.

Vertrag
zwischen
dem Land Schleswig-Holstein
und den evangelischen Landeskirchen
in Schleswig-Holstein1#, 2#

Vom 23. April 1957

(KGVOBl. S. 31)

Das Land Schleswig-Holstein,
vertreten durch den Ministerpräsidenten,
und
die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Schleswig-Holsteins,
vertreten durch ihre Kirchenleitung,
die Evangelisch-lutherische Kirche in Lübeck, vertreten durch ihre Kirchenleitung,
die evangelisch-lutherische Landeskirche Eutin,
vertreten durch ihren Landeskirchenrat,
geleitet von dem Wunsch, das freundschaftliche Verhältnis zwischen dem Lande und den Kirchen zu festigen und zu fördern,
ausgehend von der Tatsache, dass der Vertrag der evangelischen Landeskirchen mit dem Freistaat Preußen vom 11. Mai 1931 nebst dem dazugehörenden Schlussprotokoll zwischen der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schleswig-Holsteins und dem Lande unbestritten in Geltung steht,
haben in Übereinstimmung über den Öffentlichkeitsauftrag der Kirchen und ihre Eigenständigkeit beschlossen,
diesen Vertrag im Sinne echter freiheitlicher Ordnung fortzubilden und zur einheitlichen Gestaltung des Verhältnisses des Landes zu den Kirchen wie folgt zu fassen:
####

Artikel 1

Das Land Schleswig-Holstein gewährt der Freiheit, den evangelischen Glauben zu bekennen und auszuüben, den gesetzlichen Schutz.
#

Artikel 2

( 1 ) Die Kirchen ordnen und verwalten ihre Angelegenheiten selbstständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes.
( 2 ) Die Kirchen, Propsteien, Kirchengemeinden und aus ihnen gebildeten Verbände sind Körperschaften des öffentlichen Rechts. Ihr Dienst ist öffentlicher Dienst.
#

Artikel 3

( 1 ) Die Kirchenleitungen und die Landesregierung werden zur Pflege ihrer Beziehungen regelmäßige Begegnungen anstreben. Sie werden sich vor Regelung von Angelegenheiten, die die beiderseitigen Interessen berühren, miteinander ins Benehmen setzen und sich jederzeit zu einer Besprechung solcher Fragen zur Verfügung stellen.
( 2 ) Die Kirchen werden untereinander eine enge Verbindung aufnehmen, um ihre Anliegen gegenüber dem Land einheitlich zu vertreten. Zu diesem Zweck werden sie gemeinsame Bevollmächtigte bestellen und eine Geschäftsstelle am Sitz der Landesregierung einrichten.
#

Artikel 4

( 1 ) Die evangelische Theologische Fakultät an der Universität Kiel bleibt für die wissenschaftliche Vorbildung der Geistlichen bestehen.
( 2 ) Vor der Anstellung eines ordentlichen oder außerordentlichen Professors an der Theologischen Fakultät Kiel wird den Kirchen Gelegenheit zu gutachtlicher Äußerung in Bezug auf Bekenntnis und Lehre gegeben.
( 3 ) Der evangelische Universitätsprediger wird im Einvernehmen mit der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schleswig-Holsteins ernannt.
#

Artikel 5

( 1 ) Die wissenschaftliche Vorbildung der Lehrkräfte in evangelischer Religionspädagogik an der Universität Kiel, den Pädagogischen Hochschulen und, soweit erforderlich, weiteren Ausbildungsstätten wird ermöglicht. Soweit durch diese Ausbildungsstätten der Bedarf an Religionslehrern nicht gedeckt wird und die erforderlichen Lehrkräfte nicht anderweitig zur Verfügung stehen, bleibt es den Kirchen überlassen, im Einvernehmen mit dem Land kirchliche Ausbildungsstätten zu errichten. Die Höhe der vom Land zu erstattenden Kosten bleibt besonderer Vereinbarung vorbehalten.
( 2 ) Bei der Anstellung der Dozenten für evangelische Religion und Methodik des Religionsunterrichts an den Pädagogischen Hochschulen des Landes wird entsprechend Artikel 4 Abs. 2 verfahren. Der Wechsel von einer Pädagogischen Hochschule des Landes zu einer anderen gilt nicht als Anstellung im Sinne dieser Bestimmung. Die Sätze 1 und 2 dieses Absatzes gelten entsprechend für andere Ausbildungsstätten des Landes. Soweit die Kirchen nach Maßgabe des Absatzes 1 Satz 2 kirchliche Ausbildungsstätten schaffen, werden die Lehrkräfte im Einvernehmen mit dem Land angestellt.
( 3 ) Bei der ersten Prüfung für das Lehramt an Volksschulen wirkt für die Prüfung in evangelischer Religion ein Vertreter der Kirchen als stimmberechtigtes Mitglied des Prüfungsausschusses mit. Die Lehrbefähigung für den Religionsunterricht wird im Einvernehmen mit dem Vertreter der Kirchen erteilt.
( 4 ) Absatz 3 gilt entsprechend für die zweite Prüfung für das Lehramt an Volksschulen und für die Prüfung für das Lehramt an Mittelschulen, soweit die Lehrbefähigung für den Religionsunterricht nicht bereits bei der ersten Prüfung für das Lehramt an Volksschulen erworben ist, sowie für die Prüfung für das Lehramt an berufsbildenden Schulen und für die Prüfung für das wissenschaftliche Lehramt an höheren Schulen.
( 5 ) Bei Prüfungen an kirchlichen Ausbildungsstätten im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 wirkt ein Vertreter des Landes als stimmberechtigtes Mitglied des Prüfungsausschusses mit. Die Lehrbefähigung für den Religionsunterricht wird gemäß Absatz 3 Satz 2 erteilt.
#

Artikel 6

( 1 ) Die Vertragschließenden sind sich im Hinblick auf die Zugehörigkeit des größten Teils der Schüler und Lehrer des Landes zum christlichen Glauben darin einig, dass die in Artikel 6 Abs. 3 der Landessatzung für Schleswig-Holstein genannten Gemeinschaftsschulen christlichen Grundcharakter haben.
( 2 ) In ihnen werden die Schüler ohne Unterschied des Bekenntnisses und der Weltanschauung zusammengefasst. In Erziehung und Unterricht ist auf die Empfindungen Andersdenkender Rücksicht zu nehmen. Bei der Besetzung der Lehrerstellen soll, unbeschadet der Artikel 3 Abs. 3, 7 Abs. 3 Satz 3 und 33 Abs. 2 und 3 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, nach Möglichkeit die bekenntnismäßige Zusammensetzung der Schülerschaft berücksichtigt werden.
( 3 ) Der evangelische Religionsunterricht ist ordentliches Lehrfach an den öffentlichen Schulen. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Regionsunterricht zu erteilen. Lehrer, die keiner evangelischen Kirche angehören, dürfen für die Erteilung von evangelischem Religionsunterricht nicht herangezogen werden; Ausnahmen sind im Einvernehmen mit der zuständigen Kirche zulässig.
( 4 ) Der Religionsunterricht wird in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der evangelisch-lutherischen Kirche erteilt. Die Lehrplanrichtlinien für den evangelischen Religionsunterricht, die auch die Wochenstundenzahlen festsetzen sollen, werden im Einvernehmen mit den Kirchen aufgestellt und die Lehrbücher im Einvernehmen mit ihnen zugelassen.
( 5 ) Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechts behält die Kirche das Recht der Einsichtnahme in den evangelischen Religionsunterricht der öffentlichen Schulen. Sie übt dieses Recht durch den zuständigen Schulaufsichtsbeamten aus, sofern dieser der evangelisch-lutherischen Kirche angehört und die Befähigung zur Erteilung von Religionsunterricht besitzt. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor oder verzichtet der Betreffende auf die Beauftragung, so bestellt das Land im Einvernehmen mit der Kirche andere Schulaufsichtsbeamte oder geeignete Lehrkräfte der entsprechenden Schulart.
( 6 ) Geistliche und sonstige kirchliche Lehrkräfte bedürfen für die Erteilung des Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen des staatlichen Lehrauftrages. Sie unterstehen in Ausübung dieses Lehrauftrages der staatlichen Schulaufsicht.
#

Artikel 7

Die Kirchen haben das Recht, Privatschulen einzurichten. Das Land wird diese Schulen, sofern sie die dazu allgemein erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, genehmigen und ihnen die Anerkennung gewähren. Das Land wird diesen Schulen die gleiche Rechtsstellung gewähren wie allen anderen Privatschulen.
#

Artikel 8

( 1 ) In Krankenhäusern, Strafanstalten und sonstigen Anstalten des Landes werden die Kirchen zu seelsorgerlichen Besuchen und kirchlichen Handlungen zugelassen. Bei der Genehmigung von Anstalten anderer Unternehmen wird das Land tunlichst dahinwirken, dass die Anstaltspfleglinge entsprechend seelsorgerlich betreut werden können.
( 2 ) Wird in den vom Land betriebenen Anstalten eine regelmäßige Seelsorge eingerichtet und werden hierfür Geistliche haupt- oder nebenamtlich angestellt, so wird der Geistliche vom Land im Einvernehmen mit der zuständigen Kirche bestellt. Die Kirche wird in einem solchen Falle dem Geistlichen, unbeschadet seines Dienstverhältnisses mit dem Land, die pfarramtlichen Aufgaben übertragen.
( 3 ) Die vom Land bestellten Geistlichen unterstehen, unbeschadet der Disziplinargewalt des Landes, der geistlichen und disziplinaren Aufsicht der zuständigen Kirche, soweit es sich um die Ausübung der durch die Ordination erworbenen Rechte handelt. Das Land wird einen Geistlichen, sobald er die durch die Ordination erworbenen Rechte verloren hat, zu pfarramtlichem Dienst in staatlichen Einrichtungen nicht mehr zulassen.
#

Artikel 9

( 1 ) In das leitende geistliche Amt einer Kirche, dessen Besetzung nicht auf einer Wahl oder Berufung durch eine Synode beruht, wird niemand berufen werden, von dem nicht die Kirche durch eine Anfrage bei dem Land festgestellt hat, dass Bedenken politischer Art gegen ihn nicht bestehen. Wird das Amt aufgrund einer Wahl oder einer Berufung durch eine Synode besetzt, so zeigt die Kirche dem Land die Vakanz an und teilt ihm später die Person des neuen Amtsträgers mit.
( 2 ) Als politische Bedenken im Sinne des Absatzes 1 gelten nur staatspolitische, nicht dagegen kirchliche oder parteipolitische. Bei etwaigen Meinungsverschiedenheiten hierüber (Artikel 28) wird das Land auf Wunsch die Tatsachen angeben, aus denen es die Bedenken herleitet. Die Feststellung bestrittener Tatsachen wird im Falle des Absatzes 1 Satz 1 auf Antrag einem von der Kirche und dem Land gemeinsam zu bestellenden Ausschuss übertragen, der zu Beweiserhebungen und Amtshilfeersuchen nach den für Verwaltungsgerichte geltenden Vorschriften befugt ist.
#

Artikel 10

( 1 ) Die Kirchen werden einen Geistlichen als Vorsitzenden oder Mitglied einer Behörde der Kirchenleitung oder einer höheren kirchlichen Verwaltungsbehörde, wie auch als Leiter oder Lehrer an einer der praktischen Vorbildung von Geistlichen gewidmeten Anstalt nur anstellen, wenn er
  1. Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland ist und
  2. ein mindestens dreijähriges theologisches Studium an einer deutschen staatlichen Hochschule zurückgelegt hat.
( 2 ) Wird in einem solchen Amt ein Nichtgeistlicher angestellt, so gilt die Vorschrift des Absatzes 1 zu a.
( 3 ) Im Einvernehmen mit dem Land kann von den in Absatz 1 und 2 genannten Erfordernissen abgesehen werden; insbesondere kann das Studium an anderen deutschsprachigen Hochschulen als den in Absatz 1 zu b genannten anerkannt werden.
( 4 ) Die Personalien der in Absatz 1 und 2 genannten Amtsträger werden dem Land mitgeteilt.
#

Artikel 11

Für die Anstellung von Geistlichen gelten die in Artikel 10 Abs. 1 zu a und b genannten Erfordernisse. Artikel 10 Abs. 3 findet Anwendung.
#

Artikel 12

( 1 ) Kirchengesetze, kirchliche Notverordnungen und Satzungen, welche die vermögensrechtliche Vertretung der Kirchen, Propsteien, Kirchengemeinden und der aus ihnen gebildeten Verbände betreffen, werden dem Land vorgelegt. Das Land kann Einspruch erheben, wenn die Vorschriften eine geordnete vermögensrechtliche Vertretung nicht gewährleisten.
( 2 ) Der Einspruch ist innerhalb eines Monats vom Tage der Vorlegung an zulässig. Über den Einspruch entscheidet auf Klage der Kirche ein von den Vertragschließenden zu benennendes Schiedsgericht. Die Klage ist bis zum Ablauf eines Monats nach Einlegung des Einspruchs zulässig.
( 3 ) Solange nicht die Einspruchsfrist abgelaufen, auf das Einspruchsrecht verzichtet, der Einspruch zurückgenommen oder durch das Schiedsgericht für unbegründet erklärt worden ist, werden die im Absatz 1 genannten Vorschriften nicht in Kraft gesetzt werden.
#

Artikel 13

( 1 ) Die Kirchen werden Beschlüsse über die Bildung und Veränderungen von Propsteien, Kirchengemeinden und aus ihnen gebildeten Verbänden einen Monat vor Ausfertigung der Organisationsurkunde dem Land mitteilen.
( 2 ) Das Land wirkt bei der Bildung und Veränderung kirchlicher Anstalten und Stiftungen mit eigener Rechtspersönlichkeit nach Richtlinien mit, die mit den Kirchen vereinbart werden.
#

Artikel 14

( 1 ) Kirchensteuergesetze und -verordnungen werden dem Land vorgelegt. Das Land kann Einspruch erheben, wenn
  1. durch sie die Einheitlichkeit der Kirchensteuerordnungen der Kirchen beeinträchtigt wird,
  2. sie nicht mit den staatlichen Steuerbestimmungen in Einklang stehen.
Im Übrigen gelten die Absätze 2 und 3 des Artikels 12 entsprechend.
( 2 ) Bei der Festsetzung der Kirchensteuerhebesätze werden sich die Kirchen maßgeblich davon leiten lassen,
  1. dass das Aufkommen an Kirchensteuern den notwendigen Bedarf der Kirche nicht übersteigt,
  2. dass durch die Höhe der Kirchensteuern die Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen allgemein nicht überfordert wird,
  3. dass die Höhe der Kirchensteuern das Einkommensteueraufkommen nicht in einem mit den Interessen des Staates unvereinbaren Maße vermindert.
Die Kirchen verständigen sich über eine einheitliche Höhe der von den Finanzämtern verwalteten Kirchensteuern.
( 3 ) Die Kirchensteuerhebesätze bedürfen der Genehmigung des Landes. Die Genehmigung darf nicht versagt werden, wenn
  1. der Kirchensteuerhebesatz den der Mehrheit der Landeskirchen im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nicht übersteigt oder
  2. die Kirchen nachweisen, dass die Höhe der Kirchensteuerhebesätze durch den notwendigen Bedarf bedingt ist.
( 4 ) Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn sie nicht bis zum Ablauf eines Monats nach der Vorlegung des Beschlusses ausdrücklich versagt wird. Gegen die Versagung der Genehmigung ist die Klage bei einem von den Vertragschließenden zu benennenden Schiedsgericht gegeben. Artikel 12 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 gelten entsprechend.
( 5 ) Wer zur Kirchensteuer herangezogen ist, kann gegen die letztinstanzliche kirchliche Entscheidung das zuständige Gericht anrufen.
( 6 ) Die Kirchensteuern werden auf Antrag im Verwaltungszwangsverfahren eingezogen. Das Land bestimmt die Vollstreckungsbehörde.
( 7 ) Den Kirchen, Propsteien, ihren Kirchengemeinden und aus ihnen gebildeten Verbänden werden von den zuständigen Staats- und Gemeindebehörden die Unterlagen mitgeteilt, deren sie zur Durchführung der Besteuerung und für die Feststellung ihrer Anteile bedürfen.
#

Artikel 15

( 1 ) Die nach der Einkommen- (Lohn-)steuer bemessene Kirchensteuer und die Mindestkirchensteuer werden durch die Finanzbehörden gegen Erstattung der entstehenden Kosten verwaltet; von Arbeitnehmern werden diese Kirchensteuern im Wege des Steuerabzuges vom Arbeitslohn erhoben.
( 2 ) Die Festsetzung und die Hebung der örtlich erhobenen Kirchensteuern können durch Vereinbarung zwischen Kirchengemeinde und politischer Gemeinde der letzteren gegen Ersatz der entstehenden Kosten übertragen werden.
#

Artikel 16

( 1 ) Die Kirchen und Kirchengemeinden sind berechtigt, von ihren Angehörigen freiwillige Gaben für kirchliche Zwecke zu sammeln.
( 2 ) Jede Kirche kann alljährlich in ihrem Gebiet eine Haussammlung zum Besten ihrer bedürftigen Gemeinden ohne besondere staatliche Ermächtigung veranstalten. Die Zeit der Sammlung wird im Benehmen mit dem Land festgesetzt.
#

Artikel 17

Auf Landesrecht beruhende Gebührenbefreiungen des Landes und der Gemeinden gelten auch für die Kirchen, Propsteien, Kirchengemeinden und die aus ihnen gebildeten Verbände sowie für Anstalten und Stiftungen.
#

Artikel 18

( 1 ) Das Land zahlt an die Kirchen vom 1. April 1957 ab als Dotation für kirchenregimentliche Zwecke, als Zuschüsse für Zwecke der Pfarrbesoldung und -versorgung sowie zum Ausgleich der in Artikel 19 und 20 genannten Verpflichtungen jährlich DM 2,9 Millionen (Staatsleistung an die evangelischen Landeskirchen). Der Betrag ist in seiner Höhe den Veränderungen der Besoldung der Landesbeamten anzupassen. Ein Verwendungsnachweis gemäß § 64a der Reichshaushaltsordnung wird nicht gefordert. Durch Vereinbarung der Kirchen untereinander wird der Anspruch auf die Staatsleistung auf die Kirchen aufgeteilt.
( 2 ) Für eine Ablösung gemäß Artikel 140 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland in Verbindung mit Artikel 138 Abs. 1 der Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919 bleibt die bisherige Rechtslage maßgebend. Das Land wird eine Ablösung nicht ohne Zustimmung der Kirchen durchführen.
#

Artikel 19

( 1 ) Das Land überträgt das Eigentum am Schleswiger Dom mit den Nebengebäuden Süderdomstraße 11, 11a und 13 auf die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Schleswig-Holsteins. Hierbei wird Grunderwerbssteuer nicht erhoben; das Gleiche gilt für eine etwaige Weiterübertragung auf die Domgemeinde, wenn das Eigentum innerhalb von fünf Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Vertrages übergeht.
( 2 ) Das Land überträgt seine Rechte an den zum Predigerseminar Preetz gehörenden Gebäuden auf die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Schleswig-Holsteins.
( 3 ) Das kirchliche Nutzungsrecht an Kapelle und Sakristei des Klosters Cismar bleibt in dem bisherigen Umfang erhalten.
( 4 ) Die bisherige Baulast des Landes für den Schleswiger Dom und das Predigerseminar Preetz wird durch Artikel 18 abgelöst.
#

Artikel 20

( 1 ) Die Kirchen stellen das Land von allen Verpflichtungen zu Geld- und Sachleistungen an die Kirchengemeinden, die Pfarr- und Küsterstellen, insbesondere von denen zur baulichen Unterhaltung von Gebäuden frei.
( 2 ) Die bisherigen Verpflichtungen des Landes werden durch Artikel 18 abgelöst.
#

Artikel 21

Anleihen der Kirchen, Propsteien, Kirchengemeinden und der aus ihnen gebildeten Verbände im Sinne des Artikels 74 des Preußischen Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch bedürfen der staatlichen Genehmigung.
#

Artikel 22

( 1 ) Die im Eigentum der Kirchengemeinden stehenden Friedhöfe genießen in demselben Umfang wie die Kommunalfriedhöfe den staatlichen Schutz.
( 2 ) Die Kirchengemeinden sind berechtigt, neue Friedhöfe anzulegen.
( 3 ) Die Friedhofsgebühren werden auf Antrag im Verwaltungszwangsverfahren eingezogen. Das Land bestimmt die Vollstreckungsbehörde.
#

Artikel 23

( 1 ) Das Land gewährleistet den Kirchen, Propsteien, Kirchengemeinden und den aus ihnen gebildeten Verbänden sowie Anstalten und Stiftungen das Eigentum und andere Rechte an ihren Vermögen im Umfange des Artikels 140 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland in Verbindung mit Artikel 138 Abs. 2 der Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919.
( 2 ) Die Landesbehörden werden bei Anwendung enteignungsrechtlicher Vorschriften auf kirchliches Eigentum im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen die kirchlichen Belange berücksichtigen. Beabsichtigen die Kirchen in Fällen der Enteignung oder der Veräußerung kirchlicher Grundstücke zur Vermeidung der Enteignung Ersatzgrundstücke zu erwerben, werden die Landesbehörden ihnen Genehmigungen, die nach besonderen Vorschriften des Grundstücksverkehrs erforderlich sind, im Rahmen der geltenden gesetzlichen Bestimmungen in gleicher Weise wie anderen Personen erteilen.
#

Artikel 24

( 1 ) Im Verfahren vor den Kirchengerichten und in förmlichen Disziplinarverfahren gegen Geistliche und Kirchenbeamte sind
  1. die Kirchengerichte berechtigt, Zeugen und Sachverständige zu vereidigen,
  2. die Amtsgerichte des Landes verpflichtet, Rechtshilfeersuchen stattzugeben.
( 2 ) Dies gilt nicht für Verfahren wegen Verletzung der Lehrverpflichtung.
#

Artikel 25

Die Kirchen werden der Erhaltung und Pflege denkmalswichtiger Gebäude nebst den dazugehörenden Grundstücken und sonstigen Gegenständen ihre besondere Aufmerksamkeit widmen. Sie werden Veräußerungen oder Umgestaltungen nur im Benehmen mit den Stellen der staatlichen Denkmalpflege vornehmen. Sie werden dafür sorgen, dass die Kirchengemeinden und die der kirchlichen Aufsicht unterstehenden Verbände entsprechend verfahren. Im Übrigen finden auch auf den kirchlichen Bereich die Vorschriften eines etwa zu erlassenden Denkmalschutzgesetzes Anwendung, soweit die Kirchen nicht im Benehmen mit dem Land eigene Vorschriften erlassen.
#

Artikel 26

Die landesrechtlichen Vorschriften über nicht mit Lasten verbundene Patronate werden, soweit sie staatliche Normen sind, aufgehoben. Dasselbe gilt für die mit Lasten verbundenen Patronate, sobald die Beteiligten sich über die Ablösung der Lasten geeinigt haben, die Ablösung aufgrund landesgesetzlicher Regelung stattfindet oder der Patron von den Lasten freigestellt wird.
#

Artikel 27

Die nach Artikel 17 Abs. 1 des Preußischen Staatsgesetzes betreffend die Kirchenverfassungen der evangelischen Landeskirchen vom 8. April 1924 (Gesetzsammlung Seite 221) der Staatsbehörde obliegenden Aufgaben gehen auf die obersten Verwaltungsbehörden der Kirche über.
#

Artikel 28

Die Kirchenleitungen und die Landesregierung werden eine etwa in Zukunft zwischen ihnen entstehende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung dieses Vertrages auf freundschaftliche Weise beseitigen.
#

Artikel 29

( 1 ) Dieser Vertrag soll ratifiziert und die Ratifikationsurkunden sollen in Kiel ausgetauscht werden. Er tritt mit dem Tage ihres Austausches in Kraft.3#
( 2 ) Gleichzeitig mit dem Inkrafttreten dieses Vertrages treten die seinen Bestimmungen entgegenstehenden Vorschriften außer Kraft, insbesondere das Preußische Staatsgesetz betreffend die Kirchenverfassungen der evangelischen Landeskirchen vom 8. April 1924 (Gesetzsammlung Seite 221). Es verbleibt jedoch bis zu anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung bei der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte und nach Maßgabe des Artikels 27 dieses Vertrages bei der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden für die Entscheidung über öffentlich-rechtliche Verpflichtungen zur Aufbringung der Baukosten für Neu- und Reparaturbauten bei Kirchen-, Pfarr- und Küstergebäuden, wenn die Küsterei mit der Schule nicht verbunden ist, sowie über die Verteilung derselben auf Kirchengemeinden, kirchliche Verbände und Drittverpflichtete gemäß Artikel 17 Abs. 2 bis 4 und 7 des im Satz 1 genannten Gesetzes.
Kiel, den 23. April 1957
Für das Land Schleswig-Holstein
gez. Kai-Uwe v. Hassel
Ministerpräsident
Für die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Schleswig-Holsteins
gez. D. Wilh. Halfmann
Bischof
gez. Dr. Oskar Epha
Präsident des Landeskirchenamtes
Für die Evangelisch-lutherische Kirche in Lübeck
gez. H. Meyer
Bischof
gez. Werner Göbel
Oberkirchenrat
Für die evangelisch-lutherische Landeskirche Eutin
gez. Kieckbusch
Landespropst
gez. de Beer
Mitglied des Landeskirchenrats

#
1 ↑ Red. Anm.: Der Vertrag galt gemäß § 66 Absatz 2 des Einführungsgesetzes zur Verfassung der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche vom 12. Juni 1976 (KGVOBl. S. 179) in der jeweils geltenden Fassung für die ehemalige Nordelbische Evangelisch-Lutherische Kirche fort.Mit Inkrafttreten der Verfassung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland ist diese Landeskirche gemäß Teil 1 § 1 Absatz 2 des Einführungsgesetzes vom 7. Januar 2012 (KABl. S. 30, 127, 234) in der jeweils geltenden Fassung Gesamtrechtsnachfolgerin der ehemaligen Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche geworden, der Vertrag gilt gemäß Teil 1 § 3 Absatz 1 des Einführungsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung als Recht der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland fort.
#
2 ↑ Red. Anm.: Der Vertrag wurde durch die Zusatzvereinbarung zum Vertrag zwischen dem Land Schleswig-Holstein und den evangelischen Landeskirchen in Schleswig-Holstein vom 23. April 1957 (KGVOBl. S. 35) ergänzt, vgl. Ordnungsnummer 2.205-502. Die in der Zusatzvereinbarung vereinbarten Textänderungen werden im vorliegenden Text nicht abgebildet.
#
3 ↑ Red. Anm.: Der Vertrag ist am 29. Juni 1957 in Kraft getreten, vgl. KGVOBl. 1957 S. 67.