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Richtlinie der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands zur Ordnung der Beauftragung und des Dienstes der Prädikanten und Prädikantinnen1#

Vom 3. März 2008

(ABl. VELKD Bd. VII S. 395)

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Die Bischofskonferenz der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands hat auf ihrer Tagung am 13./14. Oktober 2006 das Papier „Ordnungsgemäß berufen“2# als Empfehlung gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verfassung der VELKD beschlossen.
Die Kirchenleitung hat im Einvernehmen mit der Bischofskonferenz gemäß Artikel 6 Absatz 2 der Verfassung der VELKD die folgenden Grundsätze als Richtlinie erlassen, die von den Gliedkirchen in Gesetzgebung und Verwaltung beachtet werden sollen:
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1. Grundsatzbestimmung

Auftrag der Kirche ist die Verkündigung des Evangeliums zu allen Zeiten und an allen Orten. Dazu ruft Gott Menschen in seinen Dienst.
Die Kirche beruft getaufte und befähigte Gemeindeglieder ordnungsgemäß zum geordneten Dienst der öffentlichen Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung nach Artikel 14 der Confessio Augustana von 1530, indem sie einerseits Pfarrer und Pfarrerinnen ordiniert und andererseits Prädikanten und Prädikantinnen beauftragt. Die Beauftragten stehen zusammen mit den Ordinierten im Amt der öffentlichen Verkündigung der einen, heiligen, allgemeinen und apostolischen Kirche. Die Kirche bezeugt damit das Vertrauen, dass Gott durch Wort und Sakrament, denen die ordnungsgemäß Berufenen dienen, Glauben weckend und stärkend wirksam ist.
Zur Erfüllung ihrer Aufgaben in unterschiedlichen Verantwortungsbereichen, verschieden auch nach Umfang, Ort und Zeitdauer, erhalten die Prädikanten und Prädikantinnen einen Dienstauftrag.
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2. Geltungsbereich

Die rechtlichen Bestimmungen des Dienstes der Prädikanten und Prädikantinnen sollen derart aufeinander abgestimmt sein, dass die Beauftragung und der ehrenamtliche Dienst von Prädikanten und Prädikantinnen innerhalb der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands und ihrer Gliedkirchen weitestgehend einheitlichen gesetzlichen Bestimmungen folgt. Auf diese Weise soll insbesondere der Wechsel von Prädikanten und Prädikantinnen zwischen den Gliedkirchen der VELKD erleichtert werden.
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3. Persönliche Voraussetzungen

Zum Prädikantendienst kann ein getauftes Kirchenmitglied beauftragt werden, wenn es zum Kirchenvorstand wählbar ist, wenn es sich aktiv am kirchlichen und gottesdienstlichen Leben beteiligt sowie wenn es zur Beauftragung mit dem Prädikantendienst geeignet und vorbereitet ist und sich bewährt hat. Das Nähere regeln die Vereinigte Kirche und ihre Gliedkirchen je für ihren Bereich.
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4. Ausbildung

Die Zulassung zur Ausbildung zum Prädikantendienst bedarf eines Antrags der kirchlichen Körperschaft oder Einrichtung, in deren Bereich der Prädikant oder die Prädikantin tätig sein soll. Der Antrag soll im Einvernehmen mit dem jeweils zuständigen Inhaber oder der Inhaberin eines kirchlichen Leitungs- und Aufsichtsamtes gestellt werden. Für den Dienst im übergemeindlichen Bereich ist ein Beschluss des Organs oder der beteiligten Organe oder des oder der jeweiligen Leitungsgremien erforderlich.
Die Aus- und Fortbildung soll nach einem in der Vereinigten Kirche und ihren Gliedkirchen abgestimmten Curriculum durchgeführt werden. Durch dieses Curriculum sollen vergleichbare Ausbildungsstandards gesetzt werden.
Als Voraussetzung für die Beauftragung kann im Einzelfall auch die Prädikantenausbildung einer anderen Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland oder einer anderen Kirche, mit der Kirchengemeinschaft besteht, insbesondere einer Mitgliedskirche des Lutherischen Weltbundes, oder eine andere vergleichbare Ausbildung anerkannt werden.
Nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung entscheidet der jeweils zuständige Inhaber oder die Inhaberin eines kirchlichen Leitungs- und Aufsichtsamtes im Einvernehmen mit der zuständigen obersten kirchlichen Verwaltungsbehörde auf Antrag der kirchlichen Körperschaft oder Einrichtung, in deren Bereich der Prädikant oder die Prädikantin tätig sein soll, über die Beauftragung. Dem Antrag muss eine Empfehlung des für die Prädikantenausbildung zuständigen Gremiums beiliegen.
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5. Beauftragung

Die Prädikanten und Prädikantinnen werden mit dem Amt der öffentlichen Verkündigung beauftragt. Die Beauftragung erfolgt einmalig, ist unbefristet und gilt innerhalb der Vereinigten Kirche und ihrer Gliedkirchen.
Die Prädikanten und Prädikantinnen sind durch die Beauftragung verpflichtet, den übertragenen Dienst in Gehorsam gegen Gott, in Treue gemäß dem Evangelium von Jesus Christus, wie es in der Heiligen Schrift gegeben, und im Bekenntnis der evangelisch-lutherischen Kirche bezeugt ist, auszuüben.
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6. Vollzug der Beauftragung

Der Prädikant oder die Prädikantin wird durch den Bischof oder die Bischöfin oder durch einen Inhaber oder eine Inhaberin des bischöflichen Amtes beauftragt und in einem nach der Ordnung der Agende gestalteten Gottesdienst unter Gebet und Handauflegung gesegnet, in den Prädikantendienst berufen und gesandt.
Der Prädikant oder die Prädikantin erhält eine Urkunde über die Beauftragung. Die Beauftragung wird in geeigneter Weise bekannt gemacht.
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7. Dienstauftrag

Aufgrund der Beauftragung wird dem Prädikanten oder der Prädikantin von dem jeweils zuständigen Inhaber oder der Inhaberin eines kirchlichen Leitungs- und Aufsichtsamtes ein Dienstauftrag erteilt. Dieser Dienstauftrag wird durch eine Dienstordnung konkretisiert. Die Gliedkirchen erlassen je für ihren Bereich Musterdienstordnungen. In diesen ist insbesondere der Umfang des Dienstes festzusetzen.
Der Dienstauftrag ist zeitlich zu befristen und kann auf Antrag hin verlängert werden, wenn ein regelmäßiger Dienst und die Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen nachgewiesen werden. Der Dienstauftrag ist örtlich auf einen bestimmten Dienstbereich zu beschränken. Er wird im Einvernehmen mit dem jeweils zuständigen Pfarrer oder der jeweils zuständigen Pfarrerin ausgeübt.
In der Dienstordnung, die der Genehmigung durch den Bischof oder die Bischöfin oder einer von ihm oder ihr beauftragten Person bedarf, ist insbesondere festzulegen:
  1. der Dienstbereich, in dem der Prädikant oder die Prädikantin tätig werden soll (z. B. Kirchengemeinde, Dekanat bzw. Kirchenkreis, Einrichtung),
  2. inwieweit der Dienstauftrag regelmäßige Gottesdienste mit Feier des Abendmahls umfasst,
  3. die Teilnahme an Dienstbesprechungen oder Sitzungen des Kirchenvorstandes, wenn wichtige Fragen des Amtes der Verkündigung beraten werden,
  4. die Einbindung in die Gemeinschaft der übrigen nach CA 14 ordnungsgemäß berufenen Personen.
Ausnahmsweise kann im Einzelfall der Dienstauftrag auch auf Amtshandlungen (Taufen, Trauungen, Bestattungen) erweitert werden, die der Prädikant oder die Prädikantin im Einvernehmen mit dem für die Gemeinde zuständigen Pfarrer oder der für die Gemeinde zuständigen Pfarrerin vornimmt.
10 Ausnahmsweise kann die Dienstordnung bestimmen, dass dem Prädikanten oder der Prädikantin nach dem erfolgreichen Abschluss einer zusätzlichen Seelsorgeausbildung besondere Seelsorgeaufgaben übertragen werden. 11 In diesem Fall hat der Prädikant oder die Prädikantin die Unverbrüchlichkeit des Beichtgeheimnisses und die seelsorgliche Schweigepflicht zu wahren.
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8. Allgemeine Rechte und Pflichten

Prädikanten und Prädikantinnen sind in ihrem Dienst an die kirchlichen Ordnungen gebunden. Sie sind verpflichtet, sich in ihrer Lebensführung und innerhalb und außerhalb ihres Dienstes so zu verhalten, wie es ihrem Auftrag entspricht. Dieses gilt insbesondere auch im Hinblick auf ihre politische Betätigung.
Prädikanten und Prädikantinnen tragen die für ihren Dienst vorgeschriebene liturgische Kleidung oder eine dem Gottesdienst angemessene andere Kleidung.
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9. Dienstverschwiegenheit

Über alles, was ihnen in Ausübung des Prädikantendienstes vertraulich mitgeteilt wird, haben sie Stillschweigen zu wahren.
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10. Begleitung des Dienstes

Die Vereinigte Kirche und ihre Gliedkirchen begleiten die Prädikanten und Prädikantinnen in ihrem Dienst. Prädikanten und Prädikantinnen sind berechtigt und verpflichtet, diese Begleitung anzunehmen und die für ihren Dienst erforderlichen Kompetenzen durch regelmäßige Fortbildung fortzuentwickeln. Sie sind berechtigt und verpflichtet, sich visitieren zu lassen.
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11. Dienstaufsicht, Lehraufsicht

Die Aufsicht über Lehre und Dienst obliegt dem jeweils zuständigen Inhaber oder der Inhaberin eines kirchlichen Leitungs- und Aufsichtsamtes, in deren Bereich der Prädikant oder die Prädikantin eingesetzt ist.
Im Rahmen der Dienstaufsicht sind die Inhaber und Inhaberinnen kirchlicher Leitungs- und Aufsichtsämter insbesondere berechtigt, die Prädikanten und Prädikantinnen zu beraten, anzuleiten, zu ermahnen und zu rügen sowie Anordnungen für die Wahrnehmung des Dienstauftrages zu treffen.
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12. Auslagenersatz, Versicherungsschutz

Prädikanten und Prädikantinnen üben ihren Dienst ehrenamtlich aus. Die Beauftragung zum Prädikantendienst begründet kein Dienst- oder Anstellungsverhältnis. Sie haben nach Maßgabe des gliedkirchlichen Rechts Anspruch auf Ersatz der im Rahmen ihres Dienstes und für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen erforderlich gewordenen Auslagen.
Sie genießen nach Maßgabe des gliedkirchlichen Rechts während ihres Dienstes sowie für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen im Rahmen der geltenden Bestimmungen Versicherungsschutz.
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13. Ende des Dienstauftrages

Der Dienstauftrag endet,
  1. wenn der Prädikant oder die Prädikantin eine Hauptwohnung außerhalb des im Dienstauftrag festgelegten Dienstbereichs nimmt,
  2. wenn die Befristung des Dienstauftrags ausläuft und der Dienstauftrag nicht verlängert wird oder
  3. wenn der Prädikant oder die Prädikantin das 70. Lebensjahr vollendet und der Dienstauftrag nicht verlängert wird.
Der Dienstauftrag kann durch die oberste kirchliche Verwaltungsbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle beendet werden,
  1. wenn der Prädikant oder die Prädikantin es beantragt,
  2. wenn gesundheitliche Beeinträchtigungen dies nahelegen oder
  3. wenn ein gedeihliches Wirken des Prädikanten oder der Prädikantin in seinem oder ihrem Dienstbereich nicht mehr gewährleistet ist.
Wenn der Dienstauftrag endet oder beendet wird, ruhen die Rechte aus der Beauftragung. Wird ein neuer Dienstauftrag erteilt, so wird der Prädikant oder die Prädikantin durch den jeweils zuständigen Inhaber oder die Inhaberin eines kirchlichen Leitungs- und Aufsichtsamtes in einem Gottesdienst vorgestellt und an die Beauftragung erinnert.
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14. Verlust der Rechte aus der Beauftragung

Der Prädikant oder die Prädikantin verliert die Rechte aus der Beauftragung mit dem Amt der öffentlichen Verkündigung, wenn er oder sie die evangelisch-lutherische Kirche durch Austrittserklärung verlässt, zu einer anderen Kirche übertritt oder in eine andere Religionsgemeinschaft wechselt.
Die Beauftragung ist durch die oberste kirchliche Verwaltungsbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle zu beenden,
  1. wenn der Prädikant oder die Prädikantin es beantragt,
  2. wenn eine der Voraussetzungen für die Beauftragung wegfällt,
  3. wenn der Prädikant oder die Prädikantin in erheblicher Weise die Pflichten aus der Beauftragung oder aus dem Dienstauftrag verletzt,
  4. wenn der Prädikant oder die Prädikantin öffentlich durch Wort oder Schrift in der Darstellung der christlichen Lehre oder im gottesdienstlichen Handeln in entscheidenden Punkten in Widerspruch zum Bekenntnis der evangelisch-lutherischen Kirche tritt und beharrlich daran festhält.
Die Urkunde über die Beauftragung ist zurückzugeben.

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1 ↑ Red. Anm.: Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland hat die Beauftragung und den Dienst der Prädikantinnen und Prädikanten durch das Kirchengesetz zur Ordnung der Beauftragung und des Dienstes der Prädikantinnen und Prädikanten (Prädikantengesetz – PrädG) vom 11. Dezember 2013 (KABl. 2014 S. 106) geregelt, das als Ordnungsnummer 3.160 Bestandteil dieser Rechtssammlung ist und sich inhaltlich weitgehend an dieser Richtlinie orientiert.
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2 ↑ Red. Anm.: Das Papier der VELKD ist auf der Internetseite der VELKD hinterlegt unter: http://www.velkd.de/publikationen/texte-aus-der-velkd.php?publikation=373&kategorie=22