggebenden Synode gestrichen (Drucksache 4/III).
#3. Erläuterungen zum Entwurf der Verfassung
Die Erläuterungen zum Entwurf der Verfassung enthalten keine Ausführungen zu der Eilkompetenz des Kirchenkreisrats hinsichtlich der Aufgaben der Kirchenkreissynode.
#4. Weitere Materialien (insbesondere des Verbandes)
Der ursprüngliche Textentwurf im Mai 2010 sah lediglich zwei Absätze vor:
- (1) In dringenden Fällen nimmt der Kirchenkreisvorstand die Aufgaben der Kirchenkreissynode wahr, wenn die Kirchenkreissynode nicht rechtzeitig einberufen werden kann. Beschlüsse des Kirchenkreisvorstandes bedürfen der Bestätigung durch die Kirchenkreissynode. Die Gültigkeit von Maßnahmen, die auf der Grundlage der Beschlüsse des Kirchenkreisvorstandes vollzogen wurden, bleibt unberührt.
- (2) Zur Abwehr konkreter und unmittelbar bevorstehender Gefahren für eine Kirchengemeinde kann der Kirchenkreisvorstand die erforderlichen Maßnahmen treffen.
Der zweite Absatz – der vorherige Absatz 2 wurde zu Absatz 3 – war bereits in der Fassung vom 2. Juni 2010 eingeschoben worden.
Die NEK regte in ihrer Stellungnahme im Rahmen der 1. Tagung der Verfassunggebenden Synode an, in Absatz 1 folgenden Satz 3 anzufügen: „Wenn und soweit der Beschluss finanzielle Auswirkungen hat, die durch den Haushaltsplan nicht gedeckt sind, ist die bzw. der Vorsitzende des Finanzausschusses zu beteiligen.“ Darüber hinaus plädierte sie für die Streichung des Satzes 3 in Absatz 2. Diese Vorschläge wurden von der Steuerungsgruppe in ihrer Sitzung vom 21. Juli 2011 übernommen.
In der Sitzung des Rechtsausschusses vom 13. und 14. Mai 2011 wurde das Problem der Bestandskraft einer Eilentscheidung, wenn die Kirchenkreissynode zu keiner Entscheidung kommt, diskutiert. Ebenfalls Thema war das Erfordernis der absoluten Mehrheit des Kirchenkreisrates in Absatz 1. Für „unverzügliche“ gelte die Legaldefinition: ohne schuldhaftes Verzögern, also so schnell wie möglich. Ein Antrag, diese Formulierung durch „auf der nächsten Tagung“ zu ersetzen, wurde nicht angenommen. Auch über den Sinn und die Notwendigkeit der Amtsblattveröffentlichung wurde gesprochen. Der Ausschuss empfahl schließlich die Streichung dieses Satzes. Ein Antrag auf unveränderte Beibehaltung des Absatzes 2 Satz 2 wurde abgelehnt. Die Empfehlung für die Formulierung der Absätze 1 und 2 lautete:
- (1) In dringenden Fällen nimmt der Kirchenkreisrat die Aufgaben der Kirchenkreissynode wahr, wenn die Kirchenkreissynode nicht rechtzeitig einberufen werden kann. Der Beschluss des Kirchenkreisrates bedarf der Zustimmung der Mehrheit seiner Mitglieder und ist der bzw. dem Präses der Kirchenkreissynode unverzüglich mitzuteilen.
- (2) Beschlüsse nach Absatz 1 sind der Kirchenkreissynode unverzüglich zur Entscheidung vorzulegen. Die Kirchenkreissynode kann die Beschlüsse ändern oder aufheben. Die Gültigkeit von Maßnahmen, die auf der Grundlage von Beschlüssen nach Absatz 1 vollzogen wurden, bleibt unberührt.
Auch der Kirchenkreis Dithmarschen hinterfragte die Pflicht zur Veröffentlichung im Kirchlichen Amtsblatt. Die Kirchenkreise Hamburg-Ost und Hamburg-West/Südholstein merkten hierzu ebenfalls an, dass darauf generell verzichtet werden sollte, es gebe keine Veröffentlichungspflicht auch nicht bei „normalen“ Synodenentscheidungen mit Ausnahme von beispielsweise Satzungen und Pfarrstelleneinrichtungen oder -aufhebungen.
Der Kirchenkreis Schleswig-Flensburg sprach sich dafür aus, dass bei Eilentscheidungen mit finanziellen Auswirkungen der Finanzausschuss auf Kirchenkreisebene durch seine vorsitzende Person beteiligt werden sollte, wie es auf landeskirchlicher Ebene auch vorgesehen sei.
Es erfolgte schließlich noch die redaktionelle Änderung in Form der Streichung der Wörter „und soweit“ in Absatz 1 Satz 3.
#II. Vorgängervorschriften
#1. Verfassung der NEK
Die Eilkompetenzen des Kirchenkreisvorstands waren in der Verfassung der NEK in Artikel 33 Absatz 3 und 5 geregelt:
#- (3) 1 Außerhalb der Tagungen der Kirchenkreissynode nimmt der Kirchenkreisvorstand in dringenden Fällen die Aufgaben der Kirchenkreissynode wahr. 2 Über seine Maßnahmen hat er der Kirchenkreissynode auf ihrer nächsten Tagung zu berichten. 3 Die Kirchenkreissynode entscheidet, ob die Maßnahmen bestätigt oder geändert werden.
- (5) Der Kirchenkreisvorstand kann bei Gefahr im Verzuge auch anstelle eines Kirchenvorstandes die dringend erforderlichen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr anordnen oder durchführen.
2. Entsprechende Normen der ELLM/PEK
Das Verfassungsrecht der ELLM/PEK sah keine entsprechenden Befugnisse des Kirchenkreisrates bzw. Kreiskirchenrates vor.
§ 91 Kirchgemeindeordnung ELLM bestimmt aber zur Geltendmachung von vermögensrechtlicher Ansprüchen:
- Der Oberkirchenrat ist befugt, vermögensrechtliche Ansprüche im Namen der Kirchgemeinde oder der Kirchen geltend zu machen, wenn dies nicht binnen angemessener Frist durch den Kirchgemeinderat oder die Kirchenkreisverwaltung selbst geschieht oder wenn Ansprüche einer Mehrzahl von Kirchgemeinden oder Kirchen gleichzeitig erhoben werden müssen.
Artikel 103 Kirchenordnung PEK bestimmte:
#- Die Kirchenleitung kann aus zwingenden Gründen nach Anhörung der Gemeindekirchenräte den Kreiskirchenrat beauftragen, namens der einzelnen Kirchengemeinden des Kirchenkreises Rechtsgeschäfte vorzunehmen, insbesondere das Vermögen der Kirchengemeinde oder Teile desselben seinerseits zu verwalten.
3. Grundsätze zum Fusionsvertrag
Die Grundsätze zum Fusionsvertrag enthalten keine Ausführungen zur Eilkompetenz des Kirchenkreisrates.
#III. Ergänzende Vorschriften
#Normen mit Verfassungsrang
Nach 61 Absatz 2 können das vorsitzende und ein weiteres Mitglied des Kirchenkreisrates in dringenden Fällen für den Kirchenkreisrat die erforderlichen Maßnahmen treffen.
§ 91 KGO wiederholt Artikel 58 Absatz 3 (Ersatzvornahme in Einfällen). § 90 Absatz 2 KGO enthält eine Befugnis zur Ersatzvornahme im Rahmen der Aufsicht über die Haushaltsführung.
Nach § 24 Absatz 2 KGO entscheidet das Vorsitzende des Kirchengemeinderates (oder der Geschäftsführende Ausschuss nach § 44 KGO) in dringenden Fällen zwischen den Sitzungen.
##IV. Zusammenhänge und Rechtsvergleich
#1. Verweise auf andere Verfassungsbestimmungen
Artikel 89 enthält eine entsprechende Vorschrift über die Eilkompetenz der Kirchenleitung.
#2. Verweise auf kirchliches Recht (außerhalb der Nordkirche)
Artikel 49 Absatz 2 Grundordnung EKBO bestimmt:
- Die in Artikel 42 genannten Aufgaben [der Kirchenkreissynode] darf der Kreiskirchenrat nur wahrnehmen, wenn die Kreissynode nicht versammelt ist und nicht einberufen werden kann oder der Gegenstand ihre Einberufung nicht rechtfertigt und wenn die Regelung keinen Aufschub duldet. Entsprechende Beschlüsse sind der Kreissynode bei ihrer nächsten Tagung zur Bestätigung vorzulegen.
Nach Artikel 26 Absatz 2 Grundordnung EKBO kann der Kreiskirchenrat die Aufgaben des Gemeindekirchenrates bis zur Bestellung neuer Ältester selbst wahrnehmen. Nach Artikel 50 Absatz 6 kann er wenn dringende Fälle vorliegen mit Zustimmung des Konsistoriums längstens für ein Jahr Rechtsgeschäfte für eine einzelne Kirchengemeinde vornehmen.
Artikel 44 Absatz 2 Kirchenverfassung EKM bestimmt:
- Der Kreiskirchenrat kann im Ausnahmefall die der Kreissynode gemäß Artikel 38 Absatz 2 zugewiesenen Aufgaben wahrnehmen, wenn die Kreissynode nicht rechtzeitig einberufen werden kann und die Angelegenheit keinen Aufschub duldet. Solche Beschlüsse bedürfen der Bestätigung durch die Kreissynode. Versagt die Kreissynode die Bestätigung, so ist der Beschluss aufgehoben. Maßnahmen, die aufgrund des Beschlusses vollzogen sind, bleiben gültig.
Nach Artikel 29 Absatz 1 Kirchenverfassung EKM werden bis zur Neubildung die Rechte des Gemeindekirchenrates durch den Kreiskirchenrat wahrgenommen.
Artikel 36 Absatz 2 Kirchenverfassung Hannover bestimmt:
- Aufgrund eines Kirchengesetzes kann die Kirchenkreissynode beschließen, dass der Kirchenkreisvorstand einzelne ihrer Aufgaben wahrnimmt, wenn sie nicht versammelt ist.
Nach Artikel 23 Absatz 5 Kirchenverfassung Hannover nimmt der Kirchenkreisvorstand die Aufgaben und Befugnisse des Kirchenvorstandes vertretungsweise wahr, solange ein beschlussfähiger Kirchenvorstand nicht vorhanden ist.
#3. Verweise auf staatliches Recht
§ 125 Gemeindeordnung Schleswig-Holstein regelt die Ersatzvornahme durch die Kommunalaufsicht:
- Kommt die Gemeinde einer Anordnung der Kommunalaufsichtsbehörde nicht innerhalb der bestimmten Zeit nach, so kann die Kommunalaufsichtsbehörde die Anordnung anstelle und auf Kosten der Gemeinde selbst durchführen oder die Durchführung einem anderen übertragen.