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Konzeption zur Nutzung von Kirchen
in der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs1#

Vom 4. Dezember 2004

(KABl 2005 S. 3)

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Grundlegung

Christliche Kirchen dienen dem Gottesdienst und dem Zeugnis der christlichen Botschaft. Für den christlichen Glauben sind die Verkündigung des Evangeliums und die Feier der Sakramente entscheidend. Deshalb sind Kirchenräume als solche für den Glauben keine Grundvoraussetzung. Dennoch sind sie sichtbare Zeichen dafür, dass Gott Wohnung unter uns Menschen nimmt. Sie sind sichtbare Orte für die Weitergabe des Evangeliums und als solche öffentlich erkennbar und auf Dauer angelegt.
Als so geprägte Räume haben die Kirchgebäude darüber hinaus eine kulturelle Bedeutung. Dies gilt sowohl in ihrer Wirkung nach innen bezüglich der dort versammelten Gemeinde wie nach außen als Wahrzeichen des Glaubens am Ort. Sie sind nicht nur Orte, in denen gepredigt wird, sondern sie predigen selbst. So bleiben sie auch in einer Gesellschaft, die sich nicht mehr selbstverständlich als christlich versteht, ein öffentliches Wahrzeichen für die Gegenwart Gottes in der Welt. 10 Dies gilt auch, wenn sie nicht mehr für Gottesdienste genutzt werden sollten. 11 Als Orte der Besinnung und der Ruhe für Christen wie für Nichtchristen sind sie unverzichtbar.
12 Von Seiten des Staates genießen Gottesdiensträume einen rechtlichen Schutz vor beleidigenden Übergriffen Dritter. 13 Ihre kirchliche Widmung ist eine öffentliche Sache nach staatlichem Recht.
14 Zur verantwortlichen Nutzung der Kirchen gehört daher ein Umgang, der ihrem Gebrauch als Gottesdienstlichem Versammlungsort der Gemeinde sowie ihrer öffentlichen Zeichenfunktion nicht entgegensteht.
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Die gottesdienstliche Nutzung der Kirchen

In der Versammlung der Gemeinde zum Gottesdienst, in dem Gottes Wort verkündigt wird und die Sakramente gefeiert werden, hat das kirchliche Leben sein Zentrum. Um diesem Zentrum einen Ort zu geben, wurden und werden Kirchgebäude errichtet. Ihre gottesdienstliche Nutzung hat somit Vorrang vor allen anderen Nutzungsarten.
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Außergottesdienstliche Nutzung von Kirchen durch die Kirchgemeinden

Gottesdienstliche Räume können neben dem Gottesdienst auch den vielfältigen nicht gottesdienstlichen Arbeitsformen der Gemeinden dienen.
Darüber hinaus können Kirchen grundsätzlich auch für weitere Veranstaltungen genutzt werden, wenn diese der christlichen Botschaft nicht zuwiderlaufen. Solche Veranstaltungen können zum Beispiel sein: Konzerte, Filmvorführungen, Theaterveranstaltungen, Ausstellungen, öffentliche Gespräche zu Grundfragen des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Diese Veranstaltungen bedürfen der Zustimmung des Kirchgemeinderates und des Einvernehmens mit dem Landessuperintendenten (§ 32 Nummer 6 Kirchgemeindeordnung).
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Nichtkirchliche Nutzung von Kirchen

Die Nutzung von Kirchen für nichtkirchliche Veranstaltungen ist grundsätzlich möglich, soweit deren inhaltliche Ausrichtung der christlichen Botschaft und dem Dienst der Kirche nicht entgegensteht. Bei der Vermietung oder Überlassung von Kirchenräumen an nichtkirchliche Nutzer ist deshalb darauf zu achten, dass sich mit der Nutzung keine Gegensymbolik zum Widmungszweck des Raumes entfaltet.
Für jede nichtkirchliche Nutzung von Kirchgebäuden sind ein Beschluss des Kirchgemeinderates und die Genehmigung des Landessuperintendenten erforderlich (§ 32 Nummer 6 Kirchgemeindeordnung).
Nicht möglich sind:
  • nichtkirchliche Veranstaltungen aus Anlass der Geburt,
  • nichtkirchliche Veranstaltungen zum Übergang vom Kindesalter in das Erwachsenenalter,
  • nichtkirchliche Veranstaltungen aus Anlass einer Hochzeit,
  • nichtkirchliche Veranstaltungen aus Anlass von Familienjubiläen,
  • nichtkirchliche Trauerfeiern (abgesehen von besonderen Ausnahmefällen, siehe unten),
  • gewaltverherrlichende Veranstaltungen,
  • Veranstaltungen, die die Menschenwürde diskreditieren sowie einzelne oder Gruppen von Menschen ausgrenzen,
  • Zusammenkünfte von Angehörigen einer nichtchristlichen Religion, bzw. Religionsgemeinschaften, die nicht der ACK angehören,
  • Veranstaltungen, die dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Trennung von Staat und Kirche zuwiderlaufen,
  • Veranstaltungen von Parteien,
  • Veranstaltungen bzw. Feiern, bei denen ein Missbrauch der Symbolbedeutung des Kirchgebäudes in Kauf genommen bzw. bewusst herbeigeführt werden soll.
In besonderen Ausnahmefällen sind nichtkirchliche Trauerfeiern in Kirchen, die gottesdienstlich genutzt werden, möglich. Dabei müssen mindestens folgende Bedingungen erfüllt sein:
  • Es steht keine Trauerhalle zur Verfügung.
  • Außerhalb des gottesdienstlichen Raumes der Kirchgemeinde kann kein Raum angeboten werden.
  • In jedem Fall wird ein persönliches Gespräch des Pastors mit den Angehörigen geführt.
  • Die Kirchgemeinde wahrt ihr Hausrecht durch eine entsprechende Begrüßung des zuständigen Pastors oder eines Vertreters des Kirchgemeinderates bei der Trauerfeier.
  • Altar und Kanzel werden nicht benutzt.
  • Die Kerzen auf dem Altar werden nicht angezündet und die Glocken nicht geläutet.
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Umnutzung von Kirchen
durch die Kirchgemeinde oder andere kirchliche Körperschaften

Angesichts zahlenmäßig kleiner Gemeinden können Mehrfachnutzungen insbesondere großer Kirchen angestrebt werden: Neben dem Gottesdienstraum können zum Beispiel Gemeinderäume, kirchliche Büroräume oder auch Wohnungen in das Kirchgebäude eingebaut werden. Belange des Denkmalschutzes sind dabei ebenso zu beachten wie andere rechtliche Vorschriften.
In Bereichen, wo nicht jedes Kirchgebäude für den Gottesdienst genutzt werden muss, können Konzepte von City-Kirchen, Konzert- oder Ausstellungskirchen etc. in kirchlicher Trägerschaft entwickelt werden. Sie dienen der Erfüllung des kirchlichen Verkündigungsauftrages in seinen vielfältigen Formen.
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Fremdnutzung von Kirchen

Für die Fremdnutzung (Vermietung) kirchlicher Räume gilt, dass diese einen Bezug zu kirchlichen Arbeitsfeldern haben sollte. Solche kirchennahen Arbeitsfelder wären zum Beispiel Bildungseinrichtungen, Tagungs- und Begegnungsstätten, Kultureinrichtungen, Ausstellungsräume, Konzertsäle, soziale Aktivitäten (Suppenküchen).
Vor der Fremdnutzung einer Kirche muss geprüft werden, ob der Gottesdienstraum entwidmet werden muss.
Im Bereich der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs werden Kirchgebäude grundsätzlich nicht verkauft. Die Veräußerung einer Kirche im Ausnahmefall setzt die Genehmigung der Kirchenleitung voraus.
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Erhaltung von Kirchen

Die Erhaltung von Kirchen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Der Erhaltungszustand von Kirchgebäuden ist ein Spiegel für das kirchliche Leben und für das Kultur- und Traditionsbewusstsein der Gesellschaft.
Sollte ein Kirchgebäude auch durch Notsicherungsmaßnahmen baulich nicht mehr zu sichern sein, ist durch geeignete Absperrmaßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass niemand zu Schaden kommt. Die Öffentlichkeit soll darauf aufmerksam gemacht werden, warum das Kirchgebäude nicht erhalten werden kann.
Im Bereich der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs werden Kirchgebäude grundsätzlich nicht abgerissen. Ausnahmen bedürfen eines Beschlusses der Kirchenleitung.

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1 ↑ Red. Anm.: Die Konzeption gilt auf dem Gebiet der ehemaligen Ev-Luth. Landeskirche Mecklenburgs bis zu einer anderweitigen Regelung durch die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland weiter, soweit sie der Verfassung, dem Einführungsgesetz und den weiteren von der Verfassunggebenden Synode beschlossenen Kirchengesetzen nicht widerspricht oder im Einführungsgesetz keine abweichende Regelung getroffen wird, vgl. Teil 1 § 2 Absatz 2 des Einführungsgesetzes vom 7. Januar 2012 (KABl. S. 30, 127, 234) in der jeweils geltenden Fassung.