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Erläuterungen
zu Artikel 61 der Verfassung

Bearbeitungsstand: Juli 2022

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Artikel 61
Vorsitz

( 1 ) Der Kirchenkreisrat wählt aus seiner Mitte ein vorsitzendes und ein stellvertretendes vorsitzendes Mitglied. Wird eine Pröpstin bzw. ein Propst zum vorsitzenden Mitglied gewählt, so ist ein ehrenamtliches Mitglied zum stellvertretenden vorsitzenden Mitglied zu wählen. Wird ein ehrenamtliches Mitglied zum vorsitzenden Mitglied gewählt, so ist eine Pröpstin bzw. ein Propst zum stellvertretenden vorsitzenden Mitglied zu wählen.
( 2 ) Das vorsitzende und ein weiteres Mitglied des Kirchenkreisrates können in dringenden Fällen für den Kirchenkreisrat die erforderlichen Maßnahmen treffen. Die Kirchenkreisverwaltung ist zu beteiligen. Die Mitglieder des Kirchenkreisrates sind unverzüglich zu unterrichten.
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Grundinformationen

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I. Textgeschichte

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1. Veränderungen

Die Vorschrift ist seit dem Inkrafttreten unverändert.
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2. Textentwicklung

Artikel 59: Vorsitz
(1) Der Kirchenkreisrat wählt eine Pröpstin bzw. einen Propst in den Vorsitz sowie ein ehrenamtliches Mitglied in den stellvertretenden Vorsitz.
(2) Das vorsitzende und ein weiteres Mitglied des Kirchenkreisrates können in dringenden Fällen für den Kirchenkreisrat die erforderlichen Maßnahmen treffen. Das Kirchenkreisamt ist zu beteiligen. Die Mitglieder des Kirchenkreisrates sind unverzüglich zu unterrichten.
(1. Tagung der Verfassunggebenden Synode, Drucksache 5, Seite 33)
Artikel 62: Vorsitz
(1) Der Kirchenkreisrat wählt eine Pröpstin bzw. einen Propst zum vorsitzenden Mitglied sowie ein ehrenamtliches Mitglied zum stellvertretenden vorsitzenden Mitglied.
(2) Das vorsitzende und ein weiteres Mitglied des Kirchenkreisrates können in dringenden Fällen für den Kirchenkreisrat die erforderlichen Maßnahmen treffen. Die Kirchenkreisverwaltung ist zu beteiligen. Die Mitglieder des Kirchenkreisrates sind unverzüglich zu unterrichten.
(2. Tagung der Verfassunggebenden Synode, Drucksache 3/II, Seite 36)
Erst zur 3. Tagung der Verfassunggebenden Synode erhielt Absatz 1 seine endgültige Fassung (Drucksache 4/III).
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3. Erläuterungen zum Entwurf der Verfassung

„Eine Pröpstin bzw. ein Propst ist zur bzw. zum Vorsitzenden des Kirchenkreisrates gemäß Artikel 59 zu wählen.“ (1. Tagung der Verfassunggebenden Synode, Drucksache 5, Seite 80)
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4. Weitere Materialien (insbesondere des Verbandes)

Der Entwurf von Prof. Dr. Unruh nach Bearbeitung durch die Textgruppe im Mai 2010 hatte folgende Fassung:
(1) Der Kirchenkreisvorstand wählt eine Pröpstin bzw. einen Propst in den Vorsitz (sowie ein ehrenamtliches Mitglied in den stellvertretenden Vorsitz).
(2) Das vorsitzende und ein weiteres Mitglied des Kirchenkreisvorstandes können in dringenden Fällen für den Kirchenkreisvorstand die erforderlichen Maßnahmen veranlassen. Die Kirchenkreisverwaltung ist zu beteiligen. Die Mitglieder des Kirchenkreisvorstandes sind unverzüglich zu unterrichten.
Die hier noch kursiv gedruckten Passagen wurden mit Stand 2. Juni 2010 Teil der Vorschrift, der Begriff „Kirchenkreisrat“ wurde verwendet.
Propst Dr. Gorski merkte hierzu an, dass der Inhalt des Absatzes 2 bereits in dem damaligen Artikel 59 geregelt sei.
Im Rahmen der 1. Tagung der Verfassunggebenden Synode wurde beantragt, Absatz 1 wie folgt zu formulieren: „Der Kirchenkreisrat wählt aus seiner Mitte in geheimer Wahl und in getrennten Wahlgängen ein vorsitzendes Mitglied und ein stellvertretendes Mitglied. Ist ein Ordinierter Vorsitzender, so ist ein ehrenamtliches Mitglied in die Stellvertretung zu wählen; oder umgekehrt.“ (Antrag 2).
Des Weiteren wurde mit Antrag 66/2 folgende Fassung für Absatz 1 vorgeschlagen: „Der Kirchenkreisrat wählt aus seiner Mitte eine Vorsitzende bzw. einen Vorsitzenden sowie eine Stellvertreterin bzw. einen Stellvertreter. Eine der beiden Funktionen sollte von einer Pröpstin bzw. einem Propst wahrgenommen werden.“ Es gebe nämlich keinen Grund, den Vorsitz für eine pröpstliche Person zu reservieren.
Die NEK schlug in ihrer Stellungnahme folgende Fassung für Absatz 1 vor: „Der Kirchenkreisrat wählt aus seiner Mitte in geheimer Wahl und in getrennten Wahlgängen ein vorsitzendes Mitglied und eine Stellvertretung. Wird eine Pröpstin oder ein Propst in den Vorsitz gewählt, so ist ein ehrenamtliches Mitglied in die Stellvertretung zu wählen. Wird ein ehrenamtliches Mitglied in den Vorsitz gewählt, so ist eine Pröpstin oder ein Propst in die Stellvertretung zu wählen.“
Der Rechtsausschuss diskutierte in seiner Sitzung vom 13. und 14. Mai 2010 die auf der 1. Tagung der Verfassunggebenden Synode gestellten Anträge. Es wurde mehrheitlich für nicht realistisch gehalten, dass es einen ehrenamtlichen Vorsitz im Kirchenkreisrat gebe, weswegen es auch nicht in die Verfassung aufgenommen werden solle.
Das Nordelbische Kirchenamt wies in seiner Stellungnahme darauf hin, dass es sich hinsichtlich der Anträge der 1. Tagung der Verfassunggebenden Synode um eine politische Grundsatzentscheidung handele. Ein Abweichen von der bisherigen Praxis wurde nicht empfohlen.
Der Rechtsausschuss lehnte Antrag 66/2 ausdrücklich ab.
Der Kirchenkreis Dithmarschen regte an, die Regelung analog zu dem damaligen Artikel 30 zu gestalten, die jetzige Formulierung widerspräche dem Grundsatz des damaligen Artikels 11.
Die Kirchenkreise Hamburg-Ost und Hamburg-West/Südholstein sprachen sich dafür aus, den Vorsitz nur auf eine pröpstliche Person zu begrenzen, aber die Möglichkeit zu eröffnen, mehrere Ehrenamtliche in die Stellvertretung zu wählen, indem das Wort „mindestens“ eingefügt werde.
Der Kirchenkreis Nordfriesland hingegen begrüßte die Möglichkeit, dass auch ein Laie den Kirchenkreisrat leiten könnte, wie es auch beim Vorsitz des Kirchengemeinderates geregelt sei. Artikel 39 Absatz 4 der Verfassung der NEK sollte mit dem Zusatz übernommen werden, dass im Falle eines Vorsitzes durch einen Laien eine pröpstliche Person den stellvertretenden Vorsitz übernehmen müsse.
Der Kirchenkreis Ostholstein wiederum stellte in Frage, ob die Stellvertretung im Ehrenamt überhaupt zu schaffen sei, so dass die Regelung nicht als zwingend auszugestalten sei.
Die Kirchenkreissynode des Kirchenkreises Rantzau-Münsterdorf sprach sich dafür aus, dass auch ein ehrenamtliches Mitglied die Leitung übernehmen können sollte – ebenso wie im Kirchengemeinderat. Folgende Formulierung wurde empfohlen: „(1) Der Kirchenkreisrat wählt aus seiner Mitte in geheimer Wahl und in getrennten Wahlgängen ein vorsitzendes Mitglied und eine Stellvertretung. Eine Mitarbeiterin bzw. ein Mitarbeiter des Kirchenkreises oder einer Kirchengemeinde des Kirchenkreises ist nicht wählbar. (2) Wird eine Pröpstin bzw. ein Propst in den Vorsitz gewählt, so ist ein ehrenamtliches Mitglied in die Stellvertretung zu wählen. Wird ein ehrenamtliches Mitglied in den Vorsitz gewählt, so ist eine Pröpstin bzw. ein Propst in die Stellvertretung zu wählen.“ Der aktuelle Absatz 2 sollte zu Absatz 3 werden.
Die Steuerungsgruppe entschied sich in der Sitzung vom 21. Juli 2011 für die von der NEK vorgeschlagene Fassung. Diese Entscheidung wurde allerdings später zurückgenommen, weil darin ein Verstoß gegen die Regelungen des Fusionsvertrags lag. Absatz 1 blieb daher in seiner bisherigen Form erhalten. Am 26. August 2011 wurde in der Steuerungsgruppe folgende Fassung beschlossen:
(1) Der Kirchenkreisrat wählt eine Pröpstin bzw. einen Propst zum vorsitzenden Mitglied sowie ein ehrenamtliches Mitglied zum stellvertretenden vorsitzenden Mitglied.
(2) Das vorsitzende und ein weiteres Mitglied des Kirchenkreisrates können in dringenden Fällen für den Kirchenkreisrat die erforderlichen Maßnahmen treffen. Die Kirchenkreisverwaltung ist zu beteiligen. Die Mitglieder des Kirchenkreisrates sind unverzüglich zu unterrichten.
Auf der 2. Tagung der Verfassunggebenden Synode wurde beantragt, dass die Synode beschließen möge, dass der damalige Artikel 62 folgende Fassung erhalte:
„(1) Der Kirchenkreisrat wählt aus seiner Mitte ein vorsitzendes Mitglied und ein stellvertretendes vorsitzendes Mitglied. Eine Mitarbeiterin bzw. ein Mitarbeiter des Kirchenkreises ist nicht wählbar.
(2) Wird eine Pröpstin zum vorsitzenden Mitglied gewählt, so ist ein ehrenamtliches Mitglied zum stellvertretenden vorsitzenden Mitglied zu wählen. Wird ein ehrenamtliches Mitglied zum vorsitzenden Mitglied gewählt, so ist eine Pröpstin bzw. der Propst zum stellvertretenden vorsitzenden Mitglied zu wählen.
(3) Der bisherige Absatz 2 wird Absatz 3.“
Dieser Antrag II-54 hatte sich mit Antrag 48 erledigt, der folgendermaßen lautete und angenommen wurde:
„Die Synode möge beschließen: Artikel 62 Absatz 1 erhält folgende Fassung:
Der Kirchenkreisrat wählt aus seiner Mitte ein vorsitzendes Mitglied und ein stellvertretendes vorsitzendes Mitglied. Wird eine Pröpstin bzw. ein Propst zum vorsitzenden Mitglied gewählt, so ist ein ehrenamtliches Mitglied zum stellvertretenden vorsitzenden Mitglied zu wählen. Wird ein ehrenamtliches Mitglied zum vorsitzenden Mitglied gewählt, so ist eine Pröpstin bzw. ein Propst zum stellvertretenden vorsitzenden Mitglied zu wählen.“
Das Rechtsdezernat wies noch darauf hin, dass es in Satz 1 grammatikalisch korrekt „einen“ Propst heißen müsse.
Im Rechtsausschuss blieb es auch in der Sitzung vom 4. bis 6. November 2011 bei der Kritik hinsichtlich der Wählbarkeit eines Ehrenamtlichen in den Vorsitz, was dem Fusionsvertrag widerspräche. In allen Bereichen außer den Arbeitsrechtsregelungen könne die Synode allerdings vom Fusionsvertrag abweichen, wenn sie dies mit deutlicher Mehrheit und unter Benennung der Modifikation des Fusionsvertrages tue. Mitarbeitende seien nach dieser Formulierung nicht in den Vorsitz wählbar.
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II. Vorgängervorschriften

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1. Verfassung der NEK

Artikel 39 der Verfassung NEK enthielt Regelungen zum Kirchenkreisvorstand; Absatz 4 regelte den Vorsitz, Absatz 7 die Eilentscheidungskompetenz:
(4) Der Kirchenkreisvorstand überträgt durch Wahl je einem seiner Mitglieder den Vorsitz und den stellvertretenden Vorsitz. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kirchenkreises dürfen den Vorsitz nicht führen. Das vorsitzende Mitglied des Kirchenkreisvorstandes kann an Sitzungen aller kirchlichen Gremien im Kirchenkreis teilnehmen und ist auf seinen Wunsch zu hören.
(7) Das vorsitzende und ein weiteres Mitglied des Kirchenkreisvorstandes können in dringenden Fällen die nicht aufschiebbaren Maßnahmen veranlassen. Die Verwaltung des Kirchenkreises ist zu beteiligen. Die Mitglieder des Kirchenkreisvorstandes sind über die Maßnahmen unverzüglich zu unterrichten.
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2. Entsprechende Normen der ELLM/PEK

Nach Artikel 8 Absatz 1 Nr. 1 Kirchenkreisordnung ELLM gehörte der Landessuperintendent dem Kirchenkreisrat kraft Amtes als Vorsitzender an.
Artikel 11 Kirchenkreisordnung ELLM regelte die Aufgaben des geschäftsführenden Ausschusses und bestimmte in Absatz 2:
(2) Er entscheidet in Eilfällen / Angelegenheiten, die dem Kirchenkreisrat vorbehalten sind, jedoch nur, wenn die rechtzeitige Einberufung des Kirchenkreisrates nicht gerechtfertigt oder nicht möglich ist. Solche Beschlüsse bedürfen der nachträglichen Bestätigung durch den Kirchenkreisrat.
Nach Artikel 104 Absatz 1 Kirchenordnung PEK gehörte die Superintendentin bzw. der Superintendent dem Kreiskirchenrat kraft Amtes als Vorsitzender an.
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3. Grundsätze zum Fusionsvertrag

III.4 Kirchenkreisvorstand
[…] Vorsitzende oder Vorsitzender des Kirchenkreisvorstandes ist eine Pröpstin bzw. ein Propst, die bzw. der vom Kirchenkreisvorstand gewählt wird.
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III. Ergänzende Vorschriften

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Satzungen (der Kirchenkreise etc.)

Die Kirchenkreissatzungen wiederholen die Verfassungsvorschrift. In der Rechtswirklichkeit wird der Vorsitz im Kirchenkreisrat stets durch eine pröpstliche Person wahrgenommen.
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IV. Zusammenhänge und Rechtsvergleich

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1. Verweise auf andere Verfassungsbestimmungen

Artikel 50 und Artikel 82 enthalten Regelungen zum Präsidium der Kirchenkreis- bzw. der Landessynode. Regelungen zum Vorsitz finden sich in Artikel 31 für den Kirchengemeinderat und in Artikel 93 für die Kirchenleitung.
Nach § 24 Absatz 2 KGO entscheidet das Vorsitzende des Kirchengemeinderates (oder der Geschäftsführende Ausschuss nach § 44 KGO) in dringenden Fällen zwischen den Sitzungen.
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2. Verweise auf kirchliches Recht (außerhalb der Nordkirche)

Nach Artikel 52 Absatz 1 Nr. 1 Grundordnung EKBO gehört die Superintendentin oder der Superintendent dem Kreiskirchenrat kraft Amtes als Vorsitzende oder Vorsitzender an.
Die Kirchenverfassung der EKM enthält keine ausdrückliche Regelung über den Vorsitz des Kirchenkreisrates. Artikel 47 regelt den Leitungsdienst des Superintendenten und bestimmt in Absatz 1 Satz 2: „Als Vorsitzender des Kreiskirchenrates trägt er die Verantwortung dafür, dass dieser seine Leitungsaufgaben wahrnimmt.“
Die Kirchenverfassung der Landeskirche Hannovers enthält keine ausdrückliche Regelung über den Vorsitz des Kirchenkreisvorstandes. Artikel 38 regelt die Aufgaben der Superintendentin oder des Superintendenten und bestimmt in Absatz 1 Satz 2 „Als vorsitzendes Mitglied des Kirchenkreisvorstandes trägt sie oder er gleichzeitig Verantwortung dafür, dass der Kirchenkreisvorstand seine Leitungsaufgaben wahrnimmt.“