.

Zusatzvereinbarung
zum Vertrag zwischen
dem Land Schleswig-Holstein und den
evangelischen Landeskirchen in Schleswig-Holstein1#

Vom 23. April 1957

(KGVOBl. S. 35)

Zur Durchführung des Vertrages zwischen dem Land Schleswig-Holstein und den evangelischen Landeskirchen in Schleswig-Holstein (im Vertrage und in dieser Zusatzvereinbarung „Land“ und „Kirchen“ genannt) vom heutigen Tage wird vereinbart:
####

§ 1
(zu Artikel 2 Absatz 1)

Die Kirchen haben danach, unbeschadet der Regelung des § 13 Absatz 5 Satz 3, das Recht, von ihren Angehörigen Kirchensteuern zu erheben. Unberührt bleiben die aufgrund älterer Kirchensteuerordnungen bestehenden Rechte, von juristischen Personen des Privatrechts Kirchensteuern zu erheben.
#

§ 2
(zu Artikel 2 Absatz 2 Satz 2)

Der kirchliche Dienst bleibt als öffentlicher Dienst im bisherigen Umfang anerkannt.
#

§ 3
(zu Artikel 4 Absatz 2)

( 1 ) Die der Anstellung vorangehende Berufung, d. h. das Angebot eines Lehrstuhls durch das Land, wird in vertraulicher Form mit dem Vorbehalt der in Artikel 4 Absatz 2 vorgesehenen Anhörung der Kirchen geschehen. Gleichzeitig werden die Kirchen benachrichtigt und um ihr Gutachten ersucht werden, für welches ihnen eine ausreichende Frist gewährt wird.
( 2 ) Bedenken gegen Bekenntnis und Lehre des Anzustellenden werden von den Kirchen nicht erhoben werden, ohne dass sie sich untereinander und mit anderen Kirchen ihres Bekenntnisses beraten und festgestellt haben, ob ihre Bedenken überwiegend geteilt werden. Das Ergebnis wird in einem Gutachten angegeben werden. Die Kirchen werden, bevor sie in ihrem Gutachten solche Bedenken erheben, in eine vertrauliche mündliche Fühlungnahme mit der Fakultät eintreten, auf Wunsch der Kirchen oder der Fakultät unter Beteiligung eines der evangelischen Kirche angehörenden Vertreters des Landes.
#

§ 4
(zu Artikel 4 Absatz 3)

( 1 ) Der Universitätsprediger wird aus dem Kreise der ordinierten Mitglieder der Fakultät ernannt. Er wird durch den zuständigen Bischof eingeführt.
( 2 ) Der Universitätsprediger erhält eine kirchliche Bestallung. Die Bestallungsurkunde wird bei der Einführung ausgehändigt.
( 3 ) Wird aus besonderen Gründen von der Ernennung eines Universitätspredigers abgesehen, so wird Sorge getragen werden, dass aufgrund besonderer Vereinbarung der evangelische akademische Gottesdienst von Mitgliedern der Theologischen Fakultät abgehalten wird.
#

§ 5
(zu Artikel 5 Absatz 1)

( 1 ) Kirchliche Ausbildungsstätten im Sinne des Artikels 5 Absatz 1 Satz 2 sollen die gleichen Zulassungsbedingungen wie die entsprechenden staatlichen Ausbildungsstätten vorschreiben und eine der entsprechenden staatlichen Ausbildung gleichwertige pädagogische und fachmethodische Ausbildung gewährleisten.
( 2 ) Die Höhe der in einer besonderen Vereinbarung festzulegenden Zuschüsse des Landes soll den Kosten des Landes für die Studenten der Pädagogischen Hochschulen unter Berücksichtigung einer angemessenen Eigenleistung der Kirchen entsprechen.
#

§ 6
(zu Artikel 5 Absatz 2)

§ 3 dieser Vereinbarung ist entsprechend anzuwenden.
#

§ 7
(zu Artikel 9 Absatz 2 Satz 3)

Der Vorsitzende des Ausschusses muss die Befähigung zum Richteramt besitzen.
#

§ 8
(zu Artikel 9 Absatz 1 Satz 2 und Artikel 10 Absatz 4)

Ein staatliches Einspruchsrecht wird hierdurch nicht begründet.
#

§ 9
(zu Artikel 11 Satz 1)

Für Pfarrverweser gilt nur das in Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe a genannte Erfordernis.
#

§ 10
(zu Artikel 12 Absatz 2 und Artikel 14 Absatz 4)

( 1 ) Die Klage ist der Landesregierung zuzustellen.
( 2 ) Das Schiedsgericht besteht, unbeschadet des Absatzes 3, aus je einem von dem Land und der beteiligten Kirche zu ernennenden Schiedsrichter sowie einem von den beiden ernannten Schiedsrichtern zu wählenden Vorsitzenden. Sind an dem Verfahren mehrere Kirchen beteiligt, so ernennen sie gemeinsam einen Schiedsrichter. Der Vorsitzende muss die Befähigung zum Richteramt haben. Die von den Parteien zu bestellenden Schiedsrichter sind binnen eines Monats nach Klagezustellung zu ernennen. Kommt die Wahl des Vorsitzenden nicht binnen eines weiteren Monats zustande, so wird er von dem Präsidenten des für Schleswig-Holstein zuständigen Oberverwaltungsgerichts ernannt.
( 3 ) Das Land und die Kirchen behalten sich vor, sich binnen 14 Tagen nach Klagezustellung dahin zu einigen, dass das Schiedsgericht aus drei namentlich zu benennenden Mitgliedern des für Schleswig-Holstein zuständigen Oberverwaltungsgerichts gebildet wird, die aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden wählen.
( 4 ) Für das Verfahren des Schiedsgerichts sind die Vorschriften der für Schleswig-Holstein geltenden Verwaltungsgerichtsverfahrensordnung entsprechend anzuwenden.
#

§ 11
(zu Artikel 13 Absatz 1)

Das Land kann innerhalb der Frist Bedenken erheben; ein Einspruchsrecht wird hierdurch nicht begründet.
#

§ 12
(zu Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe b)

Es besteht Übereinstimmung darüber, dass durch diese Bestimmung vermieden werden soll, dass die Finanzämter und andere öffentliche Kassen bei der Einziehung von Kirchensteuern durch von den staatlichen Bestimmungen abweichende kirchliche Regelungen zusätzlich belastet werden.
#

§ 13
(zu Artikel 14 Absatz 3)

( 1 ) Artikel 14 Absatz 3 Buchstabe a bezieht sich nur auf die Festsetzung des Hebesatzes der nach der Einkommen-(Lohn-)steuer bemessenen Kirchensteuer.
( 2 ) Bei der Berechnung der Mehrheit im Sinne des Artikels 14 Absatz 3 Buchstabe a sind folgende Landeskirchen zu berücksichtigen:
Baden, Bayern, Braunschweig, Hannover, Hessen-Nassau, Kurhessen-Waldeck, Lippe, Oldenburg, Pfalz, Rheinland, Schaumburg-Lippe, Westfalen und Württemberg.
Eine neue Vereinbarung nach der staatlichen Wiedervereinigung bleibt vorbehalten.
( 3 ) Ein Kirchensteuer-(Umlage-)beschluss, durch den die Steuer als gleichmäßiger Zuschlag zu den Messbeträgen der Grundsteuer bemessen wird, gilt als genehmigt, wenn der Zuschlag 15 Prozent der Messbeträge nicht übersteigt. Ändern sich die Messzahlen der Grundsteuer, so ist der allgemein genehmigte Kirchensteuersatz durch Vereinbarung zwischen den Kirchen und dem Land den veränderten Verhältnissen anzupassen; das Gleiche gilt, wenn sich, z. B. durch eine neue Bewertung des Grundbesitzes, die Besteuerungsgrundlage dieser Steuer wesentlich ändert.
( 4 ) Das Recht der Kirchen, ein Kirchgeld auf örtlicher Basis zu erheben, bleibt unberührt. Ein Kirchensteuer-(Umlage-)beschluss, durch den die Erhebung eines Kirchengeldes bestimmt wird, gilt als genehmigt, wenn das Kirchgeld sich in einem Rahmen hält, der zwischen dem Land und den einzelnen Kirchen vereinbart wird.
( 5 ) Die Absätze 3 und 4 gelten sinngemäß auch für Kirchensteuern älteren Rechts, z. B. Pflugumlagen. Die Kirchen werden dem Land bis zum 31. Dezember 1958 eine Aufstellung über Inhalt und Umfang der am 1. Januar 1957 in Kraft befindlichen Kirchensteuern älteren Rechts vorlegen. Die hierin enthaltenen Kirchensteuern gelten als genehmigt.
( 6 ) Die staatliche Genehmigung nach Artikel 14 enthält gleichzeitig die Vollstreckbarkeitserklärung.
#

§ 14
(zu Artikel 14 Absatz 7)

( 1 ) Für die Mitteilung der Besteuerungsunterlagen sind wie bisher folgende Verfahren vorgesehen:
  1. Die Kirchengemeinden erhalten Einsicht in die V-Listen, in die Buchungsstreifen der Finanzkassen und in die Lohnsteuerkarten.
  2. Die Finanzverwaltung gestattet, dass die zuständigen Beamten die Einzahlung an Kirchensteuern in freiwilliger Mehrarbeit gegen Bezahlung durch die Auftrag gebenden Kirchengemeinden feststellen und mitteilen.
  3. Die Finanzämter erteilen in Einzelfällen Auskünfte über die Besteuerungsgrundlagen von Kirchensteuerpflichtigen.
( 2 ) Die Gemeindebehörden verfahren für ihre Steuern entsprechend.
( 3 ) Weiter gewähren die Staats- und Gemeindebehörden den Kirchen Einsicht in die Angaben über Konfessionszugehörigkeit und in die Personenstandserhebungen.
( 4 ) Es besteht Übereinstimmung darüber, dass weitere Möglichkeiten des Beistandes vereinbart werden können, wenn infolge einer Änderung des Erhebungsverfahrens oder aus sonstigen Gründen die bisherigen Möglichkeiten für eine ordnungsmäßige Durchführung der Besteuerung nicht ausreichen.
#

§ 15
(zu Artikel 15 Absatz 1)

( 1 ) Diese Bestimmung verpflichtet die Finanzverwaltung des Landes und die Arbeitgeber nur zu ihrer Tätigkeit in dem bisherigen Umfang.
( 2 ) Zur Mindestkirchensteuer gehört das in den Bereichen der Kirchen zentral erhobene Kirchgeld. Eine Änderung der Bezeichnung wird angestrebt.
( 3 ) Die entstehenden Kosten werden nach Vereinbarung mit einem einheitlichen Prozentsatz des durch die Finanzbehörden erhobenen Kirchensteueraufkommens abgegolten (Verwaltungskostenbeitrag). Dieser beträgt zurzeit vier Prozent. Die Kirchen sind damit einverstanden, dass das gesamte Aufkommen der von den Finanzämtern verwalteten Kirchensteuern in den Gebieten der einzelnen Kirchen einheitlichen Konten zugeführt wird.
( 4 ) Es bleibt den Kirchen unbenommen, die Einziehung der Kirchensteuern wieder ganz durch ihre eigenen Einrichtungen vorzunehmen. Sollten sie danach erneut die Einziehung durch die Finanzämter wünschen, so kann diese nur im Einvernehmen mit dem Land eingeführt werden.
#

§ 16
(zu Artikel 18 Absatz 1)

( 1 ) Die Staatsleistung wird mit einem Zwölftel des Jahresbetrages jeweils monatlich im Voraus an die Geschäftsstelle der Kirchen gezahlt.
( 2 ) Die Anpassung an Veränderungen der Besoldung der Landesbeamten ist wie folgt vorzunehmen:
  1. Berechnungsgrundlage ist die Besoldung der Landesbeamten der Besoldungsgruppe A 2 c 2 (Eingangsgruppe des höheren Dienstes) im März 1957.
  2. Ausgegangen wird von dem Mittel zwischen Anfangs- und Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 2 c 2 einschließlich der 40-prozentigen Zulage nach § 1 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Besoldungs- und Versorgungsrechts der Landesbeamten vom 23. Januar 1952 (GVOBl. Schl.-H. S. 19) und § 7 des Dritten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Besoldungs- und Versorgungsrechts der Landesbeamten vom 28. Oktober 1953 (GVOBl. Schl.-H. S. 135) und der nichtruhegehaltfähigen Zulage zum Grundgehalt in Höhe von 15 Prozent nach dem Runderlass vom 8. März 1956 – Bes. 201 – 19 II/42 – (nicht veröffentlicht), dem Wohnungsgeldzuschuss der Tarifklasse III, Ortsklasse B, für einen Beamten mit zwei zuschlagpflichtigen Kindern und einem Kinderzuschlag in Höhe von 120 Prozent des Jahresbetrages für ein Kind von 13 Jahren. Das ist im März 1957 ein Zwölftel von 12.174 DM = 1.014,50 DM.
  3. Die Staatsleistung wird in dem gleichen Verhältnis erhöht oder vermindert, in dem sich die Besoldung gegenüber der gemäß Ziffer 1 und 2 festgestellten Besoldung erhöht oder vermindert.
( 3 ) Für Kataster- und Naturalleistungen wird ein Betrag von 48.000 DM angesetzt, für die Baulast des Domes Schleswig ein Betrag von 40.000 DM.
( 4 ) Die Versorgungsbezüge für die ehemaligen Kirchenbeamten bzw. deren Hinterbliebene werden wie bisher von den Staatsleistungen vor deren Auszahlung abgezogen.
#

§ 17
(zu Artikel 19 Absatz 1)

Die Bauaufsicht über den nach diesem Vertrag auf die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Schleswig-Holsteins übergegangenen Dom zu Schleswig wird weiterhin unentgeltlich durch das Landesbauamt in Schleswig durchgeführt.
#

§ 18
(zu Artikel 20 Absatz 1)

( 1 ) Das Land darf ohne Zustimmung der Kirche Verpflichtungen, von denen es freizustellen ist, weder gerichtlich noch außergerichtlich in irgendeiner Weise anerkennen. Wird das Land wegen der genannten Verpflichtungen in einen Rechtsstreit verwickelt, so wird es der Kirche alsbald den Streit verkünden und ihr Einsicht in seine Unterlagen über den Prozessstoff gewähren. Die Prozesskosten sind dem Land zu erstatten.
( 2 ) Die Kirchen werden sich um den Abschluss von Verträgen mit den Berechtigten bemühen, durch die das Land aus seinen Verpflichtungen gegenüber den Berechtigten entlassen wird.
( 3 ) Unberührt bleiben die vertraglichen Ansprüche der Kirche Lübeck aus Anlass des Wiederaufbaues des Domes und der Marienkirche.
#

§ 19
(zu Artikel 24 Absatz 1)

Der den Eid Abnehmende muss die Befähigung zum Richteramt haben.
#

§ 20
(zu Artikel 29 Absatz 2)

Das Land und die Kirchen werden die nach dieser Vorschrift außer Kraft tretenden gesetzlichen Bestimmungen im beiderseitigen Einvernehmen bekannt geben.
Kiel, den 23. April 1957
Für das Land Schleswig-Holstein
gez. Kai-Uwe v. Hassel
Ministerpräsident
Für die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Schleswig-Holsteins
gez. D. Wilh. Halfmann
Bischof
gez. Dr. Oskar Epha
Präsident des Landeskirchenamts
Für die Evangelisch-lutherische Kirche in Lübeck
gez. H. Meyer
Bischof
gez. Werner Göbel
Oberkirchenrat
Für die evangelisch-lutherische Landeskirche Eutin
gez. Kickbusch
Landespropst
gez. de Beer
Mitglied des Landeskirchenrats

#
1 ↑ Red. Anm.: Die Vereinbarung galt gemäß § 66 Absatz 2 Satz 1 des Einführungsgesetzes zur Verfassung der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche vom 12. Juni 1976 (KGVOBl. S. 179) in der jeweils geltenden Fassung für die ehemalige Nordelbische Evangelisch-Lutherische Kirche fort.Mit Inkrafttreten der Verfassung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland ist diese Landeskirche gemäß Teil 1 § 1 Absatz 2 des Einführungsgesetzes vom 7. Januar 2012 (KABl. S. 30, 127, 234) in der jeweils geltenden Fassung Gesamtrechtsnachfolgerin der ehemaligen Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche geworden, die Vereinbarung gilt gemäß Teil 1 § 3 Absatz 1 des Einführungsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung als Recht der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland fort.